Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 46. Sitzung / Seite 176

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Es ist schon vieles zu den anderen Bestimmungen des Gesetzes gesagt worden, wie zum Beispiel zum § 212 StGB. Dass im § 212 in der taxativen Aufzählung verschie­dener Berufsgruppen – wie etwa der klinischen Psychologen, der Psychotherapeuten – die der Seelsorger nach wie vor nicht enthalten ist, ist für uns nicht akzeptabel. Des Weiteren sollten im § 218 StGB andere Formulierungen Platz greifen.

Besonders wundert mich, Herr Bundesminister für Justiz und sehr geehrte Damen und Herren von den Regierungsparteien, dass sich, obwohl dieses Gesetz auf Grund des Rah­menbeschlusses der EU hier beschlossen werden wird, in dem ganzen Abände­rungsantrag zum Sexualstrafrecht kein Straftatbestand findet, der die kommerzielle Sex- beziehungsweise Pornographieindustrie betrifft. Es steht nämlich im Artikel 6 die­ses Rahmenbeschlusses zu lesen:

Die Verantwortlichkeit juristischer Personen: Jeder Mitgliedstaat trifft die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass eine juristische Person für eine Straftat nach den Artikeln 2, 3 und 4 – etwa Ausbeutung – verantwortlich gemacht werden soll.

Das ist in Ihrem Abänderungsantrag nicht zu finden, und es gibt daher auch keine Sanktionen diesbezüglich. In diesem Rahmenbeschluss werden als Sanktionen vorge­schlagen, dass der Betrieb geschlossen werden könnte, dass man unter richterliche Aufsicht gestellt werden könnte, außerdem die vorübergehende oder endgültige Schließung von Einrichtungen, die zur Begehung der Straftat genutzt werden.

Diese Bestimmungen fehlen in Ihrem Antrag. Ich frage Sie, Herr Bundesminister: Warum fehlen die strafrechtlichen Tatbestände immer dort, wo es sich um eine juristi­sche Person handelt? – Das ist für mich nicht nachvollziehbar! Auch das wäre zu im­plizieren, wenn man diesen EU-Rahmenbeschluss ernsthaft umsetzen würde. Hier ist die Regierung noch in Handlungsverzug. Da wünsche ich mir genau das, was die EU mit Ihnen sozusagen paktiert hat, vertraglich festgelegt hat. Es müssen genauso juris­tische Personen für eine Straftat verantwortlich gemacht werden. Es handelt sich dabei um die so genannte Sexindustrie und um die so genannte Pornographieindustrie, und dieser muss Einhalt geboten werden. Dass solche Firmen geschützt werden, das ist, sehr geehrter Herr Bundesminister, nicht einsichtig! (Beifall bei der SPÖ.)

19.27

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort ge­meldet hat sich Herr Justizminister Dr. Böhmdorfer. – Bitte, Herr Justizminister.

 


19.27

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich wollte mich in dieser Debatte, die zum Teil unerwartet kontroversiell verläuft, so rechtzeitig zu Wort melden, dass ich noch die Möglichkeit habe, Sie alle zu ersuchen, diesem Gesetz Ihre Zustimmung zu geben, weil ich glaube, dass ein gemeinsamer Wille betreffend die Intention dieses Ge­setzes beziehungsweise dieser Novelle in überwiegendem Maße zu erkennen ist.

Ich möchte in Erinnerung rufen, dass dieses Gesetz dem geänderten gesellschaft­li­chen Willen in vielen Bereichen Rechnung trägt und auch die geänderten gesellschaft­lichen Auffassungen berücksichtigt. Wir kämpfen alle, wie ich meine, gegen die Zu­nahme der Pornographie. Wir stellen auch im Bereiche der Vergewaltigung einiges klar: Es ist unsinnig, einen Unterschied zwischen schwerer und minder schwerer Ver­gewaltigung zu machen. Es ist auch nicht sinnvoll, einen Unterschied zwischen Verge­waltigung in und außerhalb der Ehe zu machen.

Das Gesetz trägt auch neuen Phänomenen Rechnung. Es bekämpft den Menschen­handel und die sexuelle Ausbeutung im Zusammenhang mit dem Menschenhandel,


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