Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 129. Sitzung / Seite 182

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statistisches Zahlenmaterial, gerade was Teile dieser Amnestie 1995 betroffen hat, bei den Gerichten bis dato nicht erhoben haben. Es wäre nur im Einzelfall möglich, dies nachträglich zu erheben, was natürlich auf der Basis von statistischem Zahlenmaterial gewisse Schwierigkeiten mit sich bringt. So wurde mir zum Beispiel bezüglich § 1 von meinen Mitarbeitern, die damit gearbeitet haben, mitgeteilt, dass hiervon sehr wenige Verfahren betroffen waren, sodass diese Bestimmung nicht wirklich gegriffen hat.

Ganz anders hat es im Hinblick auf § 2 ausgesehen. Dieser § 2 sieht vor, dass eine Strafnachsicht eintreten soll. Da ist es uns möglich gewesen, anhand von Schätzungen des Strafregisteramtes eine Einschätzung vorzunehmen. Das müssen Sie sich so vorstellen, dass sämtliche Verurteilungen im Strafregisteramt eingetragen sind und dort dann „nicht vollstreckt“ angemerkt ist, sodass es uns möglich ist, dies nach­zuvollziehen. Hier wissen wir, dass wir zirka 10 000 Fälle hatten, die unter die Amnestie 1995 gefallen sind, wobei hiervon auf der einen Seite auch sehr viele Geldstrafen betroffen waren. Auf der anderen Seite hat es sich vielfach um ausländische Straftäter gehandelt. Es waren teilweise deutsche Staatsbürger oder Personen aus Ex-Jugoslawien, soweit wir Kenntnis davon erlangt haben, sodass wir mit diesem Amnestiegesetz eine Bevölkerungsgruppe begünstigt haben, die nicht ein­mal österreichische Staatsbürger waren.

Besonders schlechte Erfahrungen – und auch darauf hat die Frau Abgeordnete schon hingewiesen – haben wir im Bereich der bedingten Nachsicht eines Teiles einer Strafe gemacht. Diese bedingte Strafnachsicht wurde, entgegen der üblichen Praxis in Österreich, ohne Rücksicht auf die Persönlichkeit des Strafgefangenen erteilt. Hier haben wir wirklich auch Rückfallstäter praktisch bedingt in die Strafe entlassen.

Auch ich sehe es rechtspolitisch als sehr problematisch an, wenn der Nationalrat durch ein Gesetzesvorhaben 10 000 rechtskräftige Urteile – es sind gesicherte 10 000 Fälle – mit einem Schlag außer Kraft setzt. Das ist für mich auch rechtsstaatlich, insbesondere im Hinblick auf das Prinzip der Gewaltentrennung, wirklich eine bedenkliche Entwicklung. (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen und der ÖVP.) Daher ist dies auch aus meiner Sicht als Justizministerin nicht der richtige Weg.

Herr Abgeordneter Pendl hat die Situation in den überfüllten Justizanstalten ange­sprochen. Wir kennen dieses Problem, wir alle wissen, dass dies ein Problem ist. Wir arbeiten in verschiedenen Bereichen an einer Lösung dieses Problems. Aber mein Weg ist sicherlich nicht derjenige, dass ich die österreichischen Gefängnisse im Wege einer Amnestie leeren möchte. Das ist nicht der Weg, den ich gehen werde, sondern mein Weg ist der, dass wir uns im Bereich des Electronic Monitorings und im Bereich von gemeinnütziger Arbeit anstelle von Ersatzfreiheitsstrafen etwas überlegen werden, dass wir aber auf der anderen Seite auch dafür Sorge tragen werden, dass wir durch eine Reorganisation der Strafvollzugsverwaltung ganz wesentliche Aspekte in der Straffung des Strafvollzuges tatsächlich umsetzen wollen, um die Arbeit in den Justizanstalten zielführend und effizient zu verbessern. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

18.56


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


18.56.58

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Bundesministerin! Ich bin froh, dass Sie sich vor mir zu Wort gemeldet haben, weil mir das jetzt Gelegenheit gibt, ein paar Dinge sozusagen zu klären beziehungsweise einzumahnen, dass ich mir – bitte verzeihen Sie oder erlauben Sie mir, das zu sagen – ein wenig präzisere Angaben einer Bundesministerin erwartet


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