Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 140. Sitzung / Seite 23

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Khol, Bundespräsident Fischer oder der Kärntner Landeshauptmann für eine Lösung im Konsens mit allen Betroffenen aus. Meine Frage deshalb: Herr Bundeskanzler, wie stehen Sie zu einer Volksbefragung, die dazu dienen soll, die Meinung des Volkes zu dieser Frage auch abzuchecken?

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Herr Abgeordneter, ich weiß, dass es solche Befragungen in den entsprechenden Gemeinden gegeben hat, nur kennen Sie meine Meinung auch: Ich halte Minderheitenfragen nicht für abstimmungsfähig. Das ist der entscheidende Punkt. Sie können eine Mehrheit nicht über die Rechte einer Minderheit abstimmen lassen. Das ist ein Grundprinzip. Es muss Minderheitenrechte geben. Diese sind, wie Sie wissen, im Staatsvertrag garantiert, und es ist unsere Pflicht, dass wir dem Staatsvertrag, zu dem wir uns vor 51 Jahren verpflichtet haben, auch wirklich zum Durchbruch verhelfen.

Interessant ist, dass 30 Jahre lang eigentlich ziemliche Stille geherrscht hat und eigent­lich jetzt erst, seit dem Jahr 2000, dieses Thema, vor allem der Ortstafeln, wieder hochgekommen ist. Man sollte aber auch darauf hinweisen, dass gerade in den letzten fünf Jahren unendlich viel geschehen ist: in der Frage der 4. Volksschulklasse, in der Frage Kindergarten, in der Frage Ausbildung der Lehrer, in der Frage der ORF-Sen­dungen in slowenischer Sprache. – Das sind keine Kleinigkeiten. Während überall sonst der Sparstift geherrscht hat, ist die Volksgruppenförderung vollkommen unge­kürzt erhalten geblieben. Im Gegenteil. Es hat Zusatzangebote in vielfacher Hinsicht gegeben.

Einer meiner Impulse und mein Angebot war ja auch gegenüber den Bürgermeistern und gegenüber den Heimatverbänden und den Slowenisch sprechenden Volksgrup­pen, dass wir einen solchen großen Konsens unterfüttern wollen, stützen wollen durch Begleitmaßnahmen, die für die dort lebende Bevölkerung sehr wichtig sein werden. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Eine weitere Zusatzfrage formuliert Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. – Bitte.

 


Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Herr Bundeskanzler! Ich bin einiger­maßen verwundert darüber, was Sie als „bewährten Weg auf Bundesebene“ in Zusam­menhang mit der Umsetzung von Erkenntnissen des Verfassungsgerichtshofes in Kärnten betrachten. Ist das ein „bewährter Weg“, wenn man von Ihrer Seite dazu schweigt, wenn der Herr Landeshauptmann von Kärnten Ortstafeln verrückt und so den Verfassungsgerichtshof geradezu verhöhnt? (Rufe bei den Freiheitlichen: Frage!)

Meine Frage ist, Herr Bundeskanzler: Warum stellt die Bundesregierung keine Minis­teranklage gegen Haider – eine Möglichkeit, die Sie haben? Warum stellt die Bundes­regierung nicht den Antrag auf Verordnungsprüfung beim Verfassungsgerichthof – eine Möglichkeit, die die Bundesregierung hat? Das wäre ein „bewährter Weg“, zu handeln, Herr Bundeskanzler. Wann werden Sie das tun? (Beifall bei den Grünen.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Das waren drei Fragen, Frau Abgeordnete, aber der Herr Bundeskanzler wird sie beantworten.

 


Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Ich konzentriere mich auf die Lösung der Frage, und die Lösung ist nicht mit Klagen und Ähnlichem möglich. Abgesehen davon sind ja bereits beim Verfassungsgerichtshof solche Klagen anhängig. Mein Ziel ist es, oder so sehe ich das als meine historische Aufgabe, dass ich mich bemühe, mit allen Gruppen einen Konsens herbeizuführen.

 


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