Budgetdienst - Bundesrechnungsabschluss 12.09.2023

Bundesrechnungsabschluss 2022

Analyse vom 12. September 2023

Überblick

Der Rechnungshof legte den Bundes­rechnungs­abschluss 2022 am 30. Juni 2023 vor. Die Analyse des Budget­dienstes umfasst die konsolidierte Ergebnis-, Finanzierungs- und Vermögens­rechnung, die Voranschlags­vergleichs­rechnung und die Ergebnisse der § 9‑Prüfungen des Rechnungs­hofs.

Der Netto­finanzierungs­bedarf lag 2022 mit ‑20,76 Mrd. EUR über dem Vorjahr, war aber besser als im Voranschlag (‑23,09 Mrd. EUR) angenommen. Gemäß Maastricht‑Notifikation war das gesamt­staatliche Maastricht‑Defizit im Jahr 2022 mit 3,2 % des BIP um 2,6 %-Punkte niedriger als im Jahr 2021.

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BD - Bundesrechnungsabschluss 2022 / PDF, 1 MB

Kurzfassung

Der Bundesrechnungs­abschluss 2022 (BRA 2022) mit der konsolidierten Ergebnis-, Finanzierungs- und Vermögens­rechnung des Bundes und den Voranschlags­vergleichs­rechnungen (VVR) samt Erläuterungen wurde vom Rechnungs­hof (RH) am 30. Juni 2023 vorgelegt. Ergänzend erfolgte eine Bericht­erstattung über die Abschlüsse auf Unter­gliederungs­ebene (Segment­bericht­erstattung) und über die Ergebnisse der § 9-Prüfungen des RH (Ordnungs­mäßigkeits- und Beleg­prüfung, Schwerpunkt­prüfung Bundes­haftung).

Das Bundes­finanz­gesetz (BFG) 2022 wurde ursprünglich im November 2021 vom Nationalrat beschlossen. Es erfolgten jedoch in Zusammenhang mit der Teuerungs- und Energie­krise sowie dem Krieg in der Ukraine und zur budgetären Abbildung der Kompetenz­verschiebungen aufgrund der Novelle zum Bundes­ministerien­gesetz (BMG) zwei Novellen des BFG 2022. Durch die beiden Novellen stiegen die budgetierten Auszahlungen 2022 um insgesamt 8,4 Mrd. EUR auf 107,5 Mrd. EUR. Die Anstiege betrafen vor allem Auszahlungen in Zusammen­hang mit der Teuerungs- und Energie­krise einschließlich der Beschaffung der Strategischen Gas­reserve (+6,4 Mrd. EUR) und mit der COVID‑19-Krise (+2,7 Mrd. EUR).

Die Einzahlungen im Jahr 2022 wurden durch die BFG‑Novellen mit 84,4 Mrd. EUR um 2 Mrd. EUR niedriger angesetzt als im ursprünglichen Budget­beschluss. Die veran­schlagten Minder­einzahlungen betrafen überwiegend die UG 16‑Öffentliche Abgaben wegen neu beschlossener Maß­nahmen und einer technischen Anpassung bei den Ertrags­anteilen, welche teilweise durch konjunkturell bedingte Mehr­einzahlungen kompensiert wurden. Außerdem wurden zusätzlich zu den bereits im November 2021 beschlossenen Ermächtigungen iHv 9,0 Mrd. EUR für den Strom­kosten­zuschuss, die Kompensation energie­intensiver Unternehmen, die Gas­versorgung und die COVID‑19-Hilfen, weitere Ermächtigungen von 5,0 Mrd. EUR für die Gas­bevorratung und Gas­diversifizierung und 0,4 Mrd. EUR für die Versorgung von Vertriebenen beschlossen. Aus dem Unterschied zwischen Auszahlungen und Einzahlungen resultierte nach den BFG‑Novellen ein budgetierter Netto­finanzierungs­bedarf iHv 23,1 Mrd. EUR, der damit um 10,5 Mrd. EUR höher war als im ursprünglichen Voranschlag.

Der Vollzug des Bundes­haushaltes im Jahr 2022 brachte sowohl im Finanzierungs- als auch im Ergebnis­haushalt ein besseres Gesamt­ergebnis als veranschlagt. Die Mittel­­herkunfts­seite (Einzahlungen, Erträge) wurde dabei in beiden Haushalten, vor allem aufgrund der guten Konjunktur­situation, deutlich unterschätzt. Im Finanzierungs­haus­halt wurden die Auszahlungen im Vollzug überschritten, im Ergebnis­haushalt lag der Erfolg leicht darunter.

Die bereinigten Einzahlungen waren mit 84,4 Mrd. EUR veranschlagt und wurden im Vollzug mit 90,6 Mrd. EUR um 6,2 Mrd. EUR über­schritten (+7,4 %). Der höhere Erfolg bei den Einzahlungen ist im Wesentlichen auf höhere Steuer­einzahlungen aufgrund der besser als erwarteten Konjunktur zurück­zuführen. Mehr­einzahlungen entfielen vor allem auf die Körperschaft­steuer (+3,6 Mrd. EUR), die Umsatz­steuer (+1,6 Mrd. EUR) und die veranlagten Einkommen­steuern (+2,0 Mrd. EUR). Weitere konjunktur­bedingte Erhöhungen waren bei den Arbeitslosen­versicherungs­beiträgen (+466,2 Mio. EUR) sowie bei den FLAF-Einnahmen (+122,0 Mio. EUR) zu verzeichnen. Minder­einzahlung iHv 555,4 Mio. EUR entstanden bei der Abwicklung der Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienz­fazilität (RRF), da die für 2022 budgetierten Mittel erst im Dezember angefordert wurden und die Zahlung somit erst 2023 erfolgte.

