14.02

Abgeordnete Petra Bayr, MA MLS (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Außenminister! Es ist Mitte Mai 2024 und wir diskutieren den Außenpolitischen Bericht 2022. Eigentlich könnten wir auch schon den Außenpolitischen Bericht 2023 diskutieren, würde ich meinen, aber lassen Sie mich trotzdem daraus zitieren: „Österreich war schon zu Zeiten des Kalten Krieges aufgrund seiner geo­politischen Lage und seines neutralen Status eine Plattform für internationalen Dialog. Diese Position konnte 1979 mit der Eröffnung des Internationalen Zentrums Wien (Vienna International Centre), auch UNO City genannt, gestärkt werden. Seither ist Wien neben New York, Genf und später Nairobi Hauptsitz der Vereinten Nationen“. – So weit, so gut.

Wir diskutieren – das ist auch gut so – sehr viel über Neutralität, dazu möchte ich dann auch gleich einen Antrag einbringen, weil unsere Neutralität, die eine militärische ist, uns etwa verbietet, uns an fremden Kriegen zu beteiligen, Truppen zu stationieren oder Militärbündnissen beizutreten. Sie ist eine sehr klare, die uns aber nicht daran hindert, unsere Neutralität wirklich aktiv zu leben, was wir auch in der Vergangenheit getan haben, indem wir mehrfach nichtstän­diges Mitglied des Sicherheitsrates gewesen sind, uns an über 100 Auslands­einsätzen mit internationalem Mandat beteiligt haben und auch Amtssitz von sehr vielen anderen internationalen Organisationen sind.

Es ist also durchaus möglich, uns als Plattform – und das meine ich jetzt nicht nur räumlich, sondern auch durchaus proaktiv  für Dialog und Verständigung anzubieten, gerade in Zeiten von Konflikten. Wir wissen und sehen, dass sich die Sicherheitslage in Europa mit Ende des Kalten Kriegs nicht unbedingt verbessert und die Anzahl der Kriege leider zugenommen hat. Gerade deswegen wird die Aufgabe für neutrale Staaten nicht weniger, sie hat sich nur grundlegend verändert. Gerade auch deswegen vermisse ich nach wie vor die österreichische Sicherheitsstrategie schmerzlich, da die bestehende noch immer eine ist, die Russland als wichtigen Partner sieht. – Wo bleibt sie? Was hindert Sie daran, sich auf ein Energiekapitel zu einigen?

Ich verstehe nicht wirklich, warum wir da nicht weiterkommen und es keine Möglichkeit gibt, mit unserer Sicherheitsstrategie endlich auf dem Gipfel der Zeit zu sein. Deshalb möchte ich einen Entschließungsantrag einbringen, in dem es darum geht, im Rahmen unserer Neutralität diese wirklich engagiert auszuleben, zur Prävention und zur Lösung von Konflikten aktiv beizutragen, gute Dienste zu leisten und uns mit den Mitteln der Diplomatie in der Friedenssicherung zu engagieren. Auch wenn es um Abrüstungs- und Nichtverbreitungsfragen geht, müssen wir nach wie vor eine sehr, sehr wichtige Rolle einnehmen.

Ich zitiere:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Neutralität sichern, aktive Friedenspolitik betreiben“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten, wird aufgefordert, Österreichs Neutralität mit allen zu Gebote stehenden Mitteln weiterhin zu verteidigen und dies auch auf allen Ebenen zu vertreten. Weiteres wird die Bundesregierung aufgefordert auf europäischer und internationaler Ebene aktive Friedenspolitik zu betreiben, sowie sich für eine weltweite Rüstungskontrolle und für ein Verbot aller Atomwaffen einzusetzen, um dem aktuellen ‚Wettrüsten‘ ein Ende zu setzen.“

*****

Es geht also darum, unsere Neutralität aktiv und proaktiv zu nutzen und einzusetzen. Mir würde jedes  wirklich jedes – Verständnis fehlen, wenn die Regierungsparteien heute am Ende der Debatte nicht in der Lage wären, diesem Antrag zuzustimmen. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ.)

14.06

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Katharina Kucharowits, Petra Bayr, MA, MLS, Robert Laimer,

Genossinnen und Genossen,

betreffend Neutralität sichern, aktive Friedenspolitik betreiben

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 2/ Bericht des Außenpolitischen Ausschusses (2536 d.B.) über den Außen- und Europapolitischen Bericht 2022 der Bundesregierung

(III-1151 d.B.)

