Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll191. Sitzung / Seite 270

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Ich gehe aber jetzt auf den in Verhandlung stehenden Antrag ein. Ich glaube, die Vorredner haben das schon sehr deutlich klargemacht. Es geht hier an und für sich wieder einmal um die Türkei. Es geht immer wieder um die Türkei, nicht nur um das Strategische und die Minderheiten allein, sondern es geht überhaupt um die Art und Weise und vielleicht auch um die Denkhaltung. Dieser Entschließungsantrag sagt nichts anderes aus, als dass man unter anderem der Benachteiligung christlicher, jüdischer und anderer religiöser Minderheiten entgegentritt.

Ein zweiter Punkt, der auch wesentlich war, war eben dieses Kloster Mor Gabriel. Zur Geschichte – ich wiederhole einige Fakten noch einmal –: Es ist eines der ältesten christlichen Klöster, 397 nach Christus. Denken Sie einmal daran, wie wertvoll das auch als Kultureigentum ist. Es ist eines der letzten intakten christlichen Klöster als geistliches, kulturelles Erbe und Zentrum der syrisch-orthodoxen Christen Südostana­toliens. Und das Kloster spielt eine entscheidende Rolle bei der Pflege der syrisch-orthodoxen Kirche und deren syrisch-aramäischer Liturgie, wie wir schon vorhin hören durften.

Eine Verschlechterung der Rahmenbedingungen – ich zitiere nicht, dass der Staat den Besitz dieses Klosters reduziert hat, ich rede nicht davon, dass nicht einmal das Recht auf eine Ausbildungsstätte besteht, ich rede nicht davon, dass es auch kein Recht gibt, religiöse Stiftungen und Schulen zu unterhalten –, das ist eine Schande.

Die Bundesregierung wird aufgefordert, tätig zu werden. Nur: Wie soll sie es werden? Blauäugig – wir reden nur immer und reden und reden und setzen keine Handlungen! Ich ersuche Sie daher, folgenden Antrag zu unterstützen – die Fakten brauche ich nicht einzeln vorzulesen, ich werde einfach auf die Vielfalt, das Kulturelle, den kulturellen Wert, auch auf den vielleicht spirituellen Wert dieses Klosters hinweisen.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Josef A. Riemer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Weltkultur­erbe Kloster Mor Gabriel

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden dazu aufgefordert, sich in den entsprechenden internationalen Gremien – insbesondere bei der UNESCO – dafür einzusetzen, dem Kloster Mor Gabriel das Prädikat ,Weltkulturerbe‘ zu verleihen.“

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Schauen wir uns einmal an, wenn das tatsächlich gelingt, wie sich dann die Damen und Herren, hauptsächlich Herren natürlich, am Bosporus verhalten.

Die nächste Geschichte: Wenn man schon über religiöse Minderheiten spricht, dann würde ich einmal allen, auch den Damen und Herren im Nahen Osten, empfehlen, „Nathan der Weise“ von Lessing zu lesen. Darin gibt es diese schöne Ringparabel. Wäre vielleicht auch einmal im Nationalrat eine Idee, das zu diskutieren.

Wir haben nicht nur die Türkei, wir haben auch den Nahen Osten. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts hat es 20 Prozent Christen gegeben, heute gibt es nur mehr 5 Pro­zent. Der Herr Außenminister hat sich in Saudi-Arabien wirklich für viele Men­schen­rechte eingesetzt, aber ich bin überzeugt, dass er über die christliche Minderheit nicht gesprochen hat, denn, wie wir wissen, es ist ja auch ein Teil des Königshauses, der wahhabitischen Doktrin, dass alles Christliche verboten ist. Es ist verboten, Kreuze oder Bücher einzuführen – aber vielleicht kann man „Nathan der Weise“ einführen,


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