Abgeordnete Mag. Selma Yildirim (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Ich finde das erfreulich, dass Sie der Korruption den Kampf angesagt haben und für eine unab­hängige Justiz sorgen möchten. Bei diesem Vorhaben kann man Sie nur unterstützen.

Sie haben Mitte August des vergangenen Jahres medial aufhorchen lassen, als Sie ge­sagt haben, dass ein Erlass überarbeitet werden soll, nämlich ein Immunitätserlass aus dem Jahre 2009, erlassen in Ihrem Ressort, der besagt, dass Tätergruppen, in denen eine immune Person – also ein Abgeordneter, der immun ist – involviert ist, ebenso Im­munität genießen, mit dem Unterschied, dass bei den Mittätern die Verfolgungsverjäh­rung nicht gehemmt ist, während der Abgeordnete durch die Immunität geschützt und eine Verjährungshemmung gegeben ist. Was ist jetzt aus diesem Immunitätserlass ge­worden?

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Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 131/M, hat folgenden Wortlaut:

„Wann werden Sie, wie im Sommer des Vorjahres angekündigt, den neuen Immunitäts­erlass in Kraft setzen, um die Korruptionsbekämpfung zu stärken?“

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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.

Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Die Ergänzung zum Immunitäts­erlass habe ich im Sommer angesprochen, weil wir auch anhand von Rückmeldungen von den Staatsanwaltschaften gesehen haben, dass man, gerade wenn nicht immune Tatbeteiligte in dem ganzen Verfahren beteiligt sind, auch gegen diese ermitteln muss – also es kann nicht sein, dass es dann, weil eben immune Tatbeteiligte bei der Tat dabei sind und keine Ermittlungshandlungen gesetzt werden können, zu einer Verjährung kommt. Daher war und ist es auch wichtig, diesen Immunitätserlass zu reformieren, um eben die Ermittlungen gegen nicht immune Tatbeteiligte zu ermöglichen.

Wir haben das in meinem Haus, im Justizministerium, vorbereitet, und es haben auch bereits Gespräche mit der Parlamentsdirektion stattgefunden. Das ist auch deswegen wichtig, weil es ja natürlich die Parlamentarier und das Parlament betrifft; daher war es mir wichtig, diesbezüglich Gespräche mit der Parlamentsdirektion zu führen. Ich werde auch in den nächsten Tagen den Parlamentsfraktionen und auch der Parlamentsdirek­tion einen überarbeiteten Erlass übermitteln, sodass wir das endlich verabschieden können.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.

Abgeordnete Mag. Selma Yildirim (SPÖ): Ich würde sehr gerne eine Zusatzfrage stel­len, Herr Präsident: In Sachen Korruptionsbekämpfung ist ja auch diese EU-Whistle­blowerrichtlinie relevant. Österreich ist da säumig, die Kommission hat ein Vertragsver­letzungsverfahren gegen Österreich eingeleitet. Wann gedenken Sie beziehungsweise Ihre Kolleginnen und Kollegen auf der Regierungsbank, dem Parlament eine Gesetzes­vorlage zuzuleiten, dass auch auf dieser Ebene Korruptionsbekämpfung effektiv passie­ren kann?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.

Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Sie sprechen eine sehr wichtige Richtlinie an. Ich möchte nur erwähnen, dass diese Richtlinie im Zuständigkeitsbereich des Arbeitsministers liegt, wir aber diesbezüglich in einem intensiven Austausch sind und das Ganze jetzt auch auf politischer Ebene verhandelt wird. Ich gehe also davon aus, dass der Arbeitsminister das sehr bald dem Parlament zuführen wird beziehungs­weise es in die Begutachtung schicken wird, sodass sich dann alle äußern können.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Eine Zusatzfrage stellt Abgeordneter Ofenauer. (Bundesministerin Zadić schenkt sich ein Glas Wasser ein und trinkt.) – Dafür muss Zeit sein. Bitte, Herr Abgeordneter Ofenauer, die Zusatzfrage.

Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Herr Präsident! Guten Morgen, Frau Bundesministerin! Private Kommunikation genauso wie Kommunikation im Zusammen­hang mit einer politischen Tätigkeit findet ja mittlerweile großteils über elektronische Kommunikationsmittel statt. Die angesprochene Immunität von Abgeordneten umfasst auch die Notwendigkeit, vor einer Hausdurchsuchung bei einem Abgeordneten um Zu­stimmung des Nationalrates zu ersuchen. Jetzt wissen wir, dass auf solchen elektroni­schen Kommunikationsmitteln, wie Smartphones und so weiter, mittlerweile mehr Infor­mationen vorhanden sind als früher in einem Büro, wo Briefe oder schriftliche Unterlagen aufbewahrt wurden. Ich denke deshalb, dass der Begriff der Hausdurchsuchung auf die Durchsuchung beziehungsweise Abnahme von solchen Smartphones oder elektroni­schen Kommunikationsmöglichkeiten erweitert werden sollte.

Welche Maßnahmen werden Sie in diese Richtung setzen, und wie sehen Sie das?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.

Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Der Bereich, den Sie ansprechen, betrifft ja die außerparlamentarische Immunität, und der Begriff der Hausdurchsuchung im Sinne des B-VG – das steht in Artikel 57, den Sie auch angesprochen haben – ist nach der Bundesverfassung ein Eingriff in das Hausrecht. Die Sicherstellung von elektro­nischen Kommunikationsmitteln fällt nach der heutigen Ansicht nicht unter diesen Begriff. Eine Auslieferung im Sinne des Art. 57 Abs. 2 B-VG bedürfte somit im Ergebnis, dass das Kommunikationsmittel im Zuge einer Hausdurchsuchung beim Abgeordneten sichergestellt werden soll. Das gilt für die Hausdurchsuchung selbst nicht, aber für die Sicherstellung, wie Sie das vorhin auch erwähnt haben.

Es hat schon zahlreiche Novellierungen dieser Bestimmung gegeben, und das Haus­recht wurde in dem Zusammenhang nicht erweitert. Für eine Ausdehnung des Anwen­dungsbereichs dieser Bestimmung bedürfte es natürlich dann einer Novellierung des B-VGs. Das ist dann eine Verfassungsbestimmung und, wie Sie wissen, auch nicht in mei­nem Wirkungsbereich.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Eine Zusatzfrage stellt Abgeordneter Margreiter. – Bitte sehr.

Abgeordneter Dr. Johannes Margreiter (NEOS): Guten Morgen, Frau Bundesminis­terin! Die Korruptionsbekämpfung zu stärken ist ein Thema im Regierungsprogramm. Sie haben vorhin auf die Frage der Kollegin Yildirim schon ausgeführt, dass einer der zentralen Tatbestände in der Korruption im Bereich Privatwirtschaftsverwaltung der Ge­bietskörperschaften der Untreuetatbestand, § 153 StGB, ist. Dieser findet auch eine ei­gene Erwähnung im Regierungsprogramm; es soll also der Untreuetatbestand evaluiert und geprüft werden.

Die Frage an Sie lautet: Inwieweit ist mit dieser Evaluierung schon begonnen worden? Wie weit ist sie fortgeschritten? In welche Richtung soll dieser Untreuetatbestand im Sinne der Stärkung der Korruptionsbekämpfung noch geschärft werden?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.

Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Wir evaluieren unsere Gesetze, aber auch unsere Erlässe im Bereich der Staatsanwaltschaft auch im Sinne der Korrup­tionsbekämpfung und wie wir die Korruptionsbekämpfung weiter stärken können, lau­fend und immer wieder. Insofern haben wir ja auch die Korruptionsbestimmungen nach­geschärft und diese auch in die politische Abstimmung geschickt – aus dem Justiz­ministerium liegen ja Reformvorschläge zum Untreuetatbestand vor. Das ist der Schritt, den wir als Nächstes setzen werden.

Wir haben uns bis jetzt auf die tatsächlichen Korruptionsbestimmungen und auch auf die Entlastung der Staatsanwaltschaft fokussiert – Stichwort Berichtspflichtenerlass – und haben natürlich stärkere Möglichkeiten in dem Zusammenhang, daher werden wir als Nächstes quasi auch diesen Untreuetatbestand angehen.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Herr Abgeordneter Schnedlitz. – Bitte sehr.