Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 140. Sitzung / Seite 27

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Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Herr Bundeskanzler, nun eine Frage zur Außenpolitik:

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„Welche Aktivitäten setzen Sie auf europäischer Ebene, um die Schließung des US-amerikanischen Gefangenenlagers in Guantánamo, in dem Häftlinge ohne Rechts­grundlage jahrelang festgehalten und auch gefoltert werden, zu erreichen?“

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Frau Abgeordnete! Ich habe das bei mei­nem Treffen mit dem amerikanischen Präsidenten Bush natürlich angesprochen, und zwar in genau der gleichen Weise, wie dies etwa Angela Merkel später gemacht hat oder jetzt auch Tony Blair. Das ist eine Anomalie, sagt Blair. Dieses Gefängnis muss früher oder später geschlossen werden. Dort werden derzeit allerdings – auch das sei gesagt – mit hoher Wahrscheinlichkeit Terroristen gefangen gehalten. Gefährliche Leute! (Abg. Öllinger: Wissen Sie das?)

Der Punkt ist: Nicht die Schließung eines Gefängnisses ist das Problem, sondern diese Menschen, auch der ärgste Terrorist, müssen das Recht haben, früher oder später vor einen Richter zu kommen (Abg. Öllinger: Nicht „früher oder später“!) und ein ordent­liches Verfahren zu haben, genauso wie das mit Saddam Hussein jetzt im Irak ge­schieht. Das muss unser Ziel sein. – Wir bringen das auf internationaler und bilateraler Ebene immer wieder zur Sprache. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Frei­heitlichen.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Mag. Lunacek.

 


Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Herr Bundeskanzler, Sie haben sich nach Ihrem letzten Besuch bei Präsident Bush anscheinend damit zufrieden gegeben, dass er Ihnen gegenüber gesagt hat, dass nicht gefoltert wird. Jetzt sagen Sie: „Frü­her oder später“ sollen Menschen, auch wenn es Terroristen sind, vor Gericht gestellt werden. – Die sind mittlerweile seit Jahren dort inhaftiert! Wenn das Ihre Überzeugung von Rechtsstaat ist, dann frage ich mich, was Rechtsstaat tatsächlich ist.

Herr Bundeskanzler! Die deutsche Bundeskanzlerin Merkel hat in aller Öffentlichkeit klar und deutlich ... (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Formulieren Sie bitte Ihre Frage, Frau Abgeordnete!

 


Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (fortsetzend): ... die Schließung des Lagers gefor­dert. Werden Sie bei Ihrem nächsten Zusammentreffen mit Bush im Juni ebenfalls klar und deutlich die Schließung dieses rechtswidrigen Lagers verlangen und auch die rückhaltlose Aufklärung aller Foltervorwürfe? (Beifall bei den Grünen.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Frau Abgeordnete! Ich habe mir natürlich, weil ich mit dieser Frage gerechnet habe, mitgenommen, was Merkel wörtlich gesagt hat (Abg. Dr. Puswald: Was Sie sagen, ist gefragt!), nämlich: „Eine Institution wie Guantánamo kann und darf auf Dauer so nicht existieren. Es müssen Mittel und Wege für einen anderen Umgang mit den Gefangenen gefunden werden.“ – Zu 100 Prozent meine Meinung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Die nächste Zusatzfrage stellt Herr Abgeordneter Schie­der. – Bitte.

 


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