Außerdem möchte ich auch noch eines sagen: Auch die Rechtslage in Deutschland ist nicht so, dass sie der Rechtsmeinung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte voll entspricht. Auch Deutschland ist in der „Causa Zaunegger“ vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte verurteilt worden, und auch Deutschland arbeitet derzeit an einer menschenrechtskonformen Änderung der gesetzlichen Regelungen. (Beifall bei der ÖVP.)
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Mag. Maier, bitte. (Ruf bei der ÖVP: Das war eine Niederlage! – Abg. Dr. Fichtenbauer: Ihr seid unfähig, zu erkennen! Unfähig! – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ. – Heiterkeit. – Abg. Ing. Hofer: Macht nur so weiter! – Unruhe im Saal. – Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)
Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Guten Morgen Frau Bundesminister! (Zwischenruf des Abg. Ing. Hofer.) Frau Bundesminister, wir sind bei Besuchsrechtsverfahren und bei Obsorgeverfahren mit einem besonderen Problem konfrontiert: dass sie einfach zu lange dauern.
Aus Ihren Anfragebeantwortungen zeigt sich folgende Entwicklung: Im März 2010 gab es 1 596 offene Besuchsrechtsanträge, im Juni 2010 1 649, im Juni 2011 2 093 und im Februar 2012 2 505 offene Besuchsrechtsanträge.
Meine Frage lautet: Wie erklären Sie sich diese enorme Zunahme, und worin sehen Sie die wirklichen Probleme, sodass Verfahren so lange dauern? Liegt es beispielsweise an den Gutachtern oder auch an den zuständigen Familiengerichten?
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Bundesministerin.
Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Sie haben da einen sehr wichtigen Punkt angesprochen, der mir ein großes Anliegen ist, nämlich die Beschleunigung dieser Besuchsrechtsverfahren und Obsorgeverfahren, denn gerade wenn es um Kinder geht, spielt ja Zeit eine große Rolle.
Es kommt häufig zu einer Entfremdung zwischen dem Kind und einem Elternteil, wenn ein Verfahren zu lange dauert, und deshalb ist es von ganz besonderer Bedeutung, in diesen Verfahren noch schneller zu werden. Deswegen haben wir mit 1. Jänner 2012 auch das „Pilotprojekt Familiengerichtshilfe“ gestartet. Da stehen zum Beispiel PsychologInnen, SozialarbeiterInnen und PädagogInnen den FamilienrichterInnen zur Seite und haben vor allem die Aufgabe, darauf hinzuwirken, dass sich Eltern möglichst rasch einvernehmlich treffen, also dass Eltern möglichst rasch eine gemeinsame, eine einvernehmliche Lösung für ihre Probleme finden. Das ist natürlich der Idealfall. Wenn es trotzdem zu einem Streit kommt, also wenn ein Verfahren geführt werden muss, dann haben die PsychologInnen die Möglichkeit, gutachtensähnliche Stellungnahmen abzugeben. Auch dadurch kann das Verfahren schneller geführt werden.
Wie gesagt, wir haben das Projekt erst mit 1. Jänner gestartet. Es ist ein Pilotprojekt an vier Standorten. Es wird auch von uns begleitend evaluiert. Die ersten Ergebnisse, die ich sehe, sind sehr, sehr vielversprechend, und wenn das wirklich so weiterläuft, werden wir es natürlich Schritt für Schritt auf weitere Standorte ausdehnen. (Beifall bei der ÖVP.)
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Steibl, bitte.
Abgeordnete Ridi Maria Steibl (ÖVP): Frau Bundesministerin! Das Wohl des Kindes hat oberste Priorität. Daher noch einmal meine Nachfrage: Wodurch soll sichergestellt werden, dass die gemeinsame Obsorge nicht durch einen Elternteil, wenn es Streit gibt, unterlaufen wird?
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin, bitte.
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