Budgetdienst - Budgetvollzug 17.02.2023

Budgetvollzug Jänner bis Dezember 2022 und COVID-19-Berichterstattung

Analyse des Budgetdienstes

Überblick

Der Netto­finanzierungssaldo des Bundes 2022 betrug ‑20,8 Mrd. EUR und verschlechterte sich damit gegenüber dem Vergleichs­zeitraum des Vor­jahres weiter um 2,8 Mrd. EUR, obwohl er durch die stark gestiegenen Ein­zahlungen trotz Mehr­aus­zahlungen um 2,3 Mrd. EUR günstiger als veranschlagt war. Damit ergibt sich das dritte Jahr in Folge ein deutlich negativer Netto­finanzierungs­bedarf für den Bund.

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Kurzfassung

Kräftige Wirtschaftserholung setzte sich 2022 fort

Die konjunkturelle Lage 2022 war von einem hohen Wirtschaftswachstum, einer robusten Arbeitsmarktentwicklung und einer stark gestiegenen Inflationsrate geprägt, in deren Folge auch das Zinsniveau deutlich angestiegen ist. Das reale Wirtschafts­wachstum betrug 4,7 %, wobei sich die Wachstumsdynamik im Jahresverlauf deutlich verlangsamt hat und im 4. Quartal sogar leicht negativ war. Das nominelle BIP, welches für den Budgetvollzug eine wichtige Kenngröße darstellt, ist im Jahr 2022 mit 9,9 % aufgrund des gestiegenen Preisniveaus deutlich stärker gewachsen. Auch die nominellen privaten Konsumausgaben haben inflationsbedingt mit 12,6 % stark ange­zogen. Die nominellen volkswirtschaftlichen Indikatoren verzeichneten im Vergleich zu den Erwartungen bei der Budgeterstellung im Herbst 2021 bzw. bei der Novellierung des Bundesvoranschlags im Frühjahr 2022 ein deutlich kräftigeres Wachstum, was die einzahlungsseitige Voranschlagsüberschreitung teilweise erklärt.

Der Arbeitsmarkt war von einer weiter steigenden Beschäftigung und sinkenden Arbeitslosenzahlen charakterisiert. Die Arbeitslosenquote nach nationaler Definition betrug 6,3 % im Jahresschnitt 2022 und war damit niedriger als bei der Budget­erstellung bzw. Novellierung erwartet. Die Inflationsrate betrug im Jahr 2022 8,6 %, bei der Budgetplanung wurde noch von einer deutlich geringeren Inflationsrate ausgegangen. Auch das Zinsniveau lag 2022 deutlich über den Erwartungen bei der Budgeterstellung.

Positive Einzahlungsentwicklung trotz einzahlungsseitiger Maßnahmen zum Teuerungsausgleich

Die (bereinigten) Einzahlungen belaufen sich für 2022 auf 90,6 Mrd. EUR und sind um 4,6 Mrd. EUR bzw. 5,3 % höher als im Vergleichszeitraum 2021. Im Vorjahr wurde das Aufkommen vor allem zu Beginn des Jahres noch stark durch die Einschränkungen aufgrund der COVID‑19-Pandemie gedämpft. Der Einzahlungsanstieg 2022 ist über­wiegend auf das gestiegene Abgaben­aufkommen zurückzuführen, wobei neue diskretionäre Maßnahmen das Aufkommen etwas dämpfen. Neben den Abgaben tragen vor allem die weiteren konjunkturabhängigen Einzahlungen, wie insbesondere die Arbeitslosen­­versicherungs­beiträge und die Dienstgeberbeiträge zum FLAF, zum Einzahlungs­an­stieg bei. Die abgaben­ähnlichen Einzahlungen (v. a. Arbeitslosen­­ver­sicherungs­bei­träge, Beiträge zum FLAF) waren um insgesamt 0,31 Mrd. EUR höher als budgetiert. Weitere Mehr­einzahlungen betrafen die Dividenden von ÖBAG und Verbund sowie die Gewinn­abfuhr der OeNB für 2021.

