Der Bundesrechnungsabschluss 2021 (BRA 2021) mit der konsolidierten Ergebnis-, Finanzierungs- und Vermögensrechnung des Bundes und den Voranschlagsvergleichsrechnungen (VVR) samt Erläuterungen wurde vom Rechnungshof (RH) am 30. Juni 2022 vorgelegt. Ergänzend erfolgte eine Berichterstattung über die Abschlüsse auf Untergliederungsebene (Segmentberichterstattung) und über die Ergebnisse der § 9‑Prüfungen des RH (Ordnungsmäßigkeits- und Belegprüfung, Schwerpunktprüfung Anlagen und Vorräte).
Der Beschluss des Bundesvoranschlags (BVA) 2021 war von hoher Unsicherheit geprägt und sah Einzahlungen iHv 75,2 Mrd. EUR und Auszahlungen iHv 97,8 Mrd. EUR sowie einen stark negativen Nettofinanzierungssaldo iHv ‑22,6 Mrd. EUR vor. Die sich ändernden Rahmenbedingungen führten im Mai 2021 zu einer Novelle des Bundesfinanzgesetzes (BFG) 2021 und des Bundesfinanzrahmengesetzes (BFRG) 2021‑2024. Zum einen wurden damit die veränderten Konjunkturerwartungen berücksichtigt, die auf einem Lockdown-Prognoseszenario des WIFO basierten und letztendlich deutlich übertroffen wurden. Zum anderen betrafen die Änderungen seit dem Budgetbeschluss umgesetzte diskretionäre Maßnahmen und in geringem Ausmaß den Österreichischen Aufbau- und Resilienzplan (ARP). Die BFG-Novelle sah einen Anstieg der Auszahlungen um 5,5 Mrd. EUR auf 103,2 Mrd. EUR und einen Rückgang der Einzahlungen um 2,6 Mrd. EUR auf 72,5 Mrd. EUR vor. Dadurch verschlechterte sich der budgetierte Nettofinanzierungssaldo um 8,1 Mrd. EUR auf ‑30,7 Mrd. EUR. Durch die BFG‑Novelle wurden die BFG‑Ermächtigungen auf 9,0 Mrd. EUR aufgestockt, insbesondere für den COVID‑19-Krisenbewältigungsfonds und in geringem Umfang auch für die Aufbau- und Resilienzfazilität (RRF).
Der Vollzug des Bundeshaushaltes brachte 2021 sowohl im Finanzierungs- als auch im Ergebnishaushalt ein insgesamt besseres Gesamtergebnis als veranschlagt. Während die Mittelherkunftsseite (Einzahlungen, Erträge) im Budget in beiden Haushalten deutlich unterschätzt wurde, wurden im Finanzierungshaushalt die Auszahlungen leicht überschritten, während sie im Ergebnishaushalt darunter lagen.
Die periodengerecht abgegrenzten und um bundesinterne Transfers aus dem COVID‑19-Krisenbewältigungsfonds bereinigten Erträge lagen im Erfolg mit 85,14 Mrd. EUR um 16,9 % über dem Voranschlag und um 12,3 % über dem Vorjahr. Sie erhöhten sich damit weniger stark als die bereinigten Einzahlungen im Finanzierungshaushalt, die mit 86,02 Mrd. EUR den Voranschlag um 18,6 % und das Vorjahresergebnis um 16,8 % überschritten. Die starke Konjunktur hat zu Mehreinzahlungen im Bereich der öffentlichen Abgaben und der abgabenähnlichen Erträge, der Justiz und beim Bundesvermögen geführt. Die Unterschiede zwischen Erträgen und Einzahlungen liegen vor allem in „time adjustments“, mit denen die Erträge periodengerecht dargestellt werden.
