Seit dem Budgetbeschluss im Herbst 2021 haben sich die budgetären Rahmenbedingungen geändert und machen Novellen des bestehenden Bundesfinanzgesetzes 2022 (BFG 2022) und des Bundesfinanzrahmengesetzes 2022‑2025 (BFRG 2022‑2025) erforderlich. Die vorgeschlagenen Änderungen sind im Wesentlichen auf die folgenden Faktoren zurückzuführen:
- Neue Maßnahmen: Seit dem Budgetbeschluss im Herbst wurden einige neue Maßnahmen beschlossen, durch die es zu Änderungen gegenüber der ursprünglichen Budgetplanung kommt. In Summe verschlechtert sich der Nettofinanzierungssaldo des Bundes im Jahr 2022 aufgrund neuer Maßnahmen um 1,7 Mrd. EUR. Diese betreffen insbesondere die mit den bisherigen Energie-Entlastungspaketen beschlossenen Maßnahmen, die sowohl zu Mehrauszahlungen (vor allem Energiekostenausgleich) als auch zu Mindereinzahlungen (vor allem temporäre Senkung von Energieabgaben und Erhöhung der Pendler:innenförderung) führen. Durch die geänderte Vorgehensweise bei der Entlastung niedriger Einkommen im Rahmen der Ökosozialen Steuerreform 2022 (Erhöhung der Negativsteuer statt Senkung der KV‑Beiträge) kommt es gegenüber der bisherigen Budgetplanung einerseits zu Minderauszahlungen in der UG 24‑Gesundheit und andererseits zu Mindereinzahlungen in der UG 16‑Öffentliche Abgaben.
- Krieg in der Ukraine: Die derzeit absehbaren Mehrauszahlungen im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine iHv 2,1 Mrd. EUR im Jahr 2022 betreffen die Anschaffung einer strategischen Gasreserve, die Aufnahme von Kriegsvertriebenen und die Aufstockung des Auslandskatastrophenfonds. Für darüber hinausgehende Kosten aus der Sicherung der Gasbevorratung sieht die BFG‑Novelle eine Ermächtigung iHv 5,0 Mrd. EUR vor. Für Mehrauszahlungen im Zusammenhang mit der Betreuung und Versorgung von ukrainischen Kriegsvertriebenen ist eine weitere Ermächtigung iHv 400 Mio. EUR vorgesehen.
- Zusatzbedarf COVID‑19-Krisenbewältigung: Der Verlauf der COVID‑19-Pandemie hat sich gegenüber den Erwartungen zum Zeitpunkt der Budgetplanung im Herbst 2021 verändert. In Summe sieht die BFG‑Novelle eine Erhöhung der Budgetmittel für Maßnahmen zur Krisenbewältigung um 2,7 Mrd. EUR auf 6,6 Mrd. EUR vor. Die Aufstockung der Budgetmittel betrifft im Wesentlichen zusätzliche Mittel für Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung (vor allem Testen, Impfen, Arzneimittelbeschaffung) und einen Mehrbedarf bei den Kurzarbeitsbeihilfen. Die im BFG 2022 enthaltene COVID‑19-Ermächtigung iHv 5,0 Mrd. EUR bleibt bestehen.
- Konjunkturelle Anpassungen: Die Budgetplanung wird an die aktuell erwartete Konjunkturentwicklung angepasst, die insbesondere bei der für die Abgabenentwicklung wichtigen Lohnsumme etwas günstiger ist. Das reale Wirtschaftswachstum ist in der aktualisierten Prognose zwar etwas geringer, aufgrund der höheren Inflation sind die für das Abgabenaufkommen maßgeblichen nominellen Beträge in der Prognose aber tendenziell gestiegen. Ausgabenseitig führt die günstigere Arbeitsmarktprognose zu Minderauszahlungen beim Arbeitslosengeld und der Notstandshilfe und die günstigere Lohnsummenentwicklung zu einer geringeren Ausfallhaftung für die Pensionsversicherung. Die höhere Inflationsrate wirkt sich vor allem mittel- und langfristig auf das Ausgabenwachstum aus. In Summe führen die konjunkturellen Anpassungen zu einer Verbesserung des Nettofinanzierungssaldos im Jahr 2022 um 1,4 Mrd. EUR.