Die Neutralität Österreichs hat in den fast siebzig Jahren ihres Bestehens unter sich ändernden geopolitischen Umständen immer als wichtige Grundlage für die Außen- und Sicherheitspolitik gedient, sich bewährt und Österreichs Sicherheit garantiert. Darauf verweist auch der Außen- und Europapolitische Bericht 2022 der Bundes­regierung: „Österreich war schon zu Zeiten des Kalten Krieges aufgrund seiner geopolitischen Lage und seines neutralen Status eine Plattform für internationalen Dialog. Diese Position konnte 1979 mit der Eröffnung des Internationalen Zentrums Wien (Vienna International Centre), auch UNO City genannt, gestärkt werden. Seither ist Wien neben New York, Genf und später Nairobi Hauptsitz der Vereinten Nationen (VN).“

Österreich beteiligt sich nicht an fremden Kriegen, stationiert keine fremden Truppen auf seinem Territorium und ist nicht Mitglied eines Militärbündnisses. Seit den 1960er Jahren ist Österreich als Mitglied in den Vereinten Nationen aktiv und wurde mehrmals als nichtständiges Mitglied in den Sicherheitsrat gewählt. Es beteiligte sich an über 100 Auslandseinsätzen im Rahmen von VN, EU und NATO. Wien wurde Amtssitz der Vereinten Nationen, viele andere internationale Organisationen siedelten sich in Wien an, Gipfeltreffen an zahlreiche internationale Verhandlungen fanden statt. Österreich ist auch stark in der OSZE engagiert, die eine wichtige Plattform für Dialog und Verständigung in Konfliktzeiten bietet.

Weder während des ungarischen Volksaufstandes 1956, noch nach der Nieder­schlagung des Prager Frühlings in der ČSSR durch Truppen des Warschauer Paktes unter der Führung der Sowjetunion 1968 oder den Kriegen im Zusammenhang mit dem Zerfall Jugoslawiens 1991 bis 1999 kam es zu einer unmittelbaren und beabsichtigten militärischen Angriffsdrohung auf die Souveränität Österreichs.

Die Sicherheitslage in Europa hat sich nach dem Ende des Kalten Krieges nicht verbessert, und die Anzahl der Kriege und Konflikte hat zugenommen. Die Aufgaben für neutrale Staaten wurden nicht nur nicht weniger, sie haben sich grundlegend verändert.

Die neutralitätsgerechte Positionierung Österreichs innerhalb der GASP/GSVP dient weiterhin den außen- und sicherheitspolitischen Interessen Österreichs und schützt vor einer Beteiligung an militärischen Konflikten. Das neutrale Österreich hat im Rahmen der EU viele Handlungsmöglichkeiten und sollte diese auch nutzen.

Im Rahmen einer engagierten Neutralitätspolitik kann Österreich zur Prävention und Lösung von Konflikten beitragen und seine guten Dienste in den internationalen Beziehungen anbieten. In Krisenzeiten ist diese von höchster Bedeutung, da sie zur Friedenssicherung mit Mitteln der Diplomatie beiträgt.

Engagierte Neutralität ermöglicht es auch, im Abrüstungs- und Nichtverbreitungs­bereich deutliche Akzente zu setzen.

Ebenso ist es, als neutrales Land, unsere Pflicht, Gesprächskanäle offen zu halten, um kriegerische Intentionen und kriegerisches Handeln zu unterbinden. Es gilt hier, aktiver zu werden und innerhalb und außerhalb der europäischen Union eine Schlüs­selrolle zu übernehmen und den Boden für etwaige Friedensverhandlungen durch aktives Anbieten einer vermittelnden Rolle Österreichs aufzubereiten.

Aus diesen Gründen stellen die unterzeichneten Abgeordneten folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für europäische und inter­nationale Angelegenheiten, wird aufgefordert, Österreichs Neutralität mit allen zu Gebote stehenden Mitteln weiterhin zu verteidigen und dies auch auf allen Ebenen zu vertreten. Weiteres wird die Bundesregierung aufgefordert auf europäischer und internationaler Ebene aktive Friedenspolitik zu betreiben, sowie sich für eine weltweite Rüstungskontrolle und für ein Verbot aller Atomwaffen einzusetzen, um dem aktuellen „Wettrüsten“ ein Ende zu setzen.“

*****

Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, steht daher auch mit in Verhandlung.

Frau Abgeordnete Petra Steger, Sie gelangen zu Wort. – Bitte.