Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 115. Sitzung / Seite 49

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möchte, dass er Ihnen zur Verfügung steht. Ich bitte auch, dass Sie ihn dabei unter­stützen.

Mein Schlusssatz: Was können wir tun, um Europa in dieser Zeit, in dieser Troika- und Präsidentschaftszeit, auch in Österreich besser darzustellen und besser verständlich zu machen?

Ich beginne bei mir selber im Europäischen Rat und meine Kollegen betreffend. Wir sollten aufhören, mit zum Teil halblustigen Bemerkungen einander schlecht zu reden! Ich sage das ganz offen: Wir müssen eine gewisse Würde und Respekt voreinander bewahren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich halte es nicht für richtig, wenn man etwa einem anderen Land Essqualitäten ab­spricht oder Scherze über die Größe und über die Qualität des Parlaments macht. Ich denke mir, dass wir einfach lernen müssen, dieses Projekt als ein gemeinsames zu begreifen, wo wir entweder gemeinsam etwas erreichen und gut dastehen oder uns gegenseitig schlecht machen und damit auch das Ganze hinunterreden.

Der zweite Gedanke: Wir sollten den Menschen in Österreich und in Europa nahe brin­gen, was es bedeuten würde, gäbe es dieses Projekt und diese Europäische Union nicht.

Und ich schließe hier mit einem Satz, den Klaus Harpprecht – immerhin der Reden­schreiber von Willy Brandt – unlängst einmal in den „Salzburger Nachrichten“ gesagt hat: „Ich könnte einen sehr demagogischen Vorschlag machen“, meint Klaus Harp­precht.

„Man soll nur für eine Woche die alten Zustände wiederherstellen und die Grenzen schließen. Dann wäre der Schrei nach Europa überwältigend groß.“

Der Mann hat Recht: Friede, Freiheit, der Fall der Grenzbalken, der Fall der unter­schiedlichen Währungen, die Zusammenarbeit auf diesem Kontinent, der in seiner Geschichte genug geblutet hat, sind nicht selbstverständlich. Machen wir daher dieses Selbstverständliche auch zur Zukunft von Morgen! (Lebhafter Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

10.33


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gehen nunmehr in die Debatte ein.

Als erster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer. Redezeit: 12 Minuten. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


10.33.29

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Präsident! Mitglieder der Bundes­regierung! Herr Bundeskanzler! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was ist das Problem Europas? Wieso führt jede Diskussion über europäische Politik immer sofort zur Grundsatzfrage: Europa – ja oder nein?

Dieses Problem muss uns doch im Eigentlichen bewegen. Wir können auf nationaler Ebene über Fragen der österreichischen Innenpolitik hervorragend kontrovers diskutie­ren, manchmal auch streiten, aber es wird dabei niemand auf die Idee kommen, Öster­reich in Frage zu stellen.

Komischerweise ist es immer so, wenn über Fragen der europäischen Politik diskutiert wird, über nächste Schritte, über die Orientierung der europäischen Politik, dass es nicht lange dauert und man ist schon wieder bei der Diskussion: Soll es dieses Europa geben, soll es dieses Europa nicht geben, soll es mehr Europa geben, soll es weniger Europa geben? Und das Problem, das ich dahinter vermute, ist, dass eben die euro­päische Identität noch nicht so verankert ist im Bewusstsein der europäischen Bevölke-


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