17.38

Abgeordnete Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Frauenministerin! Frau Staatssekretärin! Herr Vizekanzler! Sehr geehrte Herren Minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Egal, mit welchen Waffen ein Krieg geführt wird, es gibt keine Sieger. Um es noch mit anderen Worten von Bertha von Suttner zu beschreiben: Am Ende bleiben immer „Erschöpfung, Vernichtung auf beiden Seiten.“

Der Weltfrauentag, den wir heute zum 111. Mal begehen, dient immer – das hat Kollegin Holzleitner vorhin auch gesagt – auch dazu, Solidarität mit allen Frauen dieser Welt zu bekunden. Heute steht er natürlich ohne Zweifel unter dem Eindruck der furchtbaren krie­gerischen Handlungen in der Ukraine. Die Ukrainerinnen leisten derzeit Über­menschliches. Sie kümmern sich um betagte Menschen, sie kümmern sich um Kranke, sie kümmern sich um ihre Kinder, sie leisten humanitäre Hilfe oder sie leisten auch aktiven Widerstand gegen den brutalen Angriffskrieg von Putin. Das ringt mir sehr, sehr großen Respekt ab. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

Andere haben sich zusammen mit ihren Kindern und älteren Familienmitgliedern zur Flucht entschlossen, sie müssen ihre Männer, Väter und Brüder in der Ungewissheit zurücklassen und wissen nicht, ob sie sie noch einmal lebend wiedersehen werden. Sie begeben sich auf eine Flucht, auf der sie ganz großen Gefahren ausgesetzt sind, und sie wissen am Ende nicht, wo sie landen werden, welches Land sie aufnehmen wird.

Zahlreiche internationale Organisationen machen immer wieder darauf aufmerksam, dass sich in bewaffneten Konflikten die Situation von Frauen und Kindern überpropor­tional verschlechtert. Solche Konflikte haben vor allem auch Auswirkungen auf die men­schenrechtliche und humanitäre Situation von Frauen und Kindern, da diese besonders vulnerabel sind. Geschlechtsspezifische Kriegsverbrechen wie zum Beispiel Vergewalti­gungen sind eine Kriegstaktik und betreffen natürlich besonders Frauen und Kinder. Es besteht auch die Gefahr, dass Frauen und Kinder Opfer von Menschenhandel werden. Das ist meiner Meinung nach die grausamste Art der Kriegsführung, man bedient sich ihrer immer wieder in Kriegen. Dafür gibt es natürlich auch Beispiele, der Krieg im ehemaligen Jugoslawien ist ein solches.

Ich selber habe davon betroffene Frauen getroffen und mit ihnen gesprochen; das war anlässlich des Syrienkrieges, 2014, als dieser Krieg seinem Höhepunkt zugegangen ist. Ich habe mit jesidischen Frauen gesprochen, die nicht nur aus ihrer Heimat vertrieben worden sind und Massenvergewaltigungen erlebt haben, sondern anschließend auch auf Sklavenmärkten verkauft worden sind. Manche wurden von ihren Familien wieder zurückgekauft, aber dann ausgestoßen, da sie vergewaltigt worden sind. Diese Ge­sichter, diese Augen, diese Berichte werde ich mein ganzes Leben lang nicht vergessen.

Ich hoffe wirklich, dass die ukrainischen Frauen von diesen Auswirkungen verschont bleiben. Es gibt aber schon Berichte, dass Frauen und Kinder direkt an der Grenze zum Beispiel zu Polen abgefangen werden und Zuhältern zugeführt werden, dass sie dem Menschenhandel zugeführt werden. Das alles müssen wir, bitte, nach Möglichkeit verhindern. Hier bei uns in Österreich muss sichergestellt werden, dass diesen Frauen adäquate Behandlung widerfährt, dass adäquat auf ihre Bedürfnisse eingegangen wird; das hat auch die Frau Ministerin schon gesagt.

Ich möchte mich wirklich ganz herzlich bei allen bedanken, die mithelfen, diese Men­schen aufzunehmen, die alle möglichen Hilfsaktionen gestartet haben, die Wohnungen zur Verfügung stellen. Das Land Tirol zum Beispiel hat sich dazu entschlossen, jenen Kindern, von denen Frau Kollegin Meinl-Reisinger vorhin erzählt hat, die aus der Kinder­onkologie herausgebombt worden sind – oder einem Teil dieser Kinder –, in Tirol Be­handlungsplätze im Bereich Kinderonkologie zur Verfügung zu stellen.

Ich möchte in diesem Zusammenhang auch einen Vierparteienantrag einbringen, in dem all diese Anliegen und noch einige mehr, auf die ich jetzt leider nicht mehr eingehen kann, zusammengefasst sind. Dieser Antrag betrifft die Unterstützung von Frauen und Kindern als besonders Leidtragende des Krieges. Er beinhaltet all das, was ich Ihnen jetzt erzählt habe, und noch mehr und richtet sich an die Frau Bundesministerin für Frauen, Familie und Integration, an die Frau Bundesministerin für EU und Verfassung, an den Herrn Bundesminister für Inneres und an den Herrn Bundesminister für euro­päische und internationale Angelegenheiten.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dipl.-Kffr. (FH) Elisabeth Pfurtscheller, Mag. Meri Disoski, Eva Maria Holzleitner, BSc, Henrike Brandstötter, Kolleginnen und Kollegen betreffend „die Unter­stützung von Frauen und Kindern als besondere Leidtragende des Krieges in der Ukraine“

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die österreichische Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien, die Bundesministerin für EU und Verfassung, der Bun­desminister für Inneres sowie der Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten werden ersucht, sich sowohl in Österreich als auch im europäischen und internationalen Kontext insbesondere für die rasche und effiziente Unterstützung von Frauen und Kindern einzusetzen, die unter den Folgen des Kriegs in der Ukraine besonders leiden.“

*****

Ich habe gehört, dass auch die Kollegen von der FPÖ mitstimmen werden, und bedanke mich dafür schon im Vorhinein. – Danke schön. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP, bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der NEOS.)

