Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 116. Sitzung / Seite 155

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Ich darf also daher, falls ich da einen falschen Eindruck erweckt habe, die Wissen­schaftlichkeit und die Kritik als solche insofern relativieren, dass ich den Wissen­schaftern nicht ihre Wissenschaftlichkeit absprechen will, aber ich möchte, gleich wie Sie, Kollegen Jarolim darauf hinweisen, dass das Gesetz nicht „entdeckt“ worden ist, sondern tatsächlich bekannt war. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.24


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Stadlbauer zu Wort. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

 


17.24.13

Abgeordnete Bettina Stadlbauer (SPÖ): Frau Präsidentin! Frauen Ministerinnen! Hohes Haus! Unser Grundthema beziehungsweise unsere Grundkritik lautet nun einmal, dass der Begriff „die Gruppe der Wehrmachtsdeserteure“ nicht in diesem Gesetz vorkommt. Und da nützt es auch nichts, wenn Sie versuchen, in dieser Diskussion gleichsam herumzueiern, es bleibt, Kollege Haupt oder auch Kollegin Fekter, die Frage offen, warum Sie diese Gruppe nicht beim Namen nennen wollen!

Es geht nicht darum, verschiedene Opfergruppen einzuführen oder einführen zu wollen oder nicht über den ideologischen Schatten springen zu können, sondern es geht darum, klar aufzuzeigen, wer welchen Beitrag geleistet hat. Und es haben nun einmal Wehrmachtsdeserteure einen aktiven Beitrag zur Befreiung Österreichs vom National­sozialismus geleistet, das müssen wir eindeutig anerkennen! Es ist nur gerecht, das auch extra zu erwähnen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Und es geht auch nicht darum, dass wir, wie Kollegin Fekter gesagt hat, einen weiten Opferbegriff ablehnen. – Das stimmt nicht, wir wollen die Wehrmachtsdeserteure jedoch extra erwähnt haben.

Ich nehme zur Kenntnis, dass Ministerin Miklautsch, seitdem sie ein neues Amt bei einer rechten Partei innehat, ihre Ansichten schön kleinweise verändert und das liberale Deckmäntelchen ziemlich bröckelt. (Abg. Scheibner: Sie greifen ja heute ganz schön in die Demagogen-Kiste!) Also: Warum nennen Sie diese Gruppe nicht einfach beim Namen?

Was Sie hier betreiben, ist eine gefährliche Diskussion, eine gefährliche Symbolik. Es ist der Versuch, Geschichte umzudeuteln; es ist auch der Versuch, Geschichte zu verfälschen, zu verwässern, zu verharmlosen. Und das ist einfach unverantwortlich! Das ist unwürdig, wenn es um die Aufarbeitung der Geschichte Österreichs geht. (Abg. Großruck: Wieso hat das die SPÖ-Regierung nicht gemacht? Gar nichts haben Sie gemacht!) Dass das die FPÖ macht, sind wir gewohnt, dass sich die ÖVP dafür hergibt, ist wirklich sehr bemerkenswert! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Neudeck: Das ist eine Parteitagsrede!)

Ein zweiter Kritikpunkt betrifft die Staffelung der so genannten Ehrengaben, also der Beträge, die den Opfern zugesprochen werden. Es gibt einen Brief von der Arbeits­gemeinschaft der KZ-Verbände und Widerstandskämpfer Österreichs an die Vor­sitzende des Justizausschusses, in dem sogar die Betroffenen sagen, dass sie in der Vergangenheit unangenehme Erfahrungen mit Staffelungen gemacht haben. Sie ersuchen daher, zu prüfen, ob es nicht doch möglich wäre, einen einheitlichen Beitrag festzulegen. – Also auch das ist nicht verständlich!

Zum Schluss möchte ich hier im Hohen Haus noch für eine Gruppe sprechen, die sehr lange zu den vergessenen Opfern gehörte, und zwar die Zwangsprostituierten. Wir wissen, dass es in Mauthausen eines von ungefähr 10 Häftlingsbordellen in Konzen­trationslagern gegeben hat, in denen Frauen zur Prostitution gezwungen worden sind.


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