Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 35. Sitzung / Seite 39

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40 000 Asylanträge in Österreich mit einer Anerkennungsquote, die sehr gering ist, zeigen, dass da Handlungsbedarf besteht. Wir reagieren auf diesem Handlungsbedarf und bekennen uns dazu, dass Österreich für jene, die Hilfe brauchen, ein Asylland bleiben wird. (Anhaltender Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

11.19

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. – Bitte.

 


11.19

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Dobar dan, poštovane dame i gospodo! Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich darf zunächst einmal eine Präzisierung und gleichzeitig eine Korrektur zu den Ausführungen von Kol­legen Spindelegger anbringen. Er hat davon gesprochen, dass es in unseren Nachbar­ländern – und da spreche ich insbesondere von der Slowakei und von Tschechien –, die ja ab 1. Mai 2004 Mitgliedstaaten der Europäischen Union sein werden – und mit genau diesem Tag wird dieses heute von Ihnen mit größter Wahrscheinlichkeit mit Mehrheit beschlossene Asylgesetz in Kraft treten –, so wunderbare Asylverfahren gäbe.

Wissen Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren, wie viele Asylverfahren im Jahr 2002 in der Slowakei positiv abgeschlossen wurden? (Abg. Dr. Fasslabend: Das ist ein sicheres Drittland!) – 19! 19 Menschen haben im Jahr 2002 in der Slowakei Asyl bekommen. Zehntausende haben einen Antrag gestellt. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Die Frage ist, ob – und das ist einer meiner Hauptkritikpunkte an dieser Asylgesetz-Novelle – das Festschreiben von so genannten sicheren Drittstaaten überhaupt mög­lich ist. Um Ihnen, geschätzte KollegInnen, zu erklären, was das ist: Sicherer Drittstaat ist ein Ausdruck aus der Juristensprache und bedeutet, dass jemand, der in einem bestimmten Land einen Asylantrag stellt, über die Grenze in jenen Staat, aus dem er gerade gekommen ist, wieder zurückgeschoben wird, weil das ja ein sicherer Drittstaat für ihn sei. Es gibt ein Prinzip des Asylrechtes in der Genfer Flüchtlingskonvention, wo­nach niemand, der Schutz vor Verfolgung sucht, dorthin zurückgeschoben werden darf, woher er geflohen ist, weil er eben Schutz vor Verfolgung braucht. (Abg. Scheibner: Heimatland, nicht die Durchgangsstaaten!) Wenn man nun die Menschen ohne lange Prüfung einfach in so genannte sichere Drittstaaten zurückschiebt, so laufen sie Ge­fahr, durch eine weitere Kettenabschiebung wieder dort zu landen, woher sie gekom­men sind. (Abg. Scheibner: Wenn ein Mitgliedsland der Europäischen Union kein sicheres Drittland ist, dann ist etwas falsch gelaufen!)

Die unabhängige zweite Instanz in österreichischen Asylverfahren, der so genannte Unabhängige Bundesasylsenat, kurz: UBAS, hat in mehreren Entscheidungen festge­stellt, dass die Slowakei kein sicherer Drittstaat für Asylwerber ist, weil diese, werden sie in die Slowakei abgeschoben, Gefahr laufen (Abg. Scheibner: ... Das ist ja unge­heuerlich! – weitere Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen), wieder dorthin zurückgeschickt zu werden, woher sie gekommen sind. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Scheibner: Dann stellen wir gleich die Ratifizierung der EU-Erweiterung zurück!)

Deshalb hat das UNHCR, das Flüchtlingshochkommissariat der UNO mit Sitz in Genf, einen derart massiven Protest gegen diese geplante Asylgesetz-Novelle in Österreich eingelegt: eben weil durch das österreichische Gesetz nicht mehr garantiert ist, dass man in Österreich Schutz vor Verfolgung bekommt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das wesentlichste und wichtigste Prinzip im Flüchtlingswesen und im Flüchtlingsrecht ist, dass es das Recht auf individuelle


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