Abgeordnete Mag. Michaela Steinacker (ÖVP): Herr Präsident! Schönen guten Mor­gen, Frau Bundesministerin! Ich möchte die heutige Fragestunde mit dem so wichtigen Thema des Unterhaltsrechts beginnen. Immer mehr Beziehungen brechen auseinander und es gilt danach, viel zu regeln. Besonders schlimm ist es natürlich dann, wenn Kinder betroffen sind. Wenn Kinder betroffen sind, kommt neben der emotionalen Seite, dass ich mich doch bestmöglich um meine Kinder kümmern will, auch die Sorge dazu, wer die Kinder betreut, wer auch einen entsprechenden Unterhalt leistet.

Bei Uneinigkeit ist das Problem, dass wir als Staat mit unseren Gesetzen da entspre­chend eingreifen und regeln müssen. Wir wollen auf der einen Seite Regeln, damit die Kinder weiter gut behütet sind, aber auch, dass ihre finanziellen Notwendigkeiten gut abgedeckt sind. Wir haben uns daher im Regierungsprogramm darauf verständigt, ver­schiedene Regelungen neu zu formulieren, zu modernisieren, das Unterhaltsverfahren schneller zu machen, die Bemessung des Unterhalts schneller und konkreter zu ma­chen, aber auch darauf, dass geleistete Unterhaltsvorschüsse von denen, die da sozu­sagen ein Goodie bekommen haben, auch wieder zurückgefordert werden können.

Frau Bundesministerin, Sie haben uns erzählt, Sie haben eine Arbeitsgruppe dazu ein­gesetzt. Meine diesbezügliche Frage lautet:

Wie schauen denn die Vorschläge dieser Arbeitsgruppe aus? Gibt es da schon ganz konkrete Überlegungen?

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Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 134/M, hat folgenden Wortlaut:

„Können Sie uns bereits jetzt Eckpunkte der Reform im Unterhaltsrecht nennen?“

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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Ministerin.

Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Vielen Dank für diese sehr wichtige Frage. Sie haben ja schon ein paar wichtige Eckpunkte genannt. Das Justizmi­nisterium arbeitet sehr intensiv an der sogenannten Kindschaftsrechtsreform. Ein wichtiger Baustein dieser Reform – wie Sie es auch richtig gesagt haben – ist natürlich das Unterhaltsrecht. Wir haben uns im Regierungsprogramm darauf verständigt, dass wir das rascher machen, dass wir das Unterhaltsrecht beschleunigen können, also die Unterhaltsverfahren beschleunigen. Es trägt ja auch wesentlich zur Rechtssicherheit bei, wenn wir im Vorhinein wissen, wie lang das denn ungefähr dauern wird, denn wir haben jetzt zig Meldungen, dass Unterhaltsverfahren sehr lange dauern, dass die Leute im Vor­hinein nicht wissen, welcher Unterhalt ihnen zusteht. Für diese Rechtssicherheit wird es notwendig sein, das Unterhaltsrecht zu reformieren und eben auch eine umfassende Kindschaftsrechtsreform durchzuführen.

Wir haben einen umfassenden partizipativen Prozess gestartet, denn wie Sie eingangs auch erwähnt haben, ist es ein sehr sensibles und auch sehr emotionales Thema. Es betrifft wirklich viele Paare, die sich trennen, und wenn Kinder da sind, ist es dann immer sehr schwierig und emotional sehr herausfordernd. Daher haben wir auch sehr viele Organisationen eingeladen, Kinderorganisationen, Kindeswohlorganisationen, Frauen­organisationen, Väterrechtler, aber auch Uniprofessoren, um gemeinsam diese umfas­sende Reform zu erarbeiten. In diesem Bereich gilt es umso mehr, dass man an ver­schiedenen Schrauben drehen muss, um das Ganze auch gut zu gestalten.

