14.13

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Abgeordnete Nurten Yılmaz hat zu Recht den Antrag moniert, der der grünen Fraktion die Gelegenheit gibt, ein bisschen etwas auszu­bessern, nachdem sie der Verlängerung nicht zugestimmt hat.

Das ist folgender Antrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Kai Jan Krainer, Christian Hafenecker, MA, Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Umgang mit Untersuchungsausschuss-Akten“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Mitglieder der Bundesregierung werden aufgefordert, in ihrem jeweiligen Wirkungs­bereich sicherzustellen, dass jene Akten und Unterlagen, die dem Ibiza-Untersuchungs­ausschuss vorgelegt wurden, sicher aufbewahrt und nicht vernichtet werden.“

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Nachdem unsere grünen Freunde hier bestritten haben, dass es durch das vorzeitige Ende zum großen Schreddern kommt: Jetzt ist die Gelegenheit, das durch Zustimmung zu effektuieren.

Aber zur Sache selber: Ich habe ja Angst, dass „Die Tagespresse“ nicht nur Kollegen Hanger, sondern möglicherweise auch andere ÖVP-Kollegen klagen könnte, nämlich mit der Aufforderung, eine Plakette mit der Aufschrift Satiriker zu tragen, wenn sie Aussagen zu diesem Thema machen. (Abg. Zarits: Das sagen Sie– Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das Problem ist nur, die Sache ist leider viel zu ernst. (Abg. Zarits: Der Zustand der SPÖ ist auch ernst!) Nein, den Zustand erkläre ich Ihnen gern, Herr Kol­lege. Haben Sie schon einmal nachgedacht, gegen wen derzeit als Beschuldigte ermittelt wird? Haben Sie eine Sekunde darüber nachgedacht, dass sich darunter zwei Vize­kanzler befinden, zwei Finanzminister befinden – der amtierende Bundeskanzler, der amtierende Finanzminister –, und das sind die Kinkerlitzchen? (Abg. Michael Hammer: ... Doskozil! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Da haben Sie in anderen Regionen dieser Welt - - unfass­bar! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Melchior.)

Wie oft – allein in dieser Debatte – Bezug genommen wird auf den Ausdruck: „Du bist Familie“, also das Originalzitat lautet ja – Blümel schreibt das Thomas Schmid im Februar 2019 auf einen Wunsch hin –: „Keine Sorge! Du bist Familie“. Jetzt wollen wir keinen DNA-Test mit Ihnen machen, ich bezweifle die unmittelbare Verwandtschaft (Zwischenruf bei der ÖVP), sondern wir müssen uns diesem Begriff ein bisschen nähern. Staat im Staate haben einige hier gesagt. (Zwischenruf des Abg. Stögmüller.) Das war schon Spinoza, der die Frage des „imperium in imperio“ hatte, wenn man nämlich inner­halb einer Gesellschaft eine eigene Organisation aufbaut, mit dem Ziel, alle anderen zu steuern.

Wo haben wir andere Begriffe für Familie? Schauen wir in Wikipedia: Die Familie ist dabei die Basisorganisation [...], die ein Territorium kontrolliert (eine Ortschaft, ein Gebiet von Ortschaften oder ein Stadtviertel). Die Größe der einzelnen Familien variiert stark.“ (Abg. Hanger: Sensationelle Rede!) Wissen Sie, wofür das (ein Schriftstück in die Höhe haltend) der Wikipedia-Eintrag ist? Zum Thema Cosa Nostra. (Heiterkeit bei Abgeord­neten der ÖVP.) Und ehrlich gesagt, liebe Freunde von der ÖVP, dort will ich keine einzige Partei in diesem Hause sehen (Zwischenruf des Abg. Gerstl), vor allem nicht eine, die zu jenen zählt, die an der Wiedererrichtung der Republik beteiligt waren.

Sie müssen aufpassen, wo Sie hinkommen! Damals, als dieses Projekt Ballhausplatz umgesetzt wurde – jetzt schaue ich auf die wenigen Überlebenden der schwarzen ÖVP, die es noch gibt (Abg. Michael Hammer: Was ... muss raus!), schaue ich auf die wenigen Überlebenden –, da hätte es euch schon auffallen müssen! Jemand, der nur Partei­obmann wird, wenn er bis zur Landesliste hinunter bestimmen kann, wer es wird, und dann der große Austausch stattfindet (Ruf bei der ÖVP: Das geht euch eh nichts an! weitere Zwischenrufe bei der ÖVP) – da hättet ihr euch schon erstmals Sorgen machen müssen, und zwar nicht über die Österreichische Volkspartei, sondern über das Land. (Beifall bei der SPÖ. Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Und es geht immer weiter. Was wir hier sehen, ist eine Gruppe, die diesen Begriff Familie nützt; sie hat die ÖVP übernommen, sie hat das Land übernommen und sie will auf diesem Wege weitermachen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Und dazu würde sie am liebsten auch die Justiz abdrehen und den Untersuchungsausschuss abdrehen und alle Instrumente abdrehen. Warum, Herr Kollege Hanger, machen Sie sich zur nützlichen Schachfigur? Emanzipieren Sie sich doch davon! (Heiterkeit bei Abgeordneten der ÖVP.) Sebastian Kurz ist nicht der Generalissimo. Und da Sie lachen: Reden Sie einmal mit Ihren Kollegen, den Republikanern, wie weit die gekommen sind, wenn eine Partei übernommen wird (Abg. Pfurtscheller: Na bitte! Abg. Wöginger: So ein Blödsinn! Geh, jetzt hör einmal auf, jetzt tut’s dann einmal! weitere Zwischenrufe bei der ÖVP) – ob sie noch frei abstimmen können, ob das Kapitol untersucht wird.

