Der Bundesrechnungsabschluss 2022 (BRA 2022) mit der konsolidierten Ergebnis-, Finanzierungs- und Vermögensrechnung des Bundes und den Voranschlagsvergleichsrechnungen (VVR) samt Erläuterungen wurde vom Rechnungshof (RH) am 30. Juni 2023 vorgelegt. Ergänzend erfolgte eine Berichterstattung über die Abschlüsse auf Untergliederungsebene (Segmentberichterstattung) und über die Ergebnisse der § 9-Prüfungen des RH (Ordnungsmäßigkeits- und Belegprüfung, Schwerpunktprüfung Bundeshaftung).
Das Bundesfinanzgesetz (BFG) 2022 wurde ursprünglich im November 2021 vom Nationalrat beschlossen. Es erfolgten jedoch in Zusammenhang mit der Teuerungs- und Energiekrise sowie dem Krieg in der Ukraine und zur budgetären Abbildung der Kompetenzverschiebungen aufgrund der Novelle zum Bundesministeriengesetz (BMG) zwei Novellen des BFG 2022. Durch die beiden Novellen stiegen die budgetierten Auszahlungen 2022 um insgesamt 8,4 Mrd. EUR auf 107,5 Mrd. EUR. Die Anstiege betrafen vor allem Auszahlungen in Zusammenhang mit der Teuerungs- und Energiekrise einschließlich der Beschaffung der Strategischen Gasreserve (+6,4 Mrd. EUR) und mit der COVID‑19-Krise (+2,7 Mrd. EUR).
Die Einzahlungen im Jahr 2022 wurden durch die BFG‑Novellen mit 84,4 Mrd. EUR um 2 Mrd. EUR niedriger angesetzt als im ursprünglichen Budgetbeschluss. Die veranschlagten Mindereinzahlungen betrafen überwiegend die UG 16‑Öffentliche Abgaben wegen neu beschlossener Maßnahmen und einer technischen Anpassung bei den Ertragsanteilen, welche teilweise durch konjunkturell bedingte Mehreinzahlungen kompensiert wurden. Außerdem wurden zusätzlich zu den bereits im November 2021 beschlossenen Ermächtigungen iHv 9,0 Mrd. EUR für den Stromkostenzuschuss, die Kompensation energieintensiver Unternehmen, die Gasversorgung und die COVID‑19-Hilfen, weitere Ermächtigungen von 5,0 Mrd. EUR für die Gasbevorratung und Gasdiversifizierung und 0,4 Mrd. EUR für die Versorgung von Vertriebenen beschlossen. Aus dem Unterschied zwischen Auszahlungen und Einzahlungen resultierte nach den BFG‑Novellen ein budgetierter Nettofinanzierungsbedarf iHv 23,1 Mrd. EUR, der damit um 10,5 Mrd. EUR höher war als im ursprünglichen Voranschlag.
Der Vollzug des Bundeshaushaltes im Jahr 2022 brachte sowohl im Finanzierungs- als auch im Ergebnishaushalt ein besseres Gesamtergebnis als veranschlagt. Die Mittelherkunftsseite (Einzahlungen, Erträge) wurde dabei in beiden Haushalten, vor allem aufgrund der guten Konjunktursituation, deutlich unterschätzt. Im Finanzierungshaushalt wurden die Auszahlungen im Vollzug überschritten, im Ergebnishaushalt lag der Erfolg leicht darunter.
Die bereinigten Einzahlungen waren mit 84,4 Mrd. EUR veranschlagt und wurden im Vollzug mit 90,6 Mrd. EUR um 6,2 Mrd. EUR überschritten (+7,4 %). Der höhere Erfolg bei den Einzahlungen ist im Wesentlichen auf höhere Steuereinzahlungen aufgrund der besser als erwarteten Konjunktur zurückzuführen. Mehreinzahlungen entfielen vor allem auf die Körperschaftsteuer (+3,6 Mrd. EUR), die Umsatzsteuer (+1,6 Mrd. EUR) und die veranlagten Einkommensteuern (+2,0 Mrd. EUR). Weitere konjunkturbedingte Erhöhungen waren bei den Arbeitslosenversicherungsbeiträgen (+466,2 Mio. EUR) sowie bei den FLAF-Einnahmen (+122,0 Mio. EUR) zu verzeichnen. Mindereinzahlung iHv 555,4 Mio. EUR entstanden bei der Abwicklung der Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität (RRF), da die für 2022 budgetierten Mittel erst im Dezember angefordert wurden und die Zahlung somit erst 2023 erfolgte.
