Budgetdienst - Bundesrechnungsabschluss 27.09.2021

Bundesrechnungsabschluss 2020

Analyse vom 27. September 2021

Überblick

Der Rechnungshof legte am 30. Juni 2021 den Bundesrechnungsabschluss 2020 des Bundes vor. Der Budgetdienst behandelte in seiner Analyse neben der konsolidierten Ergebnis-, Finanzierungs-, und Vermögensrechnung insbesondere die Voranschlagsabweichungen und die Ergebnisse der Abschlussprüfungen des Rechnungshofes. Er befasste sich zudem ausführlich mit der gesamtstaatlichen Haushaltsentwicklung sowie den durch die COVID‑19-Krise veränderten wirt­schaftlichen Rahmenbedingungen und fasste dazu auch die im Jahr 2020 ergrif­fenen Maßnahmen zur Krisenbewältigung zusammen.

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Kurzfassung

Der Rechnungshof (RH) legte am 30. Juni 2021 den Bundesrechnungsabschluss 2020 (BRA 2020) mit der konsolidierten Ergebnis-, Finanzierungs- und Vermögens­rechnung des Bundes und den Voranschlags­vergleichs­rechnungen (VVR) samt Erläuter­ungen vor. Zudem erfolgte die Bericht­erstattung über die Abschlüsse auf Unter­gliederungs­ebene (Segment­bericht­erstattung) und über die Ergebnisse der § 9-Prüfungen des RH (Ordnungs­mäßigkeits- und Beleg­prüfung, Vorprüfung des COVID‑19-Krisen­bewältigungs­fonds).

Der durch die COVID‑19-Krise ausgelöste Einbruch der Wirtschafts­entwicklung und die zur Krisen­bewältigung und zur Konjunktur­belebung ergriffenen Maß­nahmen prägten im Jahr 2020 den Budgetvollzug und führten zu einer massiven Ver­schlech­terung der gesamt­staatlichen Haushalts­entwicklung des Bundes.

Das gesamt­staatliche Maastricht-Defizit erreichte gemäß den vorläufigen Werten der Maastricht-Notifi­kation der Statistik Austria vom 1. April 2021 mit 8,9 % des BIP (33,2 Mrd. EUR) einen historisch hohen Wert. Der gesamt­staatliche Schulden­stand erhöhte sich 2020 um 13,4 %‑Punkte auf 83,9 % des BIP (315,2 Mrd. EUR). Auch 2021 ist ein deutliches Defizit und eine entsprech­ende Erhöhung des Schulden­standes zu erwarten. Im EU Vergleich verzeichnete Spanien mit 11,0 % des BIP das höchste Defizit im Jahr 2020, während Dänemark lediglich ein Defizit iHv 1,1 % des BIP aufwies. Österreich befand sich beim Maastricht Defizit im oberen Drittel der 27 EU-Mitglied­staaten. Dies ist auch auf im EU-Vergleich hohe COVID‑19-Unter­stützungs­maß­nahmen zurückzuführen. Beim Anstieg der Schulden­quote, die neben dem Defizit auch durch den BIP Nenner-Effekt (geringeres BIP, durch das der Schuldenstand dividiert wird) und das Stock-Flow-Adjustment beeinflusst wird, lag Österreich etwa im Mittelfeld der EU-Mitgliedstaaten.

Aufgrund der im März 2020 aktivierten allgemeinen Ausweichklausel können die EU-Mitgliedstaaten temporär von den Fiskal­regeln des Stabilitäts- und Wachstums­paktes abweichen und die Europä­ische Kommission (EK) leitete trotz des hohen Defizits und der massiven Erhöhung der Schulden­quote kein Defizit­verfahren ein.

Der Vollzug des Bundeshaushalts im Jahr 2020 brachte sowohl im Finanzierungs- als auch im Ergebnis­haushalt ein schlechteres Gesamt­ergebnis als veranschlagt. Während die Mittel­herkunfts­seite (Ein­zahlungen, Erträge) in beiden Haus­halten deutlich überschätzt wurde, konnten in beiden Haus­halten die Mittel­verwendungen (Auszah­lungen, Aufwen­dungen) stark unterschritten werden.

