Budgetdienst - Budget 13.05.2022

1. Novelle des BFG 2022 und des BFRG 2022-2025

Analyse des Budgetdienstes

Überblick

Die budgetären Rahmen­bedingungen haben sich seit dem Budget­beschluss im Herbst 2021 geändert und Novellen des bestehenden Bundes­finanz­gesetzes 2022 und des Bundes­finanz­rahmen­gesetzes 2022‑2025 erforderlich gemacht. Die BFG‑Novelle sieht für 2022 gegenüber der bisherigen Budget­planung einen Anstieg der Auszahlungen um 4,9 Mrd. EUR auf 104,0 Mrd. EUR und einen Rückgang der Einzahlungen um 1,6 Mrd. EUR auf 84,8 Mrd. EUR vor. Dadurch verschlechtert sich der Netto­finanzierungs­saldo 2022 um 6,5 Mrd. EUR auf ‑19,1 Mrd. EUR. Für die Jahre 2023 bis 2025 geht die BFRG‑Novelle hingegen von einer Verbesserung des Netto­finanzierungs-saldos zwischen 1,1 Mrd. EUR (2023 und 2024) und 1,3 Mrd. EUR (2025) gegenüber der bisherigen Planung aus. In dieser Analyse werden die wesentlichen Änderungen erläutert und die gesamt­staatliche Entwicklung auf Grund­lage des Österreichischen Stabilitäts­programms 2021‑2025 dargestellt.

Die vollständige Analyse zum Download:

BD - 1. Novelle des Bundesfinanzgesetzes 2022 und des Bundesfinanzrahmengesetzes 2022-2025  / PDF, 1 MB

BD - 1. Novelle des Bundesfinanzgesetzes 2022 und des Bundesfinanzrahmengesetzes 2022-2025 (barrierefreie Version) / PDF, 1 MB

Kurzfassung

Seit dem Budgetbeschluss im Herbst 2021 haben sich die budgetären Rahmen­bedingungen geändert und machen Novellen des bestehenden Bundes­finanz­gesetzes 2022 (BFG 2022) und des Bundes­finanz­rahmen­gesetzes 2022‑2025 (BFRG 2022‑2025) erforderlich. Die vorgeschlagenen Änderungen sind im Wesentlichen auf die folgenden Faktoren zurückzuführen:

