Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll128. Sitzung / Seite 46

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Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen. – Bitte.

 


14.18.20

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bevor mir die Zeit davonläuft, möchte ich einen Entschließungsantrag einbringen, nämlich betreffend unverzügliche Unterrichtung des Nationalrats über alle Vorhaben im Rahmen der Europäischen Union.

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundeskanzler und die Bundesministerin für Finanzen, wird aufgefordert, den Artikel 23e Abs. 1 B-VG in allen Fällen dem Wortlaut entsprechend anzuwenden und den Nationalrat und den Bundesrat unverzüglich über alle Vorhaben im Rahmen der Europäischen Union zu unterrichten und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.“

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Wir haben das hier schon öfter thematisiert. – Verehrte Damen und Herren von der Bundesregierung, vielleicht lesen Sie sich einmal das neue EU-Informationsgesetz und die zugehörige Geschäftsordnungsnovelle durch, die hier im Haus schon in zweiter Lesung beschlossen worden ist, und handeln nach dem Geist dieser neuen Gesetze! Es ist kindisch, abgesehen davon, dass es unerträglich ist, über wie viele Dinge, Vorhaben, Berichte und so weiter im Wesentlichen im Rahmen dieser Gipfel, aber auch sonst, wir in diesem Hause nicht informiert werden und vor allem nicht recht­zeitig informiert werden. Wenn man sich die Mühe macht, kann man sich ja sehr viel von der Homepage des deutschen Finanzministeriums oder von der Homepage des Deutschen Bundestages herunterholen, aber ist das der Weg, den Sie anstreben?! (Beifall bei den Grünen.)

Regelmäßig weiß die „Financial Times“ oder sogar der „Herald Tribune“ mehr als wir Abgeordnete, sie wissen es schneller und sie wissen mehr als wir Abgeordnete hier im Haus, was eventuell bei diesen Gipfeln beschlossen werden könnte. Auch die vorläufigen Schlussfolgerungen waren, in einer viel weitergehenden Fassung als das, was wir hier wussten, vorher schon in einem britischen Online-Magazin. Also bitte, halten Sie das endlich ein!

Was diesen Gipfel betrifft, wird es die Kollegen von BZÖ und FPÖ vielleicht nicht überraschen, dass ich nicht so unzufrieden bin. Ich finde, es sind in den Morgen­stunden dieses 27. Oktober richtige Schritte in eine richtige Richtung gesetzt worden. Wichtig ist jetzt nur, dass man nicht stehen bleibt und sich zurücklehnt.

Es wurde da ansatzweise erstens ein umfassendes Paket geschnürt – und nicht nur irgendwo ein bisschen was, immer nur diese kleinen Bausteine, die nicht zusammen­passen –, ansatzweise jedenfalls. Nur: Das Kleingedruckte fehlt. In fast allen Punkten fehlen die Details. Das wird auch in den heutigen Medien, im Gegensatz zu den gestrigen naturgemäß, ausreichend kritisiert und gewürdigt.

Aber es gibt wichtige Fortschritte, zum Beispiel Fortschritte an Realismus. Seit gut anderthalb Jahren predigen Werner Kogler und ich: Griechenland ist nicht illiquid, sondern insolvent. Das wird jetzt zugegeben: Griechenland ist insolvent. Jetzt kann man zu dieser Lösung stehen, wie man will, aber immerhin, es wird zugegeben, Griechenland ist insolvent.

Ob das reichen wird, das ist eine andere Frage. Die Schlagzeilen in den letzten Tagen waren ja total irreführend. Dass Griechenland einen Schuldenschnitt von 50 Prozent


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