Die periodengerecht abgegrenzten Erträge lagen im Erfolg mit 75,8 Mrd. EUR um 7,0 % unter dem Voranschlag und verringerten sich weniger stark als die Ein­zah­lungen im Finanzierungs­haushalt, die mit 73,6 Mrd. EUR den Vor­anschlag um 10 % unterschritten. Dies ist insbesondere durch die Gewäh­rung von Steuer­stundungen bedingt, die den Finanzierungs­haushalt stärker belasten und sich im perioden­abgegrenzten Ergebnis­haushalt nicht niederschlagen.

Die periodengerecht abgegrenzten Aufwendungen waren 2020 mit 99,5 Mrd. EUR um 4,9 Mrd. EUR (‑4,7 %) niedriger als budgetiert. Die Aus­zahlungen im Finanzierungs­haushalt lagen bei 96,1 Mrd. EUR und waren netto um 6,2 Mrd. EUR (‑6,1 %) geringer als der Vor­anschlag, wobei der Unter­schieds­betrag auf gegen­läufige Effekte zurück­zuführen war. Der mit 20,0 Mrd. EUR als pauschale Vor­sorge für die Krisen­bewältigungs­maßnahmen dotierte Krisen­bewältigungs­fonds wurde zu rd. 12,0 Mrd. EUR nicht ausgenutzt. Zu einer Erhöhung der Aus­zahlungen führten hingegen andere nicht budgetierte diskretionäre Maß­nahmen zur COVID‑19-Pandemie­bekämpfung von insgesamt 6,2 Mrd. EUR, der über­wiegende Teil davon betraf die Kurz­arbeit (+5,5 Mrd. EUR). Konjunktur­bedingte Mehraus­zahlungen (+737,5 Mio. EUR) resultierten insbesondere aus höheren Leistungen der Arbeits­losenver­sicherung und einem höheren Bundes­beitrag für Pensionen (aufgrund geringerer Beitrags­einnahmen). Diesen höheren Aufwendungen stehen Minder­auszahlungen, insbesondere durch niedrigere Refinanzierungs­kosten bei der Neu­aufnahme von Finanz­schulden (‑748,6 Mio. EUR), gegenüber.

Der Nettofinanzierungssaldo im Finanzierungshaushalt war im Jahr 2020 mit ‑ 22,5 Mrd. EUR deutlich negativ und verschlechterte sich damit gegenüber dem Jahr 2019 um 24,0 Mrd. EUR (Netto­finanzierungs­saldo 2019: +1,5 Mrd. EUR). Die pandemie­bedingten Krisen­bewältigungs­maßnahmen im Finanzjahr 2020 auf der Ein- und Aus­zah­lungs­seite sowie ein konjunkturell bedingter Einzahlungs­ausfall belasteten den Netto­finanzierungs­saldo massiv. Die Auszahlungen aus dem COVID‑19-Krisen­bewältigungs­fonds (8,5 Mrd. EUR) hatten einen Anteil von 37,7 % am negativen Saldo. Weitere COVID‑19-bedingte Mehr­aus­zahlungen betrafen die Kurz­arbeit (5,5 Mrd. EUR) und einzahlungs­seitig die Steuer­erleichterungen (6,4 Mrd. EUR). Der Netto­finanzierungs­saldo lag mit 1,9 Mrd. EUR über dem budgetierten Wert.

Auch der Ergebnishaushalt wies im Jahr 2020 ein negatives Nettoergebnis (23,6 Mrd. EUR) auf. Gegenüber dem Jahr 2019 kam es zu einer Ver­schlechterung um 24,5 Mrd. EUR. Dies war insbesondere auf die geringeren Netto­abgaben­erträge einschließlich der abgaben­ähnlichen Erträge des Bundes (7,0 Mrd. EUR), die Maßnahmen des COVID‑19-Krisen­bewältigungs­fonds (7,9 Mrd. EUR), die höheren Kurzarbeits­beihilfen (5,5 Mrd. EUR), die höhere Dotierung von Rück­stellungen für Haftungen (1,7 Mrd. EUR), die höheren Bundes­beiträge für die Pensions­versicherungs­träger (1,6 Mrd. EUR) und die höheren Leistungen aus der Arbeits­losenver­sicherung (1,5 Mrd. EUR) zurückzuführen.