  •  Neue Maßnahmen: Seit dem Budgetbeschluss im Herbst wurden einige neue Maßnahmen beschlossen, durch die es zu Änderungen gegenüber der ursprünglichen Budget­planung kommt. In Summe verschlechtert sich der Netto­finanzierungs­saldo des Bundes im Jahr 2022 aufgrund neuer Maßnahmen um 1,7 Mrd. EUR. Diese betreffen insbesondere die mit den bisherigen Energie-Entlastungspaketen beschlossenen Maßnahmen, die sowohl zu Mehr­auszahlungen (vor allem Energie­kosten­ausgleich) als auch zu Minder­einzahlungen (vor allem temporäre Senkung von Energie­abgaben und Erhöhung der Pendler:innen­förderung) führen. Durch die geänderte Vorgehens­weise bei der Entlastung niedriger Einkommen im Rahmen der Ökosozialen Steuer­reform 2022 (Erhöhung der Negativ­steuer statt Senkung der KV‑Beiträge) kommt es gegenüber der bisherigen Budget­planung einerseits zu Minder­auszahlungen in der UG 24‑Gesundheit und andererseits zu Minder­einzahlungen in der UG 16‑Öffentliche Abgaben.
  • Krieg in der Ukraine: Die derzeit absehbaren Mehr­auszahlungen im Zusammen­hang mit dem Krieg in der Ukraine iHv 2,1 Mrd. EUR im Jahr 2022 betreffen die Anschaffung einer strategischen Gasreserve, die Aufnahme von Kriegs­vertriebenen und die Aufstockung des Auslands­katastrophenfonds. Für darüber hinausgehende Kosten aus der Sicherung der Gas­bevorratung sieht die BFG‑Novelle eine Ermächtigung iHv 5,0 Mrd. EUR vor. Für Mehr­auszahlungen im Zusammenhang mit der Betreuung und Versorgung von ukrainischen Kriegs­vertriebenen ist eine weitere Ermächtigung iHv 400 Mio. EUR vorgesehen.
  • Zusatzbedarf COVID‑19-Krisenbewältigung: Der Verlauf der COVID‑19-Pandemie hat sich gegenüber den Erwartungen zum Zeitpunkt der Budgetplanung im Herbst 2021 verändert. In Summe sieht die BFG‑Novelle eine Erhöhung der Budget­mittel für Maßnahmen zur Krisen­bewältigung um 2,7 Mrd. EUR auf 6,6 Mrd. EUR vor. Die Aufstockung der Budget­mittel betrifft im Wesentlichen zusätzliche Mittel für Maßnahmen zur Pandemie­bekämpfung (vor allem Testen, Impfen, Arzneimittel­beschaffung) und einen Mehr­bedarf bei den Kurzarbeits­beihilfen. Die im BFG 2022 enthaltene COVID‑19-Ermächtigung iHv 5,0 Mrd. EUR bleibt bestehen.
  • Konjunkturelle Anpassungen: Die Budgetplanung wird an die aktuell erwartete Konjunktur­entwicklung angepasst, die insbesondere bei der für die Abgabenentwicklung wichtigen Lohn­summe etwas günstiger ist. Das reale Wirtschafts­wachstum ist in der aktualisierten Prognose zwar etwas geringer, aufgrund der höheren Inflation sind die für das Abgaben­aufkommen maßgeblichen nominellen Beträge in der Prognose aber tendenziell gestiegen. Ausgabenseitig führt die günstigere Arbeitsmarkt­prognose zu Minder­auszahlungen beim Arbeitslosen­geld und der Notstands­hilfe und die günstigere Lohn­summen­entwicklung zu einer geringeren Ausfall­haftung für die Pensions­versicherung. Die höhere Inflations­rate wirkt sich vor allem mittel- und langfristig auf das Ausgaben­wachstum aus. In Summe führen die konjunkturellen Anpassungen zu einer Verbesserung des Nettofinanzierungs­saldos im Jahr 2022 um 1,4 Mrd. EUR.
  • Technische Anpassungen: Die technischen Anpassungen betreffen Abrechnungen im Rahmen des Finanz­ausgleichs und mit der Pensionsversicherung sowie die Verbuchung des nunmehr höher erwarteten FLAF‑Überschusses. In Summe verschlechtert sich der Nettofinanzierungssaldo im Jahr 2022 aufgrund dieser Änderungen um 1,4 Mrd. EUR. Den stärksten Effekt hat die Anpassung der Ab‑Überweisungen für Ertrags­anteile an Länder und Gemeinden, die im Jahr 2022 nun um fast 1,7 Mrd. EUR höher angesetzt werden. Bei der Budget­erstellung im Herbst wurden für das letzte Quartal 2021 deutlich zu niedrige Einzahlungen aus den Brutto­abgaben erwartet, wodurch es aufgrund des Finanz­ausgleichs­rhythmus gegenüber der ursprünglichen Budget­planung zu deutlich höheren Überweisungen für Ertragsanteile 2022 und zu niedrigeren Überweisungen im Jahr 2023 kommt. 

Die BFG‑Novelle sieht für 2022 gegenüber der bisherigen Budget­planung einen Anstieg der Auszahlungen um 4,9 Mrd. EUR auf 104,0 Mrd. EUR und einen Rück­gang der Einzahlungen um 1,6 Mrd EUR auf 84,8 Mrd. EUR vor. Dadurch verschlechtert sich der Netto­finanzierungs­saldo 2022 um 6,5 Mrd. EUR auf ‑19,1 Mrd. EUR. Die Änderungen im Ergebnis­haushalt entsprechen weitgehend jenen im Finanzierungs­haushalt. Zu Mehr­auszahlungen 2022 kommt es insbesondere in der UG 43‑Klima, Umwelt und Energie (+1,6 Mrd. EUR) im Zusammenhang mit der strategischen Gas­reserve und in der UG 24‑Gesundheit (+1,3 Mrd. EUR) aufgrund des Zusatzbedarfs für die COVID‑19-Krisen­bewältigung, dem Minder­auszahlungen aufgrund der entfallenen KV‑Beitrags­senkung gegen­über­stehen. Die Minder­einzahlungen betreffen überwiegend die UG 16‑Öffentliche Abgaben wegen neu beschlossener Maßnahmen und der technischen Anpassung bei den Ertragsanteilen, welche teilweise durch konjunkturell bedingte Mehr­einzahlungen kompensiert werden. Insgesamt werden die Nettoabgaben um 2,0 Mrd. EUR reduziert.

