Abgeordneter Hannes Amesbauer, BA (fortsetzend): Ich werde mich bemühen.

Warum ist diese Debatte sachlich nicht zu rechtfertigen und unehrlich – wenn wir ei­nen anderen Begriff verwenden wollen? – Es wird hier zum einen alles vermanscht und vermischt, was es zu vermanschen und zu vermischen gibt. (Zwischenruf der Abg. Yil­dirim.) Es wird Asyl mit Zuwanderung vermischt, es werden eine Integrationsdebatte und eine wirtschaftliche Debatte aufgezogen, die sachlich damit nichts zu tun haben. (Abg. Ernst-Dziedzic: Das macht ihr, sonst niemand!)

Worum geht es? – Es geht um das Asylrecht! Sie alle wissen ganz genau: Das Asyl­recht ist ein individuelles Recht, bei dem individuell im Einzelfall geprüft wird: Liegt ein Asylgrund vor? Asyl ist Schutz und Hilfe auf Zeit. Liegt dieser Asylgrund, dieser Flucht­grund, diese individuelle Verfolgung im Heimatland vor oder eben nicht? Wenn unab­hängige Gerichte in mehreren Instanzen feststellen, dass der Asylgrund nicht oder nicht mehr vorliegt, hat diese Person abgeschoben zu werden. Damit könnten wir die Debatte beenden! (Beifall bei der FPÖ.)

Sie bringen vorgeschobene Argumente. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das wirklich eine ehrliche und sachlich ordentlich geführte Debatte ist, wenn hier auch von Kollegen Schellhorn immer auf den angeblichen wirtschaftlichen Bedarf verwiesen wird. (Zwi­schenruf des Abg. Schellhorn.) Wir wissen, dass ein Großteil dieser Lehrlinge in der Gastronomie ausgebildet wird. Das ist eine wichtige Sparte, aber ich glaube nicht, dass zum Beispiel in Afghanistan die Nachfrage nach Kellnern so besonders groß ist, wie Sie glauben. Das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. (Abg. Loacker: Ein Wirtschaftsexperte für Afghanistan! – Zwischenruf des Abg. Stögmüller.)

Abgesehen davon haben wir rund 30 000 Asylberechtigte in Österreich, die beim AMS arbeitslos gemeldet sind. Die können und sollen jederzeit jeder Tätigkeit und natürlich auch einer Lehre nachgehen, meine Damen und Herren! Wo ist das Problem? (Beifall bei der FPÖ.)

Überhaupt muss man festhalten, dass es auch mehrere Tausend Österreicher gibt, die eine Lehrstelle suchen. Unsere Aufgabe als österreichische Politiker sollte in erster Li­nie sein, zu schauen, dass wir in diesem Land für die eigenen Leute eine ordentliche Ausbildung finden und schaffen, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Stögmüller: Ja, eh!)

Das Zweite, was Sie immer ins Feld führen, ist diese Integrationsdebatte. Das ist in Wahrheit ein völlig inhaltsleeres Integrationsgeschwafel. Es mag sein, dass sich man­che bemühen, die Sprache lernen und in der Gemeinschaft mitarbeiten. Ich habe es schon zu Beginn gesagt, das hat nichts mit dem Asylverfahren und mit dem Asylrecht zu tun. (Zwischenruf der Abg. Yildirim.) Diese ganze Debatte ist also in Wahrheit ein Witz!

Ich verstehe nicht, dass die ÖVP hier so eine radikale Kehrtwende gemacht hat und umgefallen ist. Sebastian Kurz hat ja selbst in der Debatte, die wir schon in der vergan­genen Legislaturperiode in diesem Haus öfters geführt haben, davor gewarnt, dass man durch eine solche Sonderregelung Tür und Tor für weitere Forderungen öffnet. Das haben wir jetzt bei diesem Afghanen aus Langenlois – so, glaube ich, heißt die Ortschaft – gesehen, der in einer Klosterschule für Sozialberufe zur Schulausbildung ist. (Abg. Schellhorn: Pflegeberufe!) Es werden Forderungen für alle kommen, die in Schulausbildung sind, für alle, die studieren, für alle, für die sich irgendwelche Forde­rungen ableiten lassen.

Genau davor hat Sebastian Kurz gemeinsam mit uns zu Recht gewarnt. Die ganze De­batte über diesen Asylwerber, der jetzt nicht abgeschoben wird, stellt in meinen Augen eine unfassbare Rechtsbeugung dar, weil die Novelle noch gar nicht beschlossen ist. Das soll mir einer von der ÖVP jetzt am besten erklären, wie Sie dazu stehen. Das kann es ja wirklich nicht sein, dass das, bevor das Gesetz beschlossen ist, so gemacht wird. Das ist gar kein Lehrling! Das ist ja wirklich abenteuerlich!

Seit November 2018 ist letztinstanzlich entschieden, dass dieser Herr das Land zu ver­lassen hat. Wäre Herbert Kickl im November 2018 noch Innenminister gewesen, hätte er vermutlich die Heimreise spätestens im Dezember angetreten, meine Damen und Herren. (Abg. Pfurtscheller: Da war er es ja noch!)