Im Jahr 2021 waren die periodengerecht abgegrenzten Aufwendungen mit 104,78 Mrd. EUR um 1,16 Mrd. EUR (‑1,1 %) niedriger als budgetiert und um 5,3 Mrd. EUR (+5,4 %) höher als im Vorjahr. Die bereinigten Auszahlungen im Finanzierungshaushalt lagen bei 103,97 Mrd. EUR, wobei der Unterschied zum Voranschlag 0,72 Mrd. EUR (+0,7 %) und zum Vorjahr 7,86 Mrd. EUR (+8,2 %) betrug. Aus dem Krisenbewältigungsfonds wurden den Ressorts Mittel iHv 5,14 Mrd. EUR für die Bedeckung von Mehrauszahlungen über die ursprünglich budgetierten Mittel iHv 9,9 Mrd. EUR hinaus zur Verfügung gestellt (insgesamt somit rd. 15 Mrd. EUR). Die größten Abweichungen betrafen die COFAG in der UG 45‑Bundesvermögen (+2,30 Mrd. EUR), die Maßnahmen im Gesundheitsbereich in der UG 24‑Gesundheit (+1,89 Mrd. EUR) sowie den WKO Härtefallfonds in der UG 40‑Wirtschaft (+450,0 Mrd. EUR). Beim NPO-Fonds kam es hingegen zu einer Unterschreitung iHv 231,9 Mrd. EUR. Weiters führte die Verwendung der Arbeitsmarktrücklage zu Mehrauszahlungen (+297,0 Mio. EUR). Wesentliche Minderauszahlungen zum Voranschlag betrafen insbesondere die Investitionsprämie (‑1,1 Mrd. EUR), niedrigere Refinanzierungskosten bei der Neuaufnahme von Finanzschulden (‑706,4 Mio. EUR), die Digitalisierung des Schulunterrichts, den Lehrpersonalaufwand und Transfers für Landeslehrer:innen (‑387,9 Mio. EUR), den Waldfonds und Breitbandförderungen (‑326,6 Mio. EUR) sowie die geringere Inanspruchnahme von Haftungen (‑248,6 Mio. EUR).
Der Nettofinanzierungssaldo im Finanzjahr 2021 betrug ‑17,95 Mrd. EUR. Der Nettofinanzierungsbedarf lag damit weiterhin beträchtlich über dem Vorkrisenniveau, war aber um 4,51 Mrd. EUR geringer als im Jahr 2020. Auch im Vergleich zum BVA 2021 war er deutlich um 12,78 Mrd. EUR geringer. Wesentlich dafür war die besser als angenommene Konjunkturentwicklung, die zu höheren Einzahlungen führte. Bei den etwas höher als budgetierten Auszahlungen gab es gegenläufige Effekte. Das Nettoergebnis im Ergebnishaushalt für 2021 beträgt ‑19,64 Mrd. EUR. Es ist ungünstiger als der Nettofinanzierungssaldo, insbesondere aufgrund nicht finanzierungswirksamer Buchungen im betrieblichen Sachaufwand (Abschreibungen, Wertberichtigungen, Rückstellungen).
Das gesamtstaatliche Maastricht-Defizit war im Jahr 2021 gemäß vorläufiger Berechnung der Statistik Austria mit 5,9 % des BIP zwar etwas niedriger als 2020 (8,0 % des BIP), blieb aber aufgrund der anhaltenden COVID‑19-Krise auf sehr hohem Niveau. Mit dem schrittweisen Auslaufen der COVID‑19-Maßnahmen erwartet das BMF für die Jahre 2022 bis 2025 eine rückläufige Defizitentwicklung. Die budgetäre Verbesserung wird jedoch 2022 durch die neu beschlossenen Maßnahmen (v. a. Energie-Entlastungspakete, Gasreserve) gebremst. Vor allem in Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine, der Lage auf den Energie- und Rohstoffmärkten, dem künftigen Verlauf der COVID‑19-Pandemie sowie noch nicht berücksichtigter neuer Maßnahmen (z. B. 3. Entlastungspaket inkl. Abschaffung der Kalten Progression) bestehen beträchtliche Risiken für Abweichungen von der kurz- und mittelfristigen Budgetplanung.
