Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 116. Sitzung / Seite 157

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nicht wegen der Aussagen der HOSI und des Herrn Krickler, sondern trotz dieser Aussagen zustimme, weil es, glaube ich, wichtig ist, dass kein Angehöriger dieses Hauses zu einem bestimmten Abstimmungsverhalten erpresst werden kann. (Zwi­schenruf des Abg. Dr. Puswald.)

Ich halte es gerade auch im Zusammenhang mit den NS-Opfern und dem Anerken­nungspaket für wichtig, einer politischen Gruppe beziehungsweise einer Gruppe, die glaubt, ihre politische Strategie zur Durchsetzung ihrer Ziele auf persönliche Diffa­mierung und auf gerade noch verbale Gewalt aufbauen zu können, ein deutliches Nein und „Verhindert die Anfänge!“ entgegenzusetzen. Gerade das kann zur notwendigen Sensibilisierung in politischen Dingen und in politischer Radikalität, wie wir es allen NS- und Kriegsopfern schuldig sind, beitragen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

17.32


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Öllinger zu Wort. Wunschredezeit: 8 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


17.32.14

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin, um noch einmal auf Herrn Kollegen Haupt zu sprechen zu kommen, mit Ihnen einer Meinung, wenn es darum geht, festzuhalten – und das tue ich damit gerne –, dass jeder Verlust, jeder Tote, jede Tote in jeder Familie Grund ist zu trauern, Grund ist für Schmerz. Aber damit erschöpft sich die Gemeinsamkeit mit Herrn Kollegen Haupt auch schon.

Es ist manchmal schon sehr viel, wenn man mittrauern kann. Nur: Das ist nicht der Punkt, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir trauern nicht um alle Toten, die es gegeben hat. (Abg. Mag. Donnerbauer: Wir schon! Das ist der Unterschied!) Wir trauern, und wir haben einen Auftrag, hier – Herr Kollege passen Sie auf, Vorsicht! Wir setzen uns mit einer konkreten geschichtlichen Periode, nämlich mit der Zeit des Nationalsozialismus auseinander.

Der Konsens, von dem ich gedacht habe, dass er parteiübergreifend ist oder sein könnte, hat zumindest 1995, als wir hier in diesem Saal das Nationalfondsgesetz, das Opferfürsorgegesetz diskutiert haben, dieser Konsens hat damals weitgehend – nicht zwischen allen, das war schon klar – darin bestanden, dass Österreich in dieser Zeit des Nationalsozialismus nicht nur Opfer war, sondern viele in diesem Land, viele Österreicher – hauptsächlich Männer – auch zu den Tätern gehört haben, von ganz oben in der nationalsozialistischen Hierarchie bis weit herunten.

Und auch bis zu dieser Erkenntnis, nämlich dass sich Österreich nicht nur auf die Opferrolle zurückziehen darf, hat es in dieser Republik lange gedauert. Eine Kon­sequenz dieses Umstands, dass sich Österreich immer nur als Opfer gesehen hat und in der eigenen Verantwortung nie mehr sehen wollte als sich selbst als Opfer, eine Konsequenz ziehen Sie indirekt heute, indem Deserteure eine bestimmte Form der Anerkennung finden. Diese Konsequenz ziehen Sie.

Trotzdem gehen Sie im Ganzen gesehen wieder hinter den Konsens von 1995 zurück. (Abg. Mag. Donnerbauer: Das stimmt ja nicht!) – Ich erzähle Ihnen, wo Sie zurück­gehen. 1995 hat es zwischen allen Parteien eine Debatte, eine, glaube ich, hoch stehende Debatte gegeben. Sie können sie nachlesen.

Es hat einen Antrag von freiheitlicher Seite gegeben, wonach man nicht nur jene als Opfer des Nationalsozialismus entschädigen sollte, die bis 1945 zu Opfern geworden sind, sondern dass man auch die Opfer bis 1948, also jene, die damals, von 1945 bis 1948, Opfer geworden sind, als Opfer dieser Zeit sehen sollte. Die ÖVP war dagegen,


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