- Technische Anpassungen: Die technischen Anpassungen betreffen Abrechnungen im Rahmen des Finanzausgleichs und mit der Pensionsversicherung sowie die Verbuchung des nunmehr höher erwarteten FLAF‑Überschusses. In Summe verschlechtert sich der Nettofinanzierungssaldo im Jahr 2022 aufgrund dieser Änderungen um 1,4 Mrd. EUR. Den stärksten Effekt hat die Anpassung der Ab‑Überweisungen für Ertragsanteile an Länder und Gemeinden, die im Jahr 2022 nun um fast 1,7 Mrd. EUR höher angesetzt werden. Bei der Budgeterstellung im Herbst wurden für das letzte Quartal 2021 deutlich zu niedrige Einzahlungen aus den Bruttoabgaben erwartet, wodurch es aufgrund des Finanzausgleichsrhythmus gegenüber der ursprünglichen Budgetplanung zu deutlich höheren Überweisungen für Ertragsanteile 2022 und zu niedrigeren Überweisungen im Jahr 2023 kommt.
Die BFG‑Novelle sieht für 2022 gegenüber der bisherigen Budgetplanung einen Anstieg der Auszahlungen um 4,9 Mrd. EUR auf 104,0 Mrd. EUR und einen Rückgang der Einzahlungen um 1,6 Mrd EUR auf 84,8 Mrd. EUR vor. Dadurch verschlechtert sich der Nettofinanzierungssaldo 2022 um 6,5 Mrd. EUR auf ‑19,1 Mrd. EUR. Die Änderungen im Ergebnishaushalt entsprechen weitgehend jenen im Finanzierungshaushalt. Zu Mehrauszahlungen 2022 kommt es insbesondere in der UG 43‑Klima, Umwelt und Energie (+1,6 Mrd. EUR) im Zusammenhang mit der strategischen Gasreserve und in der UG 24‑Gesundheit (+1,3 Mrd. EUR) aufgrund des Zusatzbedarfs für die COVID‑19-Krisenbewältigung, dem Minderauszahlungen aufgrund der entfallenen KV‑Beitragssenkung gegenüberstehen. Die Mindereinzahlungen betreffen überwiegend die UG 16‑Öffentliche Abgaben wegen neu beschlossener Maßnahmen und der technischen Anpassung bei den Ertragsanteilen, welche teilweise durch konjunkturell bedingte Mehreinzahlungen kompensiert werden. Insgesamt werden die Nettoabgaben um 2,0 Mrd. EUR reduziert.
Für die Jahre 2023 bis 2025 sieht die BFRG‑Novelle gegenüber der bisherigen Planung eine Verbesserung des Nettofinanzierungssaldos zwischen 1,1 Mrd. EUR (2023 und 2024) und 1,3 Mrd. EUR (2025) vor. Diese Verbesserung resultiert aus der angepassten Einzahlungsprognose, die ab 2023 einen deutlichen Einzahlungsanstieg vorsieht. Die Auszahlungsobergrenzen für die Jahre 2023 bis 2025 werden in der BFRG‑Novelle zwischen 2,0 Mrd. EUR (2023) und 3,0 Mrd. EUR (2025) angehoben. Die größte Veränderung betrifft die Erhöhung der Auszahlungsobergrenzen in der UG 58‑Finanzierungen, Währungstauschverträge in Folge des geänderten Zinsumfelds. Weitere wesentliche konjunkturbedingte Erhöhungen werden in der UG 22‑Pensionsversicherung sowie der UG 23‑Pensionen – Beamtinnen und Beamte vorgenommen, weil stärkere Pensionserhöhungen zu erwarten sind. Zu einer Reduktion der Auszahlungsobergrenze kommt es ab 2023 hingegen in der UG 24‑Gesundheit aufgrund der entfallenen KV‑Beitragssenkung.