Die konsolidierte Vermögensrechnung weist ein Vermögen (Aktiva) von 117,7 Mrd. EUR zum 31. Dezember 2021 aus. Das bedeutete gegenüber dem Vorjahr einen Anstieg um 2,1 Mrd. EUR, der vor allem die Forderungen aus der Periodenzuordnung der Abgabenerträge (+2,2 Mrd. EUR), die Beteiligungen (+1,5 Mrd. EUR) aufgrund von Zuschreibungen und die Sachanlagen (+0,4 Mrd. EUR) vor allem aus militärischen Beschaffungen betraf. Gegenläufig erfolgte eine Reduktion der liquiden Mittel (‑2,0 Mrd. EUR) resultierend aus dem im Vorjahr höheren Liquiditätsbedarf im Zusammenhang mit der COVID‑19-Pandemie. Die Fremdmittel (Passiva) betrugen 311,1 Mrd. EUR und waren damit um 20,2 Mrd. EUR höher als im Vorjahr (290,9 Mrd. EUR), was vor allem auf den Anstieg der Finanzschulden zurückzuführen ist. Daraus ergibt sich ein negatives Nettovermögen („negatives Eigenkapital“) von ‑193,5 Mrd. EUR, das sich im Vergleich zum Vorjahr um 18,0 Mrd. EUR verschlechterte.
Der Stand der Rücklagen zum 31. Dezember 2021 belief sich auf 19,9 Mrd. EUR, damit stiegen die Rücklagenbestände gegenüber dem Vorjahr um 3,1 Mrd. EUR. Die Zuführungen erfolgten zumeist in den Untergliederungen des BMF (1,9 Mrd. EUR) im Bereich der Finanzierungen und Währungstauschverträge, beim Bundesvermögen bzw. in der Kassenverwaltung. In den anderen Untergliederungen wurden Rücklagen insbesondere in der UG 41‑Mobilität (Klimaticket, Investitionsprogramme), in der UG 42‑Landwirtschaft, Regionen und Tourismus (Breibandausbau, Waldfonds) und in der UG 30‑Bildung (Digitalisierung Schulunterricht, Landeslehrer:innen) gebildet. Rücklagenentnahmen iHv 1,2 Mrd. EUR erfolgten 2021 vor allem für die Investitionsprämie, den Breitbandausbau und Auszahlungen für den Strukturfonds-Gemeinden. Insgesamt 170 Mio. EUR wurden dabei aus anderen Untergliederungen herangezogen. Dies betraf insbesondere Rücklagenentnahmen für den Strukturfonds-Gemeinden in der UG 44‑Finanzausgleich (100 Mio. EUR), die ursprünglich für die UG 45‑Bundesvermögen gebildet wurden.
In den jährlichen Überprüfungen der Abschlussrechnungen weist der RH auch immer wieder auf Problemlagen hin, die auch Anpassungen im Haushaltsrecht erforderlich machen würden. Viele Regelungen des neuen Haushaltsrechts haben sich grundsätzlich bewährt, in einigen wichtigen Bereichen besteht jedoch Nachschärfungs- oder Änderungsbedarf. Wesentliche Steuerungsinstrumente wie der Finanzrahmen haben an Bedeutung eingebüßt. Auch die COVID‑19-Krise hat deutlich gemacht, dass die Krisenbewältigungsmaßnahmen mit dem bestehenden haushaltsrechtlichen Instrumentarium zwar implementiert und abgebildet werden konnten, es zeigten sich im Zusammenhang mit der Krise aber in fast allen Bereichen des Budgetmanagements auch einige Schwachstellen. Insbesondere bei der Transparenz und der Risikoberichterstattung besteht Verbesserungsbedarf.