Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht noch Frau Abgeordnete Haidlmayr. 2 Minuten Redezeit; das ist eine freiwillige Beschränkung. – Bitte.
15.48
Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, wir wollten wirklich heute etwas feiern, aber es gibt nichts zum Feiern, außer wenn Sie die Bereitschaft zeigen, unserem Abänderungsantrag zuzustimmen, denn nur dann, meine sehr geehrten Damen, bekommen Menschen mit Behinderungen einklagbare Rechte. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Neudeck: Die Herren dürfen nicht mitstimmen, denn Sie sagen immer „Damen“?)
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das wäre eigentlich der Kern dieses Gesetzes, dass wir nämlich endlich ein Rückgrat haben, mit dem wir auch Diskriminierungen verhindern können. Das ist aber nicht in diesem Gesetz drinnen, und das wissen Sie, das haben Sie auch in Ihren Reden eingestanden.
Was, meine sehr geehrten Damen und Herren, wollen Sie denn feiern? Wollen Sie feiern, dass die Probleme, die Frau Partik-Pablé aufgezeigt hat und die ich auch tagtäglich erlebe, und diese Diskriminierungen jetzt weiterhin bestehen bleiben? Wollen Sie es abfeiern, dass Sie es geschafft haben, dass es diese Diskriminierungen weiter gibt? Denn sie werden nicht beseitigt, sie bleiben bestehen! Es gibt keine Unterlassung und Beseitigung von Barrieren. (Abg. Scheibner: Das stimmt ja nicht, was Sie da sagen! Das ist falsch!) Sie wissen es, meine sehr geehrten Damen und Herren. Sie wollen es nur nicht zur Kenntnis nehmen. Sie wollen behinderten Menschen Sand in die Augen streuen. Das tut man nicht. Hier geht es um Menschenrechte, und da ist so etwas wirklich nicht angebracht. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)
Wissen Sie, mir geht es nicht um mein persönliches Gesetz, sondern mir geht es um ein Gesetz für alle Menschen mit Behinderungen, damit sie das Recht auf selbstbestimmtes Leben in allen Bereichen des täglichen Lebens haben; darum geht es mir, aber dieses Recht wird ihnen auch mit diesem Gesetz nicht zugestanden.
Da ich heute von Herrn Walch und von Frau Baumgartner-Gabitzer angegriffen worden bin, ich hätte dieses Gesetz nicht gelesen und ich sollte doch einmal, et cetera, dann sage ich Ihnen etwas: Ich habe mich mit diesem Thema, ob ich wollte oder nicht, spätestens seit meinem sechsten Lebensjahr auseinander setzen müssen. Ab jenem Zeitpunkt, zu dem mir die Regelschule verwehrt worden ist, musste ich die Frage stellen: Warum ich nicht und warum wir nicht? So lange mache ich Behindertenpolitik, es sind 44 Jahre. Und ich lasse mir von niemandem sagen, dass ich diese Thematik nicht verstehe. Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich lebe sie! Ich lebe dieses Problem seit 50 Jahren und mit mir viele, viele behinderte Menschen in Österreich.
Sie haben nicht erkannt und Sie haben nicht erfasst, worum es uns geht, denn sonst hätten Sie hier diese Reden nicht schwingen können, um sich jetzt mehr oder weniger gegenseitig zu motivieren, was es zum Abfeiern gibt. Es gibt nichts zum Abfeiern! Haben Sie das nicht verstanden? Es gibt nichts zum Abfeiern, denn wir Menschen mit Behinderungen werden auch morgen, wir werden auch im Jänner 2006 und in den nächsten 15 Jahren noch genauso diskriminiert werden, wie es unser Leben lang der Fall war. Und das muten Sie uns zu!
Ich mute es den behinderten Menschen nicht zu. Deshalb können wir nicht zustimmen. Und wenn Sie nur bereit gewesen wären, einen Teil der wichtigsten Forderungen umzusetzen, dann hätten wir heute darüber diskutieren können, ob das Glas halb voll oder halb leer ist. Aber diese Diskussion konnten Sie nicht führen, sie stellt sich nicht, weil das Glas nämlich nur benetzt ist und keine Substanz enthält. Darum gibt es nichts zum Feiern.