Weil Sie ein paar Eckpunkte genannt haben: Im Wesentlichen geht es auch darum, das endlich einmal auch gesetzlich zu verankern. Dadurch, dass wir fehlende Gesetze ha­ben, haben wir in dem Zusammenhang eine Art Richterrecht. Deswegen geht es ja auch darum, dass wir vieles, was eigentlich schon gilt, einmal gesetzlich festschreiben, damit man im Vorhinein auch ins Gesetz schauen und sehen kann: Okay, was steht mir zu? Was sind die Regelungen, die da zur Anwendung kommen?

Dem Kind soll auch ein zivilrechtlicher Anspruch zustehen. Sie haben es vorhin auch genannt, eben diesen bevorschussbaren Mindestunterhalt. Also da sollte natürlich auch ein originärer Anspruch des Kindes gegeben sein, denn in erster Linie geht es ja ums Kindeswohl. Im Rahmen dieser Reform steht das Kindeswohl im Zentrum, und daran wollen wir uns auch orientieren.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Steinacker? – Bitte.

Abgeordnete Mag. Michaela Steinacker (ÖVP): Ja, Frau Bundesministerin, wir werden Austauschmöglichkeiten haben. Ich möchte in diesem Zusammenhang ein Thema an­sprechen, das ganz speziell ist, nämlich die Situation, wenn in Familien verschiedene Nationalitäten betroffen sind oder staatenübergreifende Themen abgehandelt werden müssen. Da greift das internationale Privatrecht. Das sieht im Moment vor, dass eben nach dem Personalstatut der Familienangehörigen entsprechend entschieden wird. Das heißt, dass in Österreich manchmal auch fremdes Familienrecht zur Anwendung kommt.

Wir haben uns im Regierungsprogramm vorgenommen, dass wir dieses Personalstatut durch den Anknüpfungspunkt gewöhnlicher Aufenthalt dadurch austauschen, dass wir sagen: Wer hier in Österreich lebt, für den sind auch diese Familiengesetze anzuwen­den. Eine diesbezügliche Vorlage fehlt noch. Wann werden Sie uns diese ins Parlament schicken?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Ministerin, bitte.

Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Sie haben die Novellierung des internationalen Privatrechts angesprochen. Das erfolgt auch schrittweise, weil das in­ternationale Privatrecht eben auch an anderen Materiengesetzen hängt.

Der erste Schritt wurde bereits mit der Einführung des gewöhnlichen Aufenthalts als An­knüpfungspunkt für die gesetzliche Erwachsenenvertretung gesetzt. Das ist eben die Novelle des § 15. Gemeinsam mit der Reform zum Unterbringungsgesetz ist es jetzt gerade in der politischen Abstimmung. In diesem Zusammenhang gibt es auch viele weitere Schritte zu setzen. Was das Familienrecht im Bereich des IPRG betrifft, so sind wir gerade dabei, dies einer weiteren Analyse zu unterziehen, denn es wird sich auch auf europäischer Ebene einiges verändern, und das wollen wir miteinfließen lassen. Aber wie gesagt, die Novellierung des IPRG erfolgt schrittweise, und wir werden das gemein­sam mit den anderen Materiengesetzen vorantreiben. Das steht bei uns im Regierungs­programm und wir haben uns auch darauf geeinigt.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Weitere Zusatzfrage: Frau Abgeordnete Neßler. – Bitte sehr.

Abgeordnete Barbara Neßler (Grüne): Guten Morgen, Frau Ministerin! Sie haben es schon angesprochen, es wird aktuell in Form eines großen, partizipativen Prozesses, bei dem alle relevanten Organisationen dabei sind, an dem neuen Kindschaftsrecht ge­arbeitet. Meine Frage dazu: Wie berücksichtigen Sie die feministischen Ziele in der Re­form und wie stärken Sie die Stellung der Frau?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Ministerin, bitte.

Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Das große Ziel dieser Reform, und deswegen ist so ein breiter, partizipativer Prozess auch sehr wichtig, ist, dass es natürlich eine fortschrittliche Reform ist und auch eine feministische Reform, bei der auch das Kindeswohl im Mittelpunkt steht und wir diese Punkte auch berücksichtigen. Ein we­sentlicher Aspekt der Reform soll natürlich auch der Schutz der gewaltbetroffenen Frauen sein, denn wir wissen ja jetzt, dass es immer wieder Stellen gibt, wo Probleme auftauchen, immer wieder Schwierigkeiten, gerade in gewaltbetroffenen Beziehungen. Da haben wir ganz viele Rückmeldungen von Frauenorganisationen, aber auch von Kin­deswohlorganisationen. Ich möchte in diesem Gesetz auch einen ordentlichen Gewalt­schutz für Frauen haben.

Zusätzlich möchte ich aber auch, dass es eine feministische und eine fortschrittliche Re­form wird. Was bedeutet das? – Das bedeutet, dass wir auch diese Carearbeit endlich ordentlich aufteilen müssen. Das ist natürlich ein Wunschgedanke und lässt sich nicht immer nur mit einem Gesetz machen, aber wir können endlich die Schritte setzen, um diese Carearbeit, die in Österreich überwiegend von Frauen getragen wird, besser auf­zuteilen – wenn man sich die Statistiken anschaut, dann sind wir irgendwo auf dem letzten Platz. Wir müssen da auch gesetzlich nachhelfen, damit das Gesetz in diesem Bereich auch endlich progressiver wird.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Weitere Zusatzfrage: Frau Abgeordnete Holzleit­ner. – Bitte sehr.

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Guten Morgen, Frau Ministerin! Meine Frage richtet sich auch in diese Richtung, zu diesem Paket: Wir wissen, die Auf­teilung der Carearbeit muss eigentlich bei der Geburt des Kindes anfangen und nicht erst bei der Trennung. Also das, glaube ich, ist eher der Ansatz, wo man beginnen sollte. Feministische Punkte müssen auf jeden Fall in dieses Paket eingebunden werden. Wenn Sie sagen, Sie verhandeln mit Väterrechtlern, die absolut problematisch sind, dann schrillen da für uns auf jeden Fall Alarmglocken. Deswegen meine Frage:

Wenn Sie mit problematischen Väterrechtlern verhandeln, aber nicht mit den Parla­mentsparteien hier in diesem Hohen Haus, wann binden Sie uns endlich in dieses Paket ein und wann wird dieses Paket, dieses umfassende Paket in Begutachtung geschickt? Denn so, wie gesagt, ist das für uns einfach keine Vorgehensweise, die wir unterstützen können. (Beifall bei der SPÖ.)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Ministerin, bitte.

Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Sie haben in einem Punkt voll­kommen recht, die Aufteilung der Carearbeit fängt schon bei der Geburt und eigentlich auch schon viel früher an. Das ist auch eine gesamtgesellschaftliche Veränderung, die wir gemeinsam anstreben sollen und die wir gemeinsam anstreben müssen. Es lässt sich nicht, wie Sie richtig gesagt haben, mit einem Gesetz umsetzen. Die Aufteilung der Carearbeit, nämlich dass Frauen und Männer wirklich zu gleichen Teilen diese Carear­beit verrichten, das müssen wir alle gemeinsam machen.

Wenn Sie die Reform an sich ansprechen, da haben Sie auch vollkommen recht: Die Reform müssen wir selbstverständlich gemeinsam im Parlament verhandeln. Die Re­form ist noch lange nicht fertig, weil es, wie gesagt, ein partizipativer Prozess ist, in den ganz viele Organisationen eingebunden sind. Mit den Organisationen wird nicht ver­handelt, sondern die Organisationen bringen Aspekte aus der Praxis mit ein. Das sind ganz viele Organisationen. Verhandeln tun wir es natürlich auf politischer Ebene. Jetzt sollen einmal aus diesem partizipativen Prozess Vorschläge kommen, und wir werden das auf politischer Ebene gemeinsam abstimmen.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeordnete Yildirim. – Bitte.