Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 32. Sitzung / Seite 100

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Man kann natürlich sagen: Bei uns nicht! Aber wenn man wirklich ehrlich ist und sich in den eigenen Parteistrukturen umsieht, dann weiß man, dass dem so ist. Sie werden bei jeder inhaltlichen Diskussion, bei Fragen von Bürgerinitiativen, wenn es um Sach­themen geht, viele junge Menschen im Publikum sehen, die sich auch aktiv mit der jeweiligen Frage beschäftigen. Wenn Sie aber in die eigene Parteiorganisation hinein­sehen, werden Sie erkennen, dass es immer schwieriger wird, den jungen Leuten klar zu machen, dass Österreich auch eine Parteiendemokratie ist und dass deshalb für jemanden, der sich nachhaltig und aktiv für die österreichische Politik engagieren möchte, irgendwann einmal der Weg an einer politischen Partei nicht vorbeiführt.

Diesbezüglich haben wir wirklich einiges zu tun, und zwar endlich zu tun, um unsere Strukturen – und ich sage noch einmal, das gilt wohl für alle Parteien hier – so zu überdenken, auch den Modus der Erstellung von Kandidatenlisten, auch die Frage, wie die Mechanismen in den Jugendorganisationen, die alle schon bessere Zeiten hatten, was ihren Einfluss in der Politik und in der Öffentlichkeit anbelangt, adaptiert werden können, dass sie für junge Menschen in Zukunft attraktiver gestaltet werden. Jeder, der hinsichtlich dieser Frage für seine Partei einen neuen, einen richtigen Weg aufzeigt, hat in Wirklichkeit für das gesamte parteipolitische Gefüge viel getan! Das sei uns allen und unseren Parteizentralen ins Stammbuch geschrieben. (Beifall bei den Freiheit­lichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich sage es noch einmal: Der heutige Tag ist positiv, da wir alle, alle Fraktionen dieses Hauses, der Gerechtigkeit im Wahlrecht, im Wahlsystem einen Schritt weiter zum Durchbruch verholfen haben. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.30

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin hat sich Frau Abge­ordnete Dr. Glawischnig zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


13.30

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Die Reife einer Demokratie misst sich meiner Meinung nach an zwei Kriterien (Ruf bei den Freiheitlichen: „Lex Glawischnig“!): am Umgang mit Minderheiten und daran, in welchem Ausmaß Partizipation gewährleistet ist.

Wir machen heute einen Schritt in Richtung weiterer Partizipation, und in diesem Sinne ist es für unsere Demokratie auch eine Entwicklung im Positiven.

Historisch betrachtet, ist es sehr interessant, dass 1907 das aktive Wahlalter bei 24 Jahren lag – allerdings nur für Männer, Frauen durften damals noch nicht wählen! Erst 1920 durften auch die Frauen wählen, damals ebenfalls noch ab 24. Ein großer Schub kam in den siebziger Jahren, als das aktive Wahlalter auf 19, das passive auf 21 Jahre gesenkt worden ist. Nun gehen wir den nächsten Schritt in der Stichtagsrege­lung, die nicht nur sehr ungerecht war, sondern auch eine Systemwidrigkeit darstellte, da andere Voraussetzungen für die Wahl, wie zum Beispiel die Staatsbürgerschaft oder das Nichtausgeschlossensein vom Wahlrecht mit dem Stichtag und nicht mit 1. Jänner des Kalenderjahres eintreffen mussten. – Es ist also eigentlich ein Grund, sich zu freuen.

Was ich jedoch bedauerlich finde, ist, dass, wenn man sich diese historische Entwick­lung anschaut, der nächste Schritt so umstritten ist. Die Gesellschaft hat sich verän­dert, die jungen Leute haben sich verändert. Sie sind sehr viel früher in der Lage, an der Politik Anteil zu nehmen und auch interessiert an Politik! Die Schritte, die es in den Bundesländern bereits gegeben hat, haben gezeigt, welch gute Wahlbeteiligungs­ergebnisse eine Wahlaltersenkung auf 16 bringen kann. Im Burgenland – wir haben es


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