13.09

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ich glaube, eines zeigt die beleidigte Haltung der ÖVP ganz klar: dass der Untersuchungsausschuss erfolgreich war.

Dieses Wehklagen, schon wenn man nur zum Pult geht (Zwischenruf des Abg. Michael Hammer) und irgendwie die Errungenschaften dieses Untersuchungsausschusses darlegen möchte, dieses Raunen in den Reihen der ÖVP zeigt, wie hektisch die ÖVP eigentlich ist. (Abg. Hanger: Na komplett! – Heiterkeit des Abg. Zarits.) Sie versuchen, das Instrument Untersuchungsausschuss – Präsidentin Bures hat es ja vorhin ganz klar dargelegt – schlechtzureden. (Abg. Hanger: Nein, den Umgang damit! Das ist ein bissl ein Unterschied!) Sie versuchen, das Instrument der Kontrolle schlechtzureden. Sie vertuschen, Sie decken zu. Das steht bei Ihrer Fraktion ganz klar im Vordergrund, und das ist sehr, sehr beschämend. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Stögmüller.) Für uns ist eines ganz klar: Ein selbstbewusstes Parlament muss hier im Vordergrund ste­hen, und das natürlich auch bei Untersuchungsausschüssen. (Abg. Hanger: Das geht auch respektvoll, oder?!)

Nun zum Thema Liveübertragungen – wenn wir schon von Respekt reden, Herr Kollege Hanger –: Ein Finanzminister Gernot Blümel konnte oder wollte sich 86 Mal nicht erinnern, ein Bundeskanzler Kurz konnte oder wollte sehr einfache Fragen zu vorge­legten Unterlagen nicht beantworten, und aktuell laufen Ermittlungen gegen den Kanzler – wir alle wissen es – aufgrund von Falschaussagen im Untersuchungsausschuss. Auf der anderen Seite: ein Parlamentspräsident, der Untersuchungsausschüsse ständig schlecht­geredet hat, ständig beispielsweise die Wahrheitspflicht in Untersuchungsausschüssen angegriffen hat, gefordert hat, dass diese abgeschafft gehört. (Abg. Haubner: Da muss man schon bei der Wahrheit bleiben!)

Wenn sich die ÖVP hier herausstellt und Persönlichkeitsrechte einfordert, dann kann ich nur sagen: Her mit den Liveübertragungen! Beenden wir diesen Mythos, denn niemand interessiert sich für private Termine, private Vorhaben, private Vorlieben. Was wir aber sehr wohl wissen wollen, ist, wenn sich ein Kanzler in seiner Funktion mit Großspendern trifft, wenn sich ein Kanzler in seiner Funktion Termine abseits der Medienspektakel ausmacht und wenn ein Generalsekretär Ausschreibungen zu seinem eigenen Wohl umschreibt, persönlich daran in irgendeine Richtung herumdoktert. Warum? – Weil wir unserer Kontrollfunktion als Parlamentarierinnen und Parlamentarier nachkommen wollen, weil wir unsere Kontrollfunktion wahr- und ernst nehmen wollen – das ist uns wichtig (Zwischenruf der Abg. Baumgartner) –, weil es relevant für den Untersuchungs­gegenstand und relevant für die Bevölkerung ist.

Es bringt auch niemand Auskunftspersonen in Bedrängnis. Wir stellen klare Fragen, die teilweise auch mit Ja oder Nein zu beantworten sind, und bekommen haben wir – das kann man beispielsweise auch in den Ibizatapes nachhören, die Zackzack veröffentlicht hat – süffisante Gegenfragen, ausschweifende Antworten, die weder mit der Sache noch mit dem Thema irgendetwas zu tun haben.

Ein sehr eindrückliches Beispiel diesbezüglich war die Befragung des Bundeskanzlers rund um den Komplex Spenden von Privatklinikenbetreibern. Die ÖVP hat im Wahl­kampf 2017 Spenden bekommen, auch die FPÖ – schwuppdiwupp, haben wir gesehen, hat Türkis-Blau den Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfonds um mehrere Millionen Euro aufgestockt. Auf die einfache Frage, ob der Kanzler das Unternehmen kennt, das der ÖVP da gespendet hat, haben wir nur ein geringschätzendes: Na ja, „Sie werden mich gleich aufklären“!, als Antwort bekommen. Eine einfache Frage – eine süffisante Antwort, die genau gar nichts mit einem würdigen Umgang mit dem Parlament zu tun hat, liebe Kolleginnen und Kollegen, eigentlich eine verhöhnende Ablehnung gegenüber diesem Hohen Haus, die sehr beschämend für den Kanzler war.