Die Einzahlungen aus den Öffentlichen Bruttoabgaben beliefen sich im Jahr 2022 auf 105,2 Mrd. EUR, der BVA 2022 wurde damit um 7,1 Mrd. EUR (+7,2 %) überschritten. Im Vorjahresvergleich entspricht dies einem Zuwachs von 9,5 Mrd. EUR (+9,9 %). Die Abgaben­entwicklung im Jahr 2022 war einerseits von Nachholeffekten im Zusam­menhang mit der COVID‑19‑Krise und inflationsbedingten Mehreinnahmen und andererseits von Mindereinnahmen aufgrund von Maßnahmen zum Teuerungsaus­gleich und dem Inkrafttreten der Ökosozialen Steuerreform (ÖSSR) geprägt. Generell positiv ausgewirkt auf das Steueraufkommen hat sich die wirtschaftliche Dynamik insbesondere in der ersten Jahreshälfte. Zu den höchsten Voranschlagsüber­schreitungen kam es bei der Körperschaftsteuer (+3,0 Mrd. EUR), der Veranlagten Einkommensteuer (+2,1 Mrd. EUR) und der Umsatzsteuer (+1,6 Mrd. EUR). Bei der Körperschaftsteuer und der Veranlagten Einkommensteuer dürften die Nachhol­effekte infolge der COVID‑19‑Krise und die Vorauszahlungs­dynamik für das Jahr 2022 unterschätzt worden sein. Bei der Umsatzsteuer hat insbesondere die höher als angenommene Inflationsrate zur Voranschlagsüberschreitung geführt.

Multiple Krisen belasten den auszahlungsseitigen Budgetvollzug

Im Budgetvollzug waren die bereinigten Auszahlungen mit 111,4 Mrd. EUR um 3,8 Mrd. EUR höher als budgetiert, obwohl die budgetierten Auszahlungen im Rahmen der BFG-Novelle um 8,4 Mrd. EUR auf insgesamt 107,5 Mrd. EUR ange­hoben wurden. Während die Auszahlungen zur Krisenbewältigung die Erhöhungen dominierten, gab es bei den regulären Budgetansätzen Unterschreitungen. Die wesentlichen Änderungen zum BVA betreffen folgende Bereiche:

  • Die Auszahlungen aus dem COVID‑19-Krisenbewältigungsfonds waren mit 9,3 Mrd. EUR weiterhin beträchtlich und um 3,4 Mrd. EUR höher als budgetiert, wofür die COVID‑19-Ermächtigungen in Anspruch genommen wurden. Über­schreitungen betrafen insbesondere die Zahlungen an die COFAG (+1,8 Mrd. EUR) und die Auszahlungen der UG 24‑Gesundheit (+1,1 Mrd. EUR). Mittel für die Kurzarbeit sanken 2022 hingegen deutlich gegenüber dem Vorjahr.
  • Weiters wurde die Ermächtigung für die strategische Gasreserve in Anspruch genommen (+2,2 Mrd. EUR) und dafür insgesamt 3,8 Mrd. EUR ausbezahlt.
  • Die auszahlungsseitigen Entlastungsmaßnahmen (insbesondere der erhöhte Klimabonus und Anti-Teuerungs­bonus sowie weitere Maßnahmen) entsprachen mit 5,7 Mrd. EUR in etwa den veranschlagten Werten, wobei es allerdings zu Abweichungen bei den Detailpositionen kam.
  • Darüber hinaus führte das gestiegene Zinsniveau zu einem signifikanten Anstieg der Auszahlungen in der UG 58‑Finanzierungen, Währungstausch­verträge auf 6,0 Mrd. EUR (+1,7 Mrd. EUR gegenüber dem BVA bzw. +2,8 Mrd. EUR gegen­über dem Erfolg 2021), weil bei Anleiheemissionen im steigenden Zins­umfeld Abschläge (Disagien) bezahlt werden mussten. Im ökonomisch aussage­kräftigeren Ergebnishaushalt werden Zinsen und (Dis-)Agien periodengerecht zugerechnet und die Zinsaufwendungen voraussichtlich deutlich niedriger sein.
  • Bei den Auszahlungen ohne direkten COVID‑19- oder anderen Krisenbezug (wie Entlastungsmaßnahmen und strategische Gasreserve) kam es hingegen zu einer deutlichen Unterschreitung des BVA 2022. Bei den Auszahlungen ohne Krisen­bezug kam es zu einer Voranschlagsunterschreitung von insgesamt rd. 3,4 Mrd. EUR (ohne die Voranschlagsüberschreitung in der UG 58‑Finanzierungen, Währungstauschverträge). Die größten Positionen betreffen geringere Auszahlungen vor allem aus der UG 40‑Wirtschaft (Investitionsprämie), der UG 45‑Bundesvermögen und der UG 41‑Mobilität.

Der aus der Differenz von Einzahlungen und Auszahlungen resultierende Netto­finanzierungssaldo 2022 beträgt ‑20,8 Mrd. EUR und verschlechtert sich damit gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres um 2,8 Mrd. EUR, war jedoch aufgrund der stark gestiegenen Einzahlungen (denen auch Mehrauszahlungen gegen­überstanden) um 2,3 Mrd. EUR günstiger als veranschlagt. Damit ergibt sich das dritte Jahr in Folge ein deutlicher negativer Netto­finanzierungs­bedarf für den Bund.

