Halten Sie es nicht für problematisch – ganz persönlich gesprochen –, mit jemandem über etwas zu verhandeln, das man ihm gar nicht geben will, nämlich die Vollmitgliedschaft? Und halten Sie es nicht für notwendig, dass auf europäischer Ebene jetzt ein Beschluss herbeigeführt wird, ob man die Verhandlungen in Richtung Vollmitgliedschaft fortsetzt oder beendet und in Verhandlungen über eine privilegierte Partnerschaft überführt?
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Herr Bundesminister.
Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten Dr. Michael Spindelegger: Sehr geehrter Herr Abgeordneter, ich sage das als Außenminister und als Mensch, in beiderlei Richtung, und da gibt es nichts, was mich da in irgendeiner Weise von meiner Funktion trennt. Ich glaube, dass es notwendig ist, dass man die Ziele, die sich vor allem Österreich in Richtung dieser maßgeschneiderten Partnerschaft gesetzt hat, auch bilateral immer betont. Und ich darf Ihnen sagen, bei meinen Gesprächen mit dem türkischen Außenminister wurde da auch kein Zweifel daran gelassen, das wissen auch unsere Partner.
Man darf nur eine Partnerschaft nicht so beginnen, dass man dem anderen jeweils mit einem Prügel in der Hand begegnet, sondern eine Partnerschaft kann nur etwas sein, worauf man sich gemeinsam einmal irgendwann in der Zukunft einigt.
Darum halte ich nichts davon, jetzt von Abbruch zu sprechen und irgendwelche strikte Maßnahmen zu verordnen, sondern es geht darum, in vielen Jahren – vielleicht in zehn, fünfzehn Jahren – zu einem Ergebnis zu kommen, das auch den Intentionen Österreichs entspricht.
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete Mag. Muttonen.
Abgeordnete Mag. Christine Muttonen (SPÖ): Herr Außenminister! Deutschlands Bundeskanzlerin Merkel und Frankreichs Staatspräsident Sarkozy haben sich ja im Mai dieses Jahres gegen einen Beitritt der Türkei zur EU ausgesprochen und sind stattdessen für die sofortige Aufnahme von Verhandlungen in Richtung einer privilegierten Partnerschaft eingetreten, nachzulesen in „Le Monde“ vom 16.5.2009. Werden Sie diese Initiativen Deutschlands und Frankreichs unterstützen?
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.
Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten Dr. Michael Spindelegger: Sehr geehrte Frau Abgeordnete, ich darf genau bei dem bleiben, was ich schon gesagt habe: Entscheidend für uns ist, dass wir im Herbst dieses Jahres einen Fortschrittsbericht seitens der Kommission sehen. Dort wird genau auf die acht ganz relevanten Kapitel, was die Freizügigkeit betrifft, Bezug genommen. Und solange die Türkei nicht akzeptiert, dass es eine Bewegung von ihrer Seite geben muss, wird es auch keine Veränderung in diesem Status geben. Das heißt, es bleibt auf Eis gelegt.
Wenn es wirklich eine Veränderung in dieser Richtung gibt, wird sich die Frage stellen, ob man zu einem anderen Schritt kommt. Dazu ist die Türkei aber derzeit nicht bereit, und wir werden sehen, welche Initiativen daher von diesem Zustandsbericht der Kommission ausgehen werden.
Ich kenne aber keine konkrete Initiative im Außenministerrat von deutscher oder französischer Seite, die dem, was Sie zitiert haben, Leben einhauchen würde.
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Glaser, bitte.
Abgeordneter Franz Glaser (ÖVP): Sehr geehrter Herr Außenminister! ÖVP-Europapolitiker wie der ehemalige Bundeskanzler Schüssel oder die ehemalige Außenministerin Plassnik waren Vorreiter und haben auch erreicht, dass der Verhandlungsprozess
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