Fragen Sie sie einmal! Reden Sie mit den ehemaligen Parteikollegen von der Fidesz! (Abg. Wöginger: Es reicht jetzt!) Sprechen Sie mit denen! (Abg. Wöginger: Übernom­men wird, ja, kannst eh ...!) – Wie sollen wir es – wenn man ein Projekt über zwei Jahre hat – denn sonst nennen? (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ. Abg. Wöginger: Ein so ein Schwachsinn!) – Der Herr Wöginger, der nicht dabei war, als wir den Mitterlehner gehört haben (Abg. Wöginger: Ja, ja!), wie es abgelaufen ist. Fragt Reinhold Mitterlehner! Anstand und Haltung haben nicht gewonnen in der ÖVP, leider ist es das Gegenteil. (Abg. Wöginger: Das kannst in der SPÖ-Sitzung erzählen, den Quargel da! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich wünsche der ÖVP, dass sie sich eines Tages davon befreien kann (Zwischenruf des Abg. Melchior), und zwar befreien kann, bevor sie das Schicksal der Democrazia Cristiana der Achtzigerjahre erleidet. Dort hat es auch so angefangen (Abg. Wöginger: Das kannst daheim erzählen, den Quargel da! – weitere Zwischenrufe bei der ÖVP), da wurde auch die Justiz beschimpft und am Ende hat das Land keine DC mehr gehabt, sondern den Berlusconi. (Abg. Wöginger: Ja, ja!) Das wünsche ich mir nicht! (Beifall bei der SPÖ.)

Daher meine Bitte: Die jungen Burschen, die das übernommen haben (Abg. Wöginger: Ja, ja, um das geht es ja!), entfernen und durch Fachleute ersetzen! (Abg. Wöginger: Um das geht es ja, net!?) Danke, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Michael Hammer – in Richtung SPÖ –: Passt auf, dass ihr am Sonntag nicht wieder eine am Deckel kriegt! Sonntag geht es wieder bergab mit der SPÖ!)

14.19

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Krainer, Hafenecker, Krisper, KollegInnen

betreffend Umgang mit Untersuchungsausschuss-Akten

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 1) Bericht des Untersuchungsausschusses betreffend mutmaßliche Käuflichkeit der türkis-blauen Bundesregierung (Ibiza-Unter­suchungsausschuss) (1/US) gemäß § 51 VO-UA (1040 d.B.)

Der Ibiza-Untersuchungsausschuss wurde mit heutigem Tag beendet. Damit fällt auch die Rechtsgrundlage weg, die den Nationalrat dazu berechtigt, über die dem Unter­suchungsausschuss vorgelegten Akten und Unterlagen zu verfügen. Je nach Wunsch der vorlegenden Stelle werden die Akten nunmehr von der Parlamentsdirektion an diese zurückgestellt oder anderenfalls unmittelbar vernichtet.

Dem Ausschuss standen insgesamt 2,7 Millionen Aktenseiten zur Verfügung. Die genaue Anzahl der nur in Papierform verfügbaren Akten ist nicht bekannt, da über in höheren Geheimhaltungsstufen gelieferte Akten keine Auskunft gegeben werden darf. Es dürfte sich schätzungsweise jedoch um ca. 5% der Akten handeln.

Die Vernichtung all dieser Akten stellt zunächst eine enorme Ressourcenvergeudung dar, da durch die Vernichtung nicht nur das jeweilige Papier verloren geht, sondern auch großer Zeitaufwand und Kosten damit verbunden sind. Insbesondere im aktuellen Fall erscheint die Vernichtung völlig abwegig, weil bereits umfangreich über eine Fortführung des Ibiza-Untersuchungsausschusses diskutiert wird. Somit müssten bereits in wenigen Monaten erneut die Akten unter hohem Ressourcenaufwand hergestellt und an den Nationalrat übermittelt werden.

Die Aktenlieferungen an den Ibiza-Untersuchungsausschuss zeigten außerdem, dass vorlagepflichtige Stellen wie der Bundeskanzler und der Finanzminister nur widerwillig die dem Untersuchungsausschuss zustehenden Akten übermittelten. Erst nach mehre­ren Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und sogar nach der historisch ersten Exekution eines VfGH-Erkenntnisses durch den Bundespräsidenten gegen ein Regie­rungs­mitglied erhielt der Untersuchungsausschuss die ihm auf Grund der Verfassung zur Erfüllung seines Kontrollauftrages zustehenden Akten. Bei einer Vernichtung der Akten wäre somit die Gefahr gegeben, dass der Prozess der Durchsetzung der Akten­lieferung von vorne beginnen müsste. Dadurch wäre die Aufklärungsarbeit eines neuen Untersuchungsausschusses von vornherein behindert.

Abschließend bietet der Verzicht auf die Vernichtung der Akten für die vorlagepflichtigen Stellen, ihre eigene Effizienz zu erhöhen. Werden die Akten des Ibiza-Untersuchungs­ausschusses sicher verwahrt, ist es nicht erforderlich, den umfangreichen Sichtungs­prozess anlässlich der Einsetzung eines neuen Untersuchungsausschusses von vorne zu beginnen. Es kann auf den bestehenden Aktenbestand zurückgegriffen werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Mitglieder der Bundesregierung werden aufgefordert, in ihrem jeweiligen Wirkungs­bereich sicherzustellen, dass jene Akten und Unterlagen, die dem Ibiza-Untersuchungs­ausschuss vorgelegt wurden, sicher aufbewahrt und nicht vernichtet werden.“

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