Maßnahmen zur Bewältigung der COVID-19-Krise wirken budgetär auch 2022 nach

Im (novellierten) BVA 2022 waren für Maßnahmen zur Bewältigung der COVID‑19-Krise (inklusive Kurzarbeit) Auszahlungen iHv rd. 6,6 Mrd. EUR veranschlagt. Außer­dem ist im BFG 2022 eine COVID‑19-Ermächtigung iHv 5 Mrd. EUR enthalten, die darüber hinausgehende Auszahlungen ermöglicht. Die Auszahlungen für Maßnahmen zur COVID‑19-Krisenbewältigung belaufen sich für 2022 auf insgesamt rd. 10,0 Mrd. EUR. Davon wurden rd. 9,3 Mrd. EUR über den COVID‑19-Krisenbewältigungsfonds abgewickelt und 0,75 Mrd. EUR durch reguläre Budgetmittel bedeckt (v. a. Auszah­lungen für Kurzarbeitsbeihilfen iHv 0,66 Mrd. EUR).

Mit 3,3 Mrd. EUR entfiel ein erheblicher Teil der im Jahr 2022 geleisteten Auszah­lungen zur Krisenbewältigung auf die über die COFAG abgewickelten Förder­instrumente, wofür Ende 2021 eine Vorauszahlung iHv 1,8 Mrd. EUR erfolgte, die für die Zahlung der Förderungen im Jahr 2022 verwendet wurde. In Summe (2020 bis 2022) wurden der COFAG aus dem Bundeshaushalt bisher Mittel iHv 15,3 Mrd. EUR bereitgestellt. Davon wurden per 31. Dezember 2022 insgesamt 14,5 Mrd. EUR an die Endempfänger:innen überwiesen, da auch 2022 eine Vorauszahlung geleistet wurde.

Das Volumen an Zahlungserleichterungen (Stundungen, Ratenzahlungen) betrug per 31. Dezember 2021 noch 1,86 Mrd. EUR und reduzierte sich aufgrund des Auslaufens der Phase 1 des Ratenzahlungsmodells mit Stand 30. September 2022 auf 0,7 Mrd. EUR. Phase 2 folgt mit höchstens 21 weiteren Monaten bis Ende Juni 2024. Mit Stichtag 31. Dezember 2022 betrugen die ausständigen COVID‑19-Haftungen insgesamt 4,9 Mrd. EUR und haben sich um 1,1 Mrd. EUR gegenüber 2021 weiter verringert, bleiben aber gegenüber dem Höchststand von 6,6 Mrd. EUR Ende 2020 noch hoch.

Hohe Mittelverwendungsüberschreitungen dienten der Umsetzung von Maßnahmen zur Krisenbewältigung

Im Jahr 2022 wurden Mittelverwendungsüberschreitungen (MVÜ) im Finanzierungs­haushalt iHv insgesamt 13,4 Mrd. EUR genehmigt. Davon betrafen 6,7 Mrd. EUR den COVID‑19-Krisenbewältigungsfonds und 2,2 Mrd. EUR die Gasbevorratung.

Die Rücklagenentnahmen im Jahr 2022 beliefen sich auf rd. 3 Mrd. EUR, wovon 0,6 Mrd. EUR budgetiert waren und 2,4 Mrd. EUR im laufenden Budgetvollzug zur Bedeckung von MVÜ entnommen wurden. Der Großteil wurde für jene Detailbudgets entnommen, für die sie ursprünglich vorgesehen waren. 139,5 Mio. EUR wurden für andere Unter­gliederungen verwendet, wobei die betraglich umfangreichste Rück­la­genentnahme aus der UG 45‑Bundesvermögen iHv 105,3 Mio. EUR in der UG 42‑Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft vor allem für die Bedeck­ung des Teuerungsausgleichs in der Landwirtschaft verwendet wurde. Um­schichtun­gen von Detailbudgets aus anderen Untergliederungen derselben Rubrik betragen 112,8 Mio. EUR, wobei es sich dabei um ressortinterne Umschichtungen von Ministe­rien mit mehreren Untergliederungen (wie insbesondere BMI und BMSGPK) handelte.

Im Gesamtjahr 2022 wurden berichtspflichtige Vorbelastungen iHv 7,11 Mrd. EUR gemeldet, die in den Folgejahren zu Auszahlungen des Bundes führen werden. Diese betreffen im Wesentlichen die Fortsetzung von mehrjährigen Projekten wie insbe­son­dere die vierte und fünfte Ausbauphase der Wiener U‑Bahn, Finanzierungsver­einba­rungen mit zentralen Forschungs- bzw. Fördereinrichtungen (z. B. Forschungs­förde­rungsgesellschaft mbH (FFG), Austria Wirtschaftsservice GmbH (aws)), die Verlänge­rung der Förderung bestehender Studiengänge und Förderung neuer Studiengänge an Fachhochschulen sowie das Förderprogramm für die Erbringung von Schienengüter­verkehrsleistungen in bestimmten Produktionsformen in Österreich.