Jetzt haben Sie das so gemacht, dass er wahrscheinlich nie wieder dieses Land ver­lässt. Wir erzeugen auch einen Pullfaktor, wir erzeugen durch dieses Gesetz Anreize, dass immer mehr herkommen und sagen: Na ja, ich wandere illegal nach Österreich ein und mache hier eine Lehre. (Zwischenruf des Abg. Schellhorn.) Herr Schellhorn, der sich hier jetzt so aufregt (Abg. Schellhorn: Weil es nicht stimmt!), will ja weiter ge­hen – auch Herr Anschober. Sie wollen das Modell zwei plus drei, oder drei plus zwei. (Abg. Schellhorn: Drei plus zwei!) – Drei plus zwei, ja; das bleibt unterm Strich das Gleiche. Sie wollen, dass er zwei Jahre hier bleibt und dann als Facharbeiter nach Hause geht. Na ja, ich sagen Ihnen, was dann passiert: Die Wirtschaft und auch Sie und die Grünen werden wieder hergehen und sagen: Jetzt ist er ja richtig gut ausgebil­det, ein Geselle, ein hoch qualifizierter Facharbeiter. Jetzt wäre es ein Wahnsinn, dass wir ihn abschieben. (Rufe bei den Grünen: Ja!  Beifall bei den Grünen.) – Ja, genau!

Jetzt zeigt der potenzielle und künftige Koalitionspartner der ÖVP sein wahres Gesicht. Das ist der Mitte-rechts-Kurs, den Sebastian Kurz und seine türkis angepinselte Truppe den Wählern versprochen hat. Da bin ich gespannt, wie das funktionieren wird, meine Damen und Herren! (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn Sie das – auch mit der Rot-Weiß-Rot-Karte – wollen, ist das in Wahrheit ein Daueraufenthaltsrecht. Das Aufenthaltsrecht wird verfestigt. (Zwischenruf des Abg. Stögmüller.) Das gilt dann übrigens auch für die ganze Familie, und wir werden diese Menschen, die illegal eingereist sind, die dem Staat Österreich auch wissentlich oder unwissentlich falsche Angaben gemacht haben, nie wieder los. Das ist eine gefährliche Geschichte.

Wie gesagt, ich wünsche mir vor allem von der Österreichischen Volkspartei, dass sie zur Besinnung kommt, dass sie wieder zur Vernunft kommt und dass sie sich an das erinnert, was sie den Wählern in Österreich bei der Wahl versprochen hat. Mit diesem links-grünen Kurs, den Sie hier gemeinsam veranstalten, wird das nicht funktionieren.

Wir wollen die Rechtsstaatlichkeit in diesem Land erhalten, wir wollen, dass unabhän­gige Richter auf Grundlage der gültigen Gesetze entscheiden und nicht Lehrherren, wirtschaftliche Interessen oder irgendwelche NGOs oder Integrationsvereine. Liebe ÖVP, kommen Sie bitte zur Vernunft! (Beifall bei der FPÖ.)

12.59

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten KO Kickl, Amesbauer, Schrangl

und weiterer Abgeordneter

betreffend Abbruch der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Budgetausschusses über den Antrag 50/A der Abgeordneten Dr. Stephanie Krisper, Kolleginnen und Kollegen betref­fend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 2005 – AsylG 2005) geändert wird (12 d.B.), TOP 1., in der 6. Sitzung des Nationalrates am 11.12.2019

Die Beziehung zwischen der Europäischen Union und der Türkei auf dem Papier ent­sprechen seit vielen Jahren nicht der Realität. Nach wie vor ist die Türkei formal ein EU-Beitrittskandidat, jedoch ist seit vielen Jahren klar, dass diese in Aussicht gestellte Beziehung unmöglich geworden ist.

Das haben auch die letzten Entwicklungen in der Türkei wieder gezeigt: Durch den Ein­marsch in Nordsyrien verstößt die Türkei gegen Völkerrecht und trägt maßgeblich zur weiteren Destabilisierung der Lage in der Region bei. Die langfristigen Folgen dieser Eskalation in Hinblick auf das mögliche Wiedererstarken islamistischer Gruppen sowie auf den syrischen Bürgerkrieg könnten verheerend sein. Die Staats- und Regierungs­chefs der Europäischen Union haben beim Europäischen Rat am 17. und 18. Oktober 2019 dieses einseitige militärische Vorgehen der Türkei verurteilt und zudem ihre Ent­schlossenheit bekundet, die schwere humanitäre Krise und die daraus resultierende Flüchtlingskrise im Lichte der sich ergebenden Erfordernisse wirksam anzugehen.

Die vergangenen Berichte der Europäischen Kommission, Berichte über Menschen­rechtsverletzungen, zahlreiche undemokratische Vorgehensweisen gegenüber kriti­schen Medien, den Umgang mit eigenen Minderheiten und erneuten grundlosen Inhaf­tierungen von Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern aus EU-Mitgliedstaaten – darunter auch aus Österreich - bekräftigen die Position, dass die Türkei in keiner Weise ein Mit­gliedstaat der Europäischen Union werden kann. Die Türkei in ihrer derzeitigen Form ist kein verlässlicher Partner für Österreich und Europa, zumal Demokratie und Rechts­staatlichkeit unverhandelbare Grundrechte darstellen.

Vor dem Hintergrund der Verdichtung der Anzeichen, dass die Türkei verbrecherische IS-Anhänger nun auch nach Österreich abschieben will und damit droht, die Flücht­lingslager für syrische Flüchtlinge zu öffnen, stellen die unterfertigten Abgeordneten daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden aufgefordert, auf Europäi­scher Ebene alle Maßnahmen zu ergreifen, um umgehend einen Abbruch der EU-Bei­trittsverhandlungen mit der Türkei zu erwirken.“

*****

Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Karl Mahrer. – Bitte, Herr Abgeord­neter.