Abgeordneter Mag. Hannes Amesbauer, BA (FPÖ): Guten Morgen, Herr Präsident! Frau Bundesministerin, Sie haben ja vor einigen Tagen in Wien eine internationale Konferenz gegen Islamismus mit Regierungsvertretern aus Griechenland, Belgien und Frankreich abgehalten. Dem Vernehmen nach waren da rund 150 Personen dabei, darunter auch hochkarätige Experten auf den Gebieten Extremismus und Islamismus.

Ich finde das grundsätzlich natürlich begrüßenswert, wir wissen ja aus den Berichten des Verfassungsschutzes, dass der Islamismus nach wie vor die größte Gefährdung der Sicherheit in Österreich darstellt. Wie Sie richtig gesagt haben, sind der politische Islam und diese radikalen Tendenzen auch für die In­tegrationsbemühungen nicht gerade förderlich.

Sie haben auch gesagt, Österreich sei ein Kompetenzort im Kampf gegen den politischen Islam. Könnten Sie vielleicht ein bissel erläutern, was Sie da­mit gemeint haben? Die konkrete Frage von mir an Sie, Frau Ministerin, lautet:

217/M

„Welche konkreten Maßnahmen für die Integration Fremder in Österreich haben Sie aus der von Ihnen veranstalteten internationalen Konferenz gegen Extre­mismus, vor dem Hintergrund der Migranten-Ausschreitungen in Linz, abgeleitet?“

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.

Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundes­kanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Ja, darüber könnte man jetzt sehr lange sprechen, das ist ein ganz breites Feld. Vielleicht folgende Gedanken dazu: Ich bin davon überzeugt, dass Wien als Kompetenzort etabliert wurde. Wir ha­ben jetzt schon zum zweiten Mal dieses Vienna Forum abgehalten und ha­ben im letzten Jahr gesehen, dass sich immer mehr Länder beteiligt haben, weil immer mehr Länder hinsichtlich Extremismus auf keinem Auge blind sein wollen. Es ist nicht so, dass das die einzige Gefahr ist, wir haben Extremismus in unterschiedlichen Bereichen, aber wir müssen auch einfach die Fakten beim Namen nennen und uns eben diesem Bereich widmen.

Wir haben mittlerweile elf Partner in Europa, mit denen wir daran arbeiten, Segregation und Radikalisierung den Nährboden zu entziehen. Wir ha­ben folgende Maßnahmen definiert: zum einen die verstärkte wissenschaftliche Zusammenarbeit, die Beobachtung von Organisationen, die wir in Öster­reich haben, auch durch die Dokumentationsstelle politischer Islam. Diese ist ja über die Grenzen hinaus tätig. Das heißt, in diesem Bereich werden wir mit den elf Partnern in Europa die wissenschaftliche Zusammenarbeit stärken. Ös­terreich ist da vielfach schon ein Vorbild. Ja, auch unsere verpflichtenden Integrationsmaßnahmen sind im Gespräch gewesen. Das haben nicht alle Länder, sondern das haben die wenigsten, daher haben wir das auch präsentiert.

Zu solchen Ausschreitungen wie in Linz ist zu sagen: Klar ist, dass man Integration nicht erzwingen kann. Wir stellen ein breites Angebot zur Verfügung, das ist wichtig, das ist ein Investment in die Integration, aber es braucht auch den Willen der Menschen, sich an unsere Regeln zu halten. Wenn das nicht der Fall ist, dann bin ich für die schärfsten Maßnahmen, die das Recht bietet, dann bin ich auch dafür, dass wir die strafrechtlichen Konsequenzen ziehen und schauen, in welchen Fällen wir Asyl aberkennen und Außerlandesbringungen vornehmen können.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Mag. Hannes Amesbauer, BA (FPÖ): Danke, Frau Ministerin! Vor allem beim letzten Teil Ihrer Ausführungen bin ich voll und ganz auf Ihrer Seite: Integration kann man nicht erzwingen, und wenn es zu Situationen wie in Linz kommt, dann muss man auch Konsequenzen ziehen. Meine Zusatzfrage passt da recht gut dazu.