17.44

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Elisabeth Pfurtscheller, Meri Disoski, Eva Maria Holzleitner und Henrike Brandstötter

Kolleginnen und Kollegen

betreffend die Unterstützung von Frauen und Kindern als besondere Leidtragende des Krieges in der Ukraine

eingebracht im Zuge der Debatte in der 145. Sitzung des Nationalrats zur Erklärung des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers gemäß § 19 Abs. 2 GOG-NR anlässlich der Umbildung der Bundesregierung sowie zur aktuellen Lage in der Krise zwischen Russ­land und der Ukraine 

Am 24. Februar 2022 hat Russland die Ukraine angegriffen. Erstmals seit den Jugo­sla­wien-Kriegen herrscht in Europa nun wieder Krieg.

Die von Präsident Putin in Gang gesetzte Militäroperation ist eine erneute eklatante Verletzung des Völkerrechts, die wir in Österreich, der EU und gemeinsam mit unseren Partnerinnen und Partnern zutiefst ablehnen und klar verurteilen. Die EU hat dem­entsprechend weitreichende Sanktionen gegen Russland erlassen. Österreich steht hier Schulter an Schulter mit seinen Europäischen Partnerländern.

Putins Angriffskrieg ist eine Tragödie für die Menschen in der Ukraine - Zivilistinnen und Zivilisten werden getötet und Familien werden auseinandergerissen. Laut aktuellen Zahlen der UN-Flüchtlingshilfsorganisation UNHCR sind bereits über eine 1,7 Millionen Menschen auf der Flucht. Es ist zu befürchten, dass noch viele Zivilistinnen und Zivilisten getötet und noch mehr Menschen flüchten werden, wenn Russland die militärischen Handlungen weiter fortsetzt.

Zahlreiche internationale Organisationen machen darauf aufmerksam, dass bewaffnete Konflikte sich immer überproportional auf die Situation von Frauen und Kindern aus­wirken – auf deren menschenrechtliche und humanitäre Situation sowie auf deren Lebensgrundlagen – was diese besonders vulnerabel macht. Geschlechtsspezifische Kriegsverbrechen wie Vergewaltigungen als Kriegstaktik betreffen Frauen und Mädchen, es sind mehrheitlich Frauen und Kinder, die sich auf der Flucht befinden, wo sie wiederum ein hohes Risiko eingehen, sexuelle und geschlechtsspezifische Gewalt zu erleiden und Opfer von Menschenhandel zu werden.

Gleichzeitig muss sichergestellt werden, dass auch die humanitäre Hilfe auf die spezifischen Bedürfnisse von Frauen und Kindern in Notsituationen eingeht, diese geschlechtergerecht ausgestaltet ist, Gewaltschutz systematisch integriert und Frauen in Entscheidungsprozessen und bei der Umsetzung der humanitären Hilfe eine zentrale Rolle spielen.

Bereits im Jahr 2000 haben die UNO-Mitgliedsstaaten – u.a. Österreich – die bahn­brechende „Resolution 1325 on Women, Peace and Security“ verabschiedet. Sie zielt auf die Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt in humanitären Notsituationen und Konflikten ab. Gleichsam legt sie einen starken Fokus auf die adäquate Repräsentation, Partizipation und Teilhabe von Frauen in Friedensprozessen und -verhandlungen. Frau­en sollen zu zentralen Akteurinnen werden, wenn es um den Erhalt von Frieden und Sicherheit geht.

Auch in der Ukraine sind Frauen und Kinder besonders betroffen: Sie harren in Kellern oder U-Bahnstationen aus, sind auf der Flucht vor den Bomben und anderen Gräueln des Krieges, machen sich alleine auf den Weg in eine ungewisse Zukunft. Ohne zu wissen, ob sie mit ihren Vätern, Männern, Söhnen und Brüdern je wieder vereint sein werden.

Gleichzeitig beteiligen sich viele Frauen in der Ukraine an der Verteidigung ihres Landes und stemmen die Hauptlast in der humanitären Hilfe.

Entschließungsantrag

„Die österreichische Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien, die Bundesministerin für EU und Verfassung, der Bun­desminister für Inneres sowie der Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten werden ersucht, sich sowohl in Österreich als auch im europäischen und internationalen Kontext insbesondere für die rasche und effiziente Unterstützung von Frauen und Kindern einzusetzen, die unter den Folgen des Kriegs in der Ukraine besonders leiden.“

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Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß einge­bracht und steht somit auch in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Herr Mag. Gerhard Kaniak. – Bitte, Herr Abgeordneter.