Die konsolidierte Vermögensrechnung zum 31. Dezember 2020 wies ein Vermögen (Aktiva) von 115,5 Mrd. EUR aus. Dies bedeutet eine Stei­gerung gegenüber dem Vor­jahr (2019: 103,6 Mrd. EUR) um 11,9 Mrd. EUR, die vor allem durch einen Anstieg bei den liquiden Mitteln aufgrund einer höheren Liquiditäts­haltung für COVID‑19-Unter­stützungs­maßnahmen und durch Forderungen aus Perioden­abgrenzungen aufgrund der Steuer­stundungen von öffent­lichen Abgaben verursacht wurde. Die Fremd­mittel (Passiva) betrugen 2020 290,9 Mrd. EUR und waren damit um 36,6 Mrd. EUR höher als im Vor­jahr (2019: 254,4 Mrd. EUR), was vor allem auf den Anstieg der Finanz­schulden zurück­zuführen ist. Daraus ergibt sich ein negatives Netto­vermögen („negatives Eigenkapital“) von ‑175,4 Mrd. EUR, das sich im Vergleich zum Vorjahr um 24,7 Mrd. EUR verschlechterte.

Der Stand der Rücklagen zum 31. Dezember 2020 betrug 16,8 Mrd. EUR, damit stiegen die Rücklagen­bestände gegen­über dem Vor­jahr um rd. 1,4 Mrd. EUR. Im Jahr 2020 wurden insgesamt 0,5 Mrd. EUR an Rück­lagen ent­nommen und 2,0 Mrd. EUR neu zugeführt. Im Gegen­satz zu den Vor­jahren wurden die Rück­lagen 2020 in jenen Unter­gliederungen verwendet, für die sie gebildet wurden. Die höchsten Rücklagen­zuführungen erfolgten 2020, wie bereits im Vorjahr, in der UG 58‑Finanzierungen, Währungs­tausch­verträge und in der UG 46‑Finanzmarkt­stabilität. Mehr als die Hälfte der Zufüh­rungen erfolgten in Unter­gliederungen des BMF (1.155,8 Mio. EUR bzw. 57 %) Und betrafen vor allem spezielle vom BMF verwaltete Ge­barungen, nicht jedoch die Finanz­verwaltung selbst. Bei diesen Sach­verhalten handelt es sich um Sonder­maß­nahmen bzw. vom Ressort nicht beein­flussbare Faktoren, sodass durch eine Rücklagen­bildung keine Anreiz­wirkung erzielt werden kann.

Die Auszahlungen der Ressorts für aus dem Krisen­bewältigungs­fonds bedeckte COVID‑19-Maß­nahmen betrugen im Jahr 2020 ins­gesamt rd. 8,5 Mrd. EUR. Damit lagen diese deutlich unter den 20 Mrd. EUR, die dafür pauschal im BVA 2020 in der UG 45‑Bundes­vermögen für die Krisen­bewältigung veranschlagt wurden. Der RH überprüfte die Gebarung des COVID‑19-Krisen­bewältigungs­fonds, wobei mehrere Empfeh­lungen auch Aus­wirkungen auf künftige Budgets haben. Die plan­baren Aus­zahlungen für die Maß­nahmen zur Bewältigung der COVID‑19-Pandemie sollten im Sinn der Trans­parenz bereits im Budget veran­schlagt werden. Für die einge­räumten Haftungen sollte in regel­mäßigen Abständen das Ausfall­risiko neu bewertet und die Haftungs­rückstellung zum Bilanz­stichtag entsprechend angepasst werden. Das Ausfall­risiko für die Haftungen sollte auch in aggregierter und aufbereiteter Form in die Bericht­erstattung an den National­rat aufgenommen werden. In einer Richt­linie zur Konten­eröffnung sollten ein Prozess zur Konten­eröffnung und ‑schließung sowie Qualitäts­sicherungs­maß­nahmen definiert werden.