Für uns ist deshalb eines ganz klar: Es braucht die Liveübertragung von Unter­suchungs­ausschüssen. Zum Glück sind alle Fraktionen dafür, wie man anhand diverser Zitate sehen konnte: Die ÖVP spricht sich dafür aus – Herr Abgeordneter Hanger im „Standard“ am 24. Juni –, aber auch Abgeordnete Tomaselli in den „Vorarlberger Nachrichten“ am 17. Juli, Kollege Hafenecker im ORF am 1. Juli, Kollegin Krisper im „Mittagsjournal“ am 8. April und natürlich unser Kollege Jan Krainer, der das von Anfang an gefordert hat; deswegen darf ich folgenden Entschließungsantrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Stärkung der Transparenz, Weiterentwicklung des Parlamentarismus, Liveübertragung der Befra­gungen von Auskunftspersonen, die im öffentlichen Interesse stehen, in parlamen­tari­schen Untersuchungsausschüssen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Es besteht Übereinstimmung zwischen den Fraktionen, dass Liveübertragungen bei der Befragung von Auskunftspersonen, im Rahmen eines Untersuchungsausschusses, die im öffentlichen Interesse stehen, künftig ermöglicht werden sollen.

Um im Vorfeld dieser geplanten Änderung der VO-UA die Notwendigkeiten einerseits im Zusammenhang mit dem Schutz von Grund- und Persönlichkeitsrechten von Auskunfts­personen im Untersuchungsausschuss und andererseits mit den berücksichtigungs­würdigen Aspekten auf Seiten der Justiz auszuloten, werden die Bundesministerin für Justiz und die Bundesministerin für Verfassung und Europa aufgefordert, für diesbe­zügliche zeitnahe Gespräche informierte Expert*innen in eine von der Parlaments­direk­tion (Rechts-, Legislativ- und Wissenschaftlicher Dienst/RLW-Dienst) einzuberufenden Arbeitsgruppe zu entsenden, um so zu einer ausgewogenen und die Interessen aller Betroffenen berücksichtigenden Lösung zu kommen.“

*****

Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Stögmüller. – Abg. Leichtfried: Das war ein guter Antrag! – Abg. Haubner: ... Selbstlob ...!)

13.15

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Jörg Leichtfried,

Kolleginnen und Kollegen

betreffend „Stärkung der Transparenz, Weiterentwicklung des Parlamentarismus, Live­übertragung der Befragungen von Auskunftspersonen, die im öffentlichen Interesse ste­hen, in parlamentarischen Untersuchungsausschüssen“

eingebracht im Zuge der Debatte zu Top 1 betreffend den Bericht des Untersuchungs­ausschusses betreffend 1/US ~ (XXVII. GP) auf Einsetzung eines Untersuchungsaus­schusses gemäß § 33 Abs. 1, 2. Satz GOG-NR der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen betreffend mutmaßliche Käuflichkeit der türkis-blauen Bundesregierung (Ibiza Untersuchungsausschuss) (1040 d.B.)

Transparenz gewinnt in der Politik immer mehr an Bedeutung und ist für die Glaub­würdigkeit der Politik selbst ein wichtiger Maßstab. Soweit wie möglich, muss es den Bürgerinnen und Bürgern möglich sein, sich politische Informationen und insbesondere Informationen über die parlamentarische Arbeit unmittelbar zu beschaffen, ohne das zwangsweiße Medien dazwischengeschaltet sind.

Wie internationale und europäische Beispiele zeigen, gilt dies in besonderem Ausmaß für Untersuchungsausschüsse und ähnliche Einrichtungen. Es ist nicht mehr zumutbar, dass im Jahr 2021 den Bürgerinnen und Bürgern nicht das Recht eingeräumt wird, die Befragung von Auskunftspersonen, die im öffentlichen Interesse stehen, unmittelbar und live zu erleben. Nur so können die Bürger*innen sich selbst ein Bild von den Befragungen und den Antworten machen, Untersuchungsausschüsse würden dadurch deutlich aufgewertet werden.