Die veranschlagten Auszahlungen von 107,5 Mrd. EUR wurden im Vollzug mit 111,4 Mrd. EUR (bereinigt) um 3,9 Mrd. EUR (+3,6 %) überschritten. Dies ist auf gegen­läufige Faktoren zurück­zuführen. Aus dem Krisen­bewältigungs­fonds wurden den Ressorts in Form von Mittel­verwendungs­überschreitungen 3,7 Mrd. EUR für die Bedeckung von Mehr­auszahlungen zur Verfügung gestellt. Die größten Abwei­chungen betrafen die COFAG (+1,8 Mrd. EUR), die Maßnahmen im Gesundheits­­bereich (+1,1 Mrd. EUR) und die Transfer­zahlungen an Länder und Gemeinden (+884,6 Mio. EUR). Umfangreiche Mehr­auszahlungen (2,2 Mrd. EUR) entstanden auch durch die Ausnutzung der Ermächtigung für die Beschaffung der strategischen Gas­­reserve, für die nur 1,6 Mrd. EUR budgetiert waren, jedoch Auszahlungen iHv 3,8 Mrd. EUR angefallen sind. Das gestiegene Zins­niveau führte zu einem signifikan­ten Anstieg der Auszahlungen, die mit 6,0 Mrd. EUR um 1,7 Mrd. EUR über dem BVA 2022 lagen. Auch in der UG 22‑Pensions­versicherung waren die Auszahlungen höher als budgetiert (+660,3 Mio. EUR). Die Verwendung der regelmäßig nicht budgetierten Arbeitsmarkt­rücklage (+259,0 Mio. EUR) führte ebenfalls zu Mehr­auszahlungen. Minder­auszahlungen erfolgten bei der Investitions­prämie sowie beim Energie­kosten­­zuschuss und verursachten ein deutliches Unterschreiten des BVA in der UG 40‑Wirt­schaft (‑1,1 Mrd. EUR).

Im Finanzjahr 2022 betrug der Netto­finanzierungs­saldo ‑20,76 Mrd. EUR und lag über dem Netto­finanzierungs­saldo 2021 (‑17,95 Mrd. EUR). Im Vergleich zum BVA 2022 war er um 2,33 Mrd. EUR geringer. Gemäß der Maastricht-Notifikation der Statistik Austria vom 31. März 2023 war das gesamt­staatliche Maastricht‑Defizit im Jahr 2022 mit 3,2 % des BIP um 2,6 %-Punkte niedriger als im Jahr 2021.

In der konsolidierten Vermögens­rechnung betrug das Vermögen (Aktiva) zum 31. Dezember 2022 121,85 Mrd. EUR. Beim Vermögen stiegen vor allem die lang­­fristigen Forderungen aus den Abgrenzungen der Zins­erträge und Disagien sowie die Forderungen aus der Perioden­zuordnung der Abgaben­erträge. Im Vorjahr noch nicht unter den Aktiva enthalten war die Beschaffung der strategischen Gas­reserve. Dem Vermögen standen Fremd­mittel (Passiva) iHv 327,46 Mrd. EUR gegenüber, die im Vergleich zum Vorjahr um 16,33 Mrd. EUR anstiegen, was vor allem auf höhere Finanz­schulen zurück­zuführen war. Daraus ergab sich ein negatives Eigen­kapital (negatives Netto­vermögen) iHv 205,60 Mrd. EUR, das sich im Vergleich zum Vorjahr um 12,14 Mrd. EUR verschlechterte.

Der Stand der Rücklagen zum 31. Dezember 2022 betrug 21,24 Mrd. EUR und stieg damit gegenüber dem Vorjahr um rd. 1,33 Mrd. EUR. Die Rücklagen­entnahmen waren 2022 mit 3,00 Mrd. EUR deutlich höher als im Vorjahr (1,20 Mrd. EUR). Zumeist wurden damit noch nicht abgeschlossene Projekte bzw. Förderungs­programme oder Investitionen bedeckt. Die größte Entnahme betraf iHv 1,95 Mrd. EUR die höheren Netto­disagien und gestiegene Refinanzierungs­kosten aufgrund des Zins­anstieges. Allerdings wurden auch 2022 wieder beträchtliche Budget­mittel nicht in Anspruch genommen und 4,37 Mrd. EUR der Rücklage zugeführt.

Mit dem BRA 2022 legte der RH die Ergebnisse der Ordnungsmäßigkeits- und Beleg­­prüfung und der systematischen Prüfungs­handlungen zu unterschiedlichen Themen vor. Er bestätigte, dass die Grund­sätze der Verrechnung gemäß BHG 2013 und BHV 2013 in ausreichendem Umfang eingehalten wurden. Allerdings sind die als mangel­haft beurteilten Belege im Jahr 2022 wieder angestiegen. Die systematischen Prüfungs­handlungen des RH führten u. a. zu Fest­stellungen zu den zu veröffentlichen­den Kosten für Studien, Gutachten und Umfragen, zur Liquiditätshaltung von Bundes­­mitteln in ausgegliederten Einrichtungen sowie zur Bildung von Rück­stellungen. In den jährlichen Über­prüfungen der Abschluss­rechnungen weist der RH auch immer wieder auf Problem­lagen hin, die Anpassungen im Haushalts­recht erfordern würden.