Die veranschlagten Auszahlungen von 107,5 Mrd. EUR wurden im Vollzug mit 111,4 Mrd. EUR (bereinigt) um 3,9 Mrd. EUR (+3,6 %) überschritten. Dies ist auf gegenläufige Faktoren zurückzuführen. Aus dem Krisenbewältigungsfonds wurden den Ressorts in Form von Mittelverwendungsüberschreitungen 3,7 Mrd. EUR für die Bedeckung von Mehrauszahlungen zur Verfügung gestellt. Die größten Abweichungen betrafen die COFAG (+1,8 Mrd. EUR), die Maßnahmen im Gesundheitsbereich (+1,1 Mrd. EUR) und die Transferzahlungen an Länder und Gemeinden (+884,6 Mio. EUR). Umfangreiche Mehrauszahlungen (2,2 Mrd. EUR) entstanden auch durch die Ausnutzung der Ermächtigung für die Beschaffung der strategischen Gasreserve, für die nur 1,6 Mrd. EUR budgetiert waren, jedoch Auszahlungen iHv 3,8 Mrd. EUR angefallen sind. Das gestiegene Zinsniveau führte zu einem signifikanten Anstieg der Auszahlungen, die mit 6,0 Mrd. EUR um 1,7 Mrd. EUR über dem BVA 2022 lagen. Auch in der UG 22‑Pensionsversicherung waren die Auszahlungen höher als budgetiert (+660,3 Mio. EUR). Die Verwendung der regelmäßig nicht budgetierten Arbeitsmarktrücklage (+259,0 Mio. EUR) führte ebenfalls zu Mehrauszahlungen. Minderauszahlungen erfolgten bei der Investitionsprämie sowie beim Energiekostenzuschuss und verursachten ein deutliches Unterschreiten des BVA in der UG 40‑Wirtschaft (‑1,1 Mrd. EUR).
Im Finanzjahr 2022 betrug der Nettofinanzierungssaldo ‑20,76 Mrd. EUR und lag über dem Nettofinanzierungssaldo 2021 (‑17,95 Mrd. EUR). Im Vergleich zum BVA 2022 war er um 2,33 Mrd. EUR geringer. Gemäß der Maastricht-Notifikation der Statistik Austria vom 31. März 2023 war das gesamtstaatliche Maastricht‑Defizit im Jahr 2022 mit 3,2 % des BIP um 2,6 %-Punkte niedriger als im Jahr 2021.
In der konsolidierten Vermögensrechnung betrug das Vermögen (Aktiva) zum 31. Dezember 2022 121,85 Mrd. EUR. Beim Vermögen stiegen vor allem die langfristigen Forderungen aus den Abgrenzungen der Zinserträge und Disagien sowie die Forderungen aus der Periodenzuordnung der Abgabenerträge. Im Vorjahr noch nicht unter den Aktiva enthalten war die Beschaffung der strategischen Gasreserve. Dem Vermögen standen Fremdmittel (Passiva) iHv 327,46 Mrd. EUR gegenüber, die im Vergleich zum Vorjahr um 16,33 Mrd. EUR anstiegen, was vor allem auf höhere Finanzschulen zurückzuführen war. Daraus ergab sich ein negatives Eigenkapital (negatives Nettovermögen) iHv 205,60 Mrd. EUR, das sich im Vergleich zum Vorjahr um 12,14 Mrd. EUR verschlechterte.
Der Stand der Rücklagen zum 31. Dezember 2022 betrug 21,24 Mrd. EUR und stieg damit gegenüber dem Vorjahr um rd. 1,33 Mrd. EUR. Die Rücklagenentnahmen waren 2022 mit 3,00 Mrd. EUR deutlich höher als im Vorjahr (1,20 Mrd. EUR). Zumeist wurden damit noch nicht abgeschlossene Projekte bzw. Förderungsprogramme oder Investitionen bedeckt. Die größte Entnahme betraf iHv 1,95 Mrd. EUR die höheren Nettodisagien und gestiegene Refinanzierungskosten aufgrund des Zinsanstieges. Allerdings wurden auch 2022 wieder beträchtliche Budgetmittel nicht in Anspruch genommen und 4,37 Mrd. EUR der Rücklage zugeführt.
Mit dem BRA 2022 legte der RH die Ergebnisse der Ordnungsmäßigkeits- und Belegprüfung und der systematischen Prüfungshandlungen zu unterschiedlichen Themen vor. Er bestätigte, dass die Grundsätze der Verrechnung gemäß BHG 2013 und BHV 2013 in ausreichendem Umfang eingehalten wurden. Allerdings sind die als mangelhaft beurteilten Belege im Jahr 2022 wieder angestiegen. Die systematischen Prüfungshandlungen des RH führten u. a. zu Feststellungen zu den zu veröffentlichenden Kosten für Studien, Gutachten und Umfragen, zur Liquiditätshaltung von Bundesmitteln in ausgegliederten Einrichtungen sowie zur Bildung von Rückstellungen. In den jährlichen Überprüfungen der Abschlussrechnungen weist der RH auch immer wieder auf Problemlagen hin, die Anpassungen im Haushaltsrecht erfordern würden.