Alle Fraktionen haben beschlossen, Ausschusssitzungen, in welchen Expertinnen und Experten angehört werden, über Livestream den Bürgerinnen und Bürgern anzubieten. Es ist daher naheliegend, dass dies nicht nur für Anhörungen von Expert*innen, sondern auch für Anhörungen von Auskunftspersonen, die im öffentlichen Interesse stehen, in den Untersuchungsausschüssen gelten soll. Eine Grenze muss dort gezogen werden, wo Personen befragt werden, deren Privatsphäre zu schützen ist. Die öffentliche Befragung soll daher nur für Spitzenpolitikerinnen und Spitzenpolitiker sowie für hohe öffentliche Bedienstete mit Leitungsfunktionen oder andere Personen, denen Leitungs­funktionen zukommen, gelten.

Um eine rasche Umsetzung zu ermöglichen, soll der Entwurf von einer unabhängigen und für diese Angelegenheit kompetenten Einrichtung erstellt werden.

Darüber hinaus haben sich für dieses Vorhaben bereits öffentlich im Rahmen des Ibiza-Untersuchungsausschusses Vertreter*innen der Parlamentsfraktionen ausgesprochen; einer raschen Umsetzung sollte daher nichts im Wege stehen.

Aus dem Archiv:

„Die ÖVP könne sich Live-Übertragungen“ künftig vorstellen, um wieder Kultur in Unter­suchungsausschüsse zu bringen“ Abg. Andreas Hanger, ÖVP-Fraktionsvorsitzender im Ibiza-UsA, der Standard, 24. Juni 2021.

„Meiner Meinung hat sich das Minderheitsrecht, sowie es ist, bewährt. Der einzige Wehr­mutstropfen ist, dass es keine Live-Übertragung gibt, das würden wir Grünen gerne ändern.“ Abg. Nina Tomaselli, Grüne-Fraktionsvorsitzende im Ibiza-UsA,

VN, 17. Juli 2021.

„Deswegen wäre aus meiner Sicht auch so wichtig, dass der Untersuchungsausschuss in Zukunft öffentlich übertragen wird, einfach um diese Show auch zu zeigen, die hier abgehalten worden ist.“ Abg. Chrisian Hafenecker, FPÖ-Fraktionsvorsitzender im Ibiza-UsA, ORF, ZIB 2, 1. Juli 2021.

„Wir setzten uns schon lange ein für die Veröffentlichung von Untersuchungs­aus­schüssen, insbesondere beginnend bei der Befragung von ehemaligen und derzeitigen Regierungsmitgliedern, sei es auf Bundes- oder Landesebene.“ Abg. Stephanie Krisper, NEOS-Fraktionsvorsitzende im Ibiza UsA, ORF, Mittagsjournal, 8. April 2021.

„Krainer will Live-Befragungen nur für Spitzenpolitiker, ansonsten könne man zeitver­setzt übertragen, um Zusehenden endlose Geschäftsordnungsdebatten zu ersparen.“

Abg. Jan Krainer, SPÖ-Fraktionsvorsitzender im Ibizs-UsA, Kurier, 27. April 2021.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher in Hinblick auf diesen von allen fünf Fraktionen ausgesprochenen Willen folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Entschließung

„Es besteht Übereinstimmung zwischen den Fraktionen, dass Liveübertragungen bei der Befragung von Auskunftspersonen, im Rahmen eines Untersuchungsausschusses, die im öffentlichen Interesse stehen, künftig ermöglicht werden sollen.

Um im Vorfeld dieser geplanten Änderung der VO-UA die Notwendigkeiten einerseits im Zusammenhang mit dem Schutz von Grund- und Persönlichkeitsrechten von Auskunfts­personen im Untersuchungsausschuss und andererseits mit den berücksichtigungs­wür­digen Aspekten auf Seiten der Justiz auszuloten, werden die Bundesministerin für Justiz und die Bundesministerin für Verfassung und Europa aufgefordert, für diesbezügliche zeitnahe Gespräche informierte Expert*innen in eine von der Parlamentsdirektion (Rechts-, Legislativ- und Wissenschaftlicher Dienst/RLW-Dienst) einzuberufenden Ar­beitsgruppe zu entsenden, um so zu einer ausgewogenen und die Interessen aller Be­troffenen berücksichtigenden Lösung zu kommen.“

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Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, er ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Frau Dr. Susanne Fürst. – Bitte, Frau Abgeordnete.