Einige bereits bekannte und im Hinblick auf das Gesamtbudget relevante Veränderungen (z. B. bei den Dividenden) sind in den Vorlagen nicht vollständig abgebildet. Auch wesentliche angekündigte Reformvorhaben (z. B. Erhöhung des Budgets für die Landesverteidigung, Pflegereform) sind im aktuellen Finanzrahmen noch nicht berücksichtigt, weshalb mit weiteren wesentlichen Änderung der Auszahlungsobergrenzen für die Folgejahre zu rechnen ist. Die BFG‑Novelle erhält erhebliche zusätzliche Ermächtigungen. Analog zur COVID‑19-Berichterstattung sollte über deren Inanspruchnahme in den Monatsberichten auf Maßnahmenebene berichtet werden (z. B. über die Ermächtigung für die Gasbevorratung).
Das Österreichische Stabilitätsprogramm für die Jahre 2021 bis 2025 (Österreichisches Stabilitätsprogramm 2022), das Ende April von der Bundesregierung vorgelegt wurde, enthält eine Budgetplanung auf gesamtstaatlicher Ebene in der Darstellung der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (VGR). Die Auswirkungen der vorgelegten Novellen zum BFG 2022 und BFRG 2022‑2025 sind in dieser Planung bereits berücksichtigt.
Das gesamtstaatliche Maastricht‑Defizit soll im Jahr 2022 mit 3,1 % des BIP aufgrund des schrittweisen Auslaufens der Maßnahmen zur Bewältigung der COVID‑19-Pandemie deutlich unter dem Defizit 2020 (8,0 % des BIP) und dem Defizit 2021 (5,9 % des BIP) liegen. Es würde damit jedoch um 0,8 %‑Punkte bzw. 3,6 Mrd. EUR deutlich höher ausfallen als im Herbst 2021 erwartet. Zur Änderung der Defizitprognose tragen insbesondere die neu beschlossenen Maßnahmen und die höher erwarteten COVID‑19-Kosten bei, während die geänderten Annahmen zur Konjunkturentwicklung und sonstige Änderungen dämpfend auf das Defizit wirken. Für die weitere Planungsperiode sieht das Österreichische Stabilitätsprogramm 2022 eine ähnliche Defizitentwicklung vor wie die Planung im Herbst 2021. Bis 2025 wird ein Rückgang des Maastricht‑Defizits auf 0,3 % des BIP (1,6 Mrd. EUR) geplant.
Während das BMF bei der Budgeterstellung im Herbst 2021 für 2022 noch einen Rückgang der Schuldenquote von 82,8 % des BIP auf 79,1 % des BIP erwartete, geht es nunmehr von einer Schuldenquote iHv 80,0 % des BIP aus. Die Schuldenquote soll bereits 2023 auf den bei der Budgeterstellung geplanten Reduktionspfad zurückkehren und bis 2025 auf 72,1 % des BIP sinken. Günstig auf die Entwicklung der Schuldenquote wirkt sich dabei das aufgrund der Preisentwicklung erwartete stärkere nominelle BIP‑Wachstum aus.
Vor allem in Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine, der Lage auf den Energie- und Rohstoffmärkten sowie dem künftigen Verlauf der COVID‑19-Pandemie bestehen beträchtliche Risiken für Abweichungen von der mit den Novellen zum BFG und zum BFRG vorgelegten kurz- und mittelfristigen Budgetplanung. Obwohl die Abwärtsrisiken insgesamt überwiegen, besteht etwa bei den eher vorsichtig veranschlagten Einzahlungen die Möglichkeit einer gegenüber der Budgetplanung günstigeren Entwicklung.