Für die Jahre 2023 bis 2025 sieht die BFRG‑Novelle gegenüber der bisherigen Planung eine Verbesserung des Netto­finanzierungs­saldos zwischen 1,1 Mrd. EUR (2023 und 2024) und 1,3 Mrd. EUR (2025) vor. Diese Verbesserung resultiert aus der angepassten Einzahlungs­prognose, die ab 2023 einen deutlichen Einzahlungs­anstieg vorsieht. Die Auszahlungs­obergrenzen für die Jahre 2023 bis 2025 werden in der BFRG‑Novelle zwischen 2,0 Mrd. EUR (2023) und 3,0 Mrd. EUR (2025) angehoben. Die größte Veränderung betrifft die Erhöhung der Auszahlungs­obergrenzen in der UG 58‑Finanzierungen, Währungstausch­verträge in Folge des geänderten Zinsumfelds. Weitere wesentliche konjunkturbedingte Erhöhungen werden in der UG 22‑Pensionsversicherung sowie der UG 23‑Pensionen – Beamtinnen und Beamte vorgenommen, weil stärkere Pensionserhöhungen zu erwarten sind. Zu einer Reduktion der Auszahlungs­obergrenze kommt es ab 2023 hingegen in der UG 24‑Gesundheit aufgrund der entfallenen KV‑Beitragssenkung.

Einige bereits bekannte und im Hinblick auf das Gesamtbudget relevante Veränderungen (z. B. bei den Dividenden) sind in den Vorlagen nicht vollständig abgebildet. Auch wesentliche angekündigte Reform­vorhaben (z. B. Erhöhung des Budgets für die Landes­verteidigung, Pflegereform) sind im aktuellen Finanzrahmen noch nicht berücksichtigt, weshalb mit weiteren wesentlichen Änderung der Auszahlungs­obergrenzen für die Folge­jahre zu rechnen ist. Die BFG‑Novelle erhält erhebliche zusätzliche Ermächtigungen. Analog zur COVID‑19-Berichterstattung sollte über deren Inanspruchnahme in den Monats­berichten auf Maßnahmen­ebene berichtet werden (z. B. über die Ermächtigung für die Gasbevorratung).

Das Österreichische Stabilitätsprogramm für die Jahre 2021 bis 2025 (Österreichisches Stabilitätsprogramm 2022), das Ende April von der Bundes­regierung vorgelegt wurde, enthält eine Budget­planung auf gesamtstaatlicher Ebene in der Darstellung der Volkswirtschaftlichen Gesamt­rechnungen (VGR). Die Auswirkungen der vorgelegten Novellen zum BFG 2022 und BFRG 2022‑2025 sind in dieser Planung bereits berücksichtigt.

Das gesamtstaatliche Maastricht‑Defizit soll im Jahr 2022 mit 3,1 % des BIP aufgrund des schrittweisen Auslaufens der Maßnahmen zur Bewältigung der COVID‑19-Pandemie deutlich unter dem Defizit 2020 (8,0 % des BIP) und dem Defizit 2021 (5,9 % des BIP) liegen. Es würde damit jedoch um 0,8 %‑Punkte bzw. 3,6 Mrd. EUR deutlich höher ausfallen als im Herbst 2021 erwartet. Zur Änderung der Defizit­prognose tragen insbesondere die neu beschlossenen Maßnahmen und die höher erwarteten COVID‑19-Kosten bei, während die geänderten Annahmen zur Konjunktur­entwicklung und sonstige Änderungen dämpfend auf das Defizit wirken. Für die weitere Planungs­periode sieht das Österreichische Stabilitäts­programm 2022 eine ähnliche Defizit­entwicklung vor wie die Planung im Herbst 2021. Bis 2025 wird ein Rückgang des Maastricht‑Defizits auf 0,3 % des BIP (1,6 Mrd. EUR) geplant.

Während das BMF bei der Budgeterstellung im Herbst 2021 für 2022 noch einen Rückgang der Schulden­quote von 82,8 % des BIP auf 79,1 % des BIP erwartete, geht es nunmehr von einer Schuldenquote iHv 80,0 % des BIP aus. Die Schuldenquote soll bereits 2023 auf den bei der Budget­erstellung geplanten Reduktions­pfad zurückkehren und bis 2025 auf 72,1 % des BIP sinken. Günstig auf die Entwicklung der Schulden­quote wirkt sich dabei das aufgrund der Preisentwicklung erwartete stärkere nominelle BIP‑Wachstum aus.

Vor allem in Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine, der Lage auf den Energie- und Rohstoff­märkten sowie dem künftigen Verlauf der COVID‑19-Pandemie bestehen beträchtliche Risiken für Abweichungen von der mit den Novellen zum BFG und zum BFRG vorgelegten kurz- und mittelfristigen Budget­planung. Obwohl die Abwärtsrisiken insgesamt überwiegen, besteht etwa bei den eher vorsichtig veranschlagten Einzahlungen die Möglichkeit einer gegenüber der Budget­planung günstigeren Entwicklung.