Vor wenigen Tagen hat Innenminister Karner gesagt, er will auch Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien prüfen. Das ist eine Forderung, die wir schon lange stellen. Gestern erst hat Frau Ministerin Edtstadler gesagt, sie will die eu­ropäischen Außengrenzen mit Zäunen und Mauern schützen. Das ist eine Idee, die mir äußerst sympathisch ist, weil die Festung Europa meine Idealvor­stellung von Europa ist. Jetzt ist meine Frage: Unterstützen Sie die Forde­rungen Ihrer Regierungskollegen, Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien durchzuführen und Zäune und Mauern an den europäischen Außengrenzen zu errichten?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.

Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundes­kanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Ich glaube aus Integrationssicht, dass Integration nur dann gelingt, wenn auch die Zahl jener, die zu uns kommen, für alle unsere Systeme machbar und verkraftbar ist. Das ist meine Sicht durch die Integrationsbrille. Daher bin ich dafür, dass wir dort helfen, wo Hilfe notwendig ist – etwa bei den kriegsvertriebenen Ukrainerinnen und Ukrai­nern, wo wir viel tun –, aber selbstverständlich auch den Kampf gegen illegale Migration führen. Daher bin ich froh, dass nun auf europäischer Ebene endlich viel in Gang gekommen ist. Wir haben auch fünf Punkte, die uns wichtig sind, der Europäischen Kommission vorgelegt, und wir werden nun sehen, wie sich die Debatte in den nächsten Wochen entwickelt.

Ich bin froh, dass der Innenminister und der Kanzler da auch so viel in der Entwicklung dieser Debatte geschafft haben – aber nicht nur in der Entwicklung der Debatte, sondern beispielsweise hat die Rücknahme der Visaliberalisie­rung in Serbien, was Indien betrifft, die Zahl an indischen Asylwerbern bei uns in Österreich schon massiv nach unten gebracht. Das sind faktisch die richtigen Maßnahmen, aber wir brauchen die Europäische Union da als Einheit im Kampf gegen illegale Migration.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Eine Zusatzfrage stellt Abgeordneter Shetty. – Bitte sehr.

Abgeordneter Mag. Yannick Shetty (NEOS): Guten Morgen, Frau Bundesminis­terin! (Bundesministerin Raab: Guten Morgen!) Ich glaube, wir sind uns einig – wir haben das ja auch schon öfter diskutiert –, dass Radikalisierung, insbeson­dere von jungen Burschen, toxisch für die Integration ist.

Frau Bundesministerin, seit Ihrem Amtsantritt lautet unsere Kritik, dass Sie einerseits zu viel Aktivität zeigen, wenn es um Showpolitik und um Pauschalverdächtigung geht – Stichwort die Islamlandkarte, mit der alle Mus­liminnen und Muslime unter Generalverdacht gestellt wurden –, aber zu wenig Aktivität, wenn es um tatsächliche Problembekämpfung geht.

Sie hätten in uns nämlich Verbündete, wenn Sie Radikalisierung wirklich den Kampf ansagen würden, wenn Sie Extremismus im Keim ersticken wollten. Für uns ist ganz klar: Die Demokratie muss wehrhaft gegen ihre Feinde sein, es muss gelten: keine Toleranz für die Intoleranz. Deswegen ist es beispielsweise unbegreiflich, dass die islamistischen Moscheen, in denen der Attentäter von Wien radikalisiert wurde, immer noch die Tore offen haben.

Deswegen meine Frage: Könnten Sie bitte ganz konkret drei gesetzliche sowie drei budgetäre Maßnahmen nennen, die Sie in Ihrer Amtszeit gegen inte­grationshemmende Radikalisierung getroffen haben?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesminister, bitte.

Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundes­kanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Also zum einen: Wir brauchen die Präven­tionsebene im Integrationsbereich. Die konkrete Maßnahme, die ich da im letzten Jahr getroffen habe, war, dass wir die verpflichtenden Integrationsmaß­nahmen für all jene, die kommen, in diesem sensiblen Bereich – im Kampf gegen Antisemitismus, gegen Extremismus, für die Gleichberechtigung von Mann und Frau und im Wertebereich – ausgebaut haben, verdreifacht haben. Wir haben die Dauer der Wertekurse in Österreich von acht auf 24 Stunden verdreifacht, um dort konkret noch einmal verpflichtend für alle – bei sonstiger Kürzung der Sozialleistungen – auch über diese The­men zu sprechen.

Wie ich aber vorhin schon gesagt habe: Es braucht halt natürlich auch den Willen, da sozusagen mitzumachen im Sinne dessen, sich dann auch mit unseren Werten laufend auseinanderzusetzen. Der Kurs ist ja nur eine Startmaßnahme.

Zum Zweiten: Wir haben beispielsweise auch das Budget im Bereich der Sektenstelle erhöht. Die Sektenstelle wird jetzt ausgebaut, bringt auch Berichte im Bereich des Extremismus heraus, es gibt neue Schnittstellen, nämlich gerade da, wo auch Verschwörungstheorien mit hineinkommen – das ist ja oft so ein Sammelsurium aus unterschiedlichen Gemengelagen.

Der dritte Punkt ist – das habe ich vorhin schon gesagt –: Ich denke, wir müssen bei den Jugendlichen auch in die Prävention kommen, und das machen wir über Schulprojekte, betreffend die ich mich darüber freue, dass wir flächende­ckend Integrationsprogramme gegen eher kulturelle Gewalt, die ja auch sehr oft über diese Strömungen getriggert wird, in die Schulen bekommen. Da danke ich auch dem Bildungsminister, dass das möglich ist.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Eine Zusatzfrage stellt Abgeordneter Gödl. – Bitte.

Abgeordneter Mag. Ernst Gödl (ÖVP): Frau Ministerin, ich möchte beim Thema Extremismus anknüpfen. Sie haben bei der vorigen Frage auch schon das Thema politischer Islam angesprochen. Der politische Islam ist ja eine Herr­schaftsideologie, deren Werte im krassen Widerspruch zu den Menschen­rechten und auch zu unseren Grundsätzen eines demokratischen Rechtsstaates stehen.

Daher möchte ich jetzt die Frage an Sie richten: Wie zeigt sich das Problem des politischen Islams in Österreich, und was tut die Bundesregierung konkret dagegen?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.

Bundesministerin für Frauen, Familie, Integration und Medien im Bundes­kanzleramt MMag. Dr. Susanne Raab: Ja, wie gesagt ist mir wichtig, dass wir wirklich unterscheiden zwischen jenen, die friedlich im Einklang mit der Religion leben, und jenen, von denen die Religion missbraucht wird – das ist ja auch eine Gefahr für jene Muslime, die friedlich im Einklang mit den Wer­ten in unserem Land leben. Es ist mir wichtig, dass wir in der Prävention alle schützen wollen und sie sich nicht gegen eine Religion richtet, sondern ge­gen Extremismus.

Was tun wir? – Wir haben die Dokumentationsstelle politischer Islam etabliert, die auch mit dem Verfassungsschutz zusammenwirkt. Wir haben auch die Novellierung des Islamgesetzes durchgeführt – das passt vielleicht auch noch zur Frage von Abgeordneten Shetty –, mit dem wir die konsequente Durchset­zung des Auslandsfinanzierungsverbots noch einmal nachgeschärft haben, mit dem wir auch die Maßnahmen gegen radikale Imame, nämlich eine Art Ima­meverzeichnis, ausgerollt haben. Es gibt eine neue Studie zu Extremismus in Ös­terreich durch Professor Peter Neumann in Zusammenarbeit mit österrei­chischen Expert:innen, und es gibt eben die vertiefende kontinuierliche europäi­sche Allianz in Zusammenarbeit und im Rahmen des Vienna Forum – also like-minded Gruppen –, damit wir identifizieren, wie die Strömungen nach Euro­pa kommen und wo wir Gemeinsamkeiten haben, damit wir sie in Europa zurückdrängen und nicht nur in Österreich.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeordnete Blimlinger. – Bitte sehr.