Die Europäische Kommission (EK) tätigt aus dem EU‑Haushalt die Ausgaben für die Maßnahmen und Programme der EU sowie für die Abdeckung der administrativen Kosten der EU‑Verwaltung, die größtenteils durch Beiträge der EU‑Mitgliedstaaten (Eigenmittel) finanziert werden. Die vorliegende Regierungsvorlage (809 d.B.) dient der Ratifizierung des Eigenmittelbeschlusses 2021, der Bestimmungen über das System der Eigenmittel für die Periode des Mehrjährigen Finanzrahmens 2021 bis 2027 regelt. Bis zur Ratifizierung durch die Mitgliedstaaten gilt der Eigenmittelbeschluss 2014 unbefristet weiter. Nach Abschluss der Ratifizierung tritt der Eigenmittelbeschluss 2021 rückwirkend ab 1. Jänner 2021 in Kraft.
Mit dem Eigenmittelbeschluss 2021 soll die Obergrenze für die jährlich zulässigen Zahlungen aus dem EU‑Haushalt von 1,2 % auf 1,4 % des Bruttonationaleinkommens (BNE) der EU‑Mitgliedstaaten angehoben werden. Damit soll auch nach dem Ausscheiden des Vereinigten Königreichs als wichtigem Nettozahler ein ausreichender Spielraum für den jährlichen EU-Haushalt gewährleistet werden. So liegen aktuell etwa die im Jahr 2021 geplanten Zahlungen mit 1,19 % des BNE nur knapp unter der Obergrenze des Eigenmittelbeschlusses 2014.
Der österreichische EU‑Beitrag betrug in den Jahren 2014 bis 2020 durchschnittlich rd. 2,9 Mrd. EUR. In der Periode 2021 bis 2027 sollen diese Beiträge auf durchschnittlich rd. 3,8 Mrd. EUR ansteigen. Dieser Anstieg ist vor allem auf den Austritt des Vereinigten Königreichs sowie auf die Inflationsanpassung gegenüber dem vorangegangenen Mehrjährigen Finanzrahmen zurückzuführen. Zusätzlich führt Österreich Einnahmen aus den traditionellen Eigenmitteln (Zölle) an den EU‑Haushalt ab, die sich in den Jahren 2014 bis 2019 abzüglich der einbehaltenen Einhebungsvergütung auf rd. 0,2 Mrd. EUR beliefen.
Im derzeitigen Eigenmittelsystem, das auf dem Eigenmittelbeschluss 2014 basiert, können drei Eigenmittelkategorien (traditionelle Eigenmittel, Mehrwertsteuer‑Eigenmittel, BNE‑Eigenmittel) unterschieden werden, die mit dem Eigenmittelbeschluss 2021 angepasst und um eine vierte Kategorie (Plastik‑Eigenmittel) ergänzt werden sollen. Die wesentlichen vorgesehenen Änderungen im Bereich der Eigenmittelkategorien umfassen folgende Punkte:
- Bei den traditionellen Eigenmitteln (Zölle, die direkt an den Außengrenzen der EU eingehoben werden) soll die Einhebungsvergütung zur pauschalen Abdeckung der Kosten der Mitgliedstaaten für deren Einhebung von 20 % auf 25 % angehoben werden. Dies hat für Österreich aufgrund seiner vergleichsweise geringen Zolleinnahmen zwar zum einen Mehreinzahlungen aus der Einhebungsvergütung (zwischen 10 Mio. EUR bis 15 Mio. EUR jährlich) zur Folge, gleichzeitig steigt jedoch der Mittelbedarf aus BNE‑Eigenmitteln, sodass es insgesamt zu einer Erhöhung der von Österreich geleisteten Eigenmittelgutschriften in einer Größenordnung von rd. 20 Mio. EUR kommen dürfte.
- Die Berechnung der Eigenmittel auf der Grundlage der Mehrwertsteuer (MwSt‑Eigenmittel) soll vereinfacht werden, dies dürfte jedoch keine systematische Erhöhung oder Reduktion des österreichischen Beitrags zur Folge haben.
- Den BNE‑Eigenmitteln, die vom Aufkommen her die deutlich wichtigste Eigenmittelkategorie darstellen, kommt im EU‑Haushalt eine Residualfunktion zu, sodass der über alle Mitgliedstaaten einheitliche Abrufsatz nach Maßgabe des zusätzlichen Eigenmittelbedarfs zur Finanzierung der nicht durch die übrigen Einnahmen gedeckten Ausgaben festgelegt wird. Der Anteil eines Mitgliedstaates an den BNE‑Eigenmitteln richtet sich grundsätzlich nach seinem Anteil am BNE der EU (Österreich: 2,9 %). Der Eigenmittelbeschluss 2021 sieht jedoch für die Jahre bis 2027 für die Nettozahler Bruttoermäßigungen iHv insgesamt rd. 7,6 Mrd. EUR pro Jahr vor, von denen eine Ermäßigung iHv 565 Mio. EUR auf Österreich entfällt. Unter Berücksichtigung des Anteils Österreichs an der Finanzierung der übrigen Ermäßigungen ergibt sich eine Nettoermäßigung iHv rd. 350 Mio. EUR.
- Die Höhe der für die im Eigenmittelbeschluss 2021 neu vorgesehenen Plastik‑Eigenmittel richtet sich nach dem Gewicht nicht recycelter Verpackungsabfälle aus Kunststoff. Mitgliedstaaten mit einem niedrigen Pro‑Kopf‑BNE wird ein Rabatt auf diese Eigenmittelkategorie gewährt. Die Mehreinnahmen für den EU‑Haushalt aus den Plastik‑Eigenmitteln reduzieren gleichzeitig den Bedarf an Einnahmen aus anderen Eigenmittelkategorien, sodass geringere Zahlungen aus BNE‑Eigenmitteln notwendig sind. Demnach wird die Nettoauswirkung auf den EU‑Beitrag der einzelnen Mitgliedstaaten durch ihren Anteil am Aufkommen der Plastik‑Eigenmittel und durch ihren Anteil an den BNE‑Eigenmitteln bestimmt. Für Österreich ergibt sich insgesamt eine geringfügige Reduktion des EU‑Beitrags, die auf etwa 30 Mio. EUR geschätzt wird.
In der Wirkungsorientierten Folgenabschätzung (WFA) zur vorliegenden Regierungsvorlage schätzt das BMF, dass der EU‑Beitrag Österreichs aufgrund der neuen Regelungen im Jahr 2021 um 361 Mio. EUR niedriger ausfällt als in einem Alternativszenario, in dem weiterhin die Regelungen des Eigenmittelbeschlusses 2014 gelten. Bis 2025 soll dieser Betrag auf 397 Mio. EUR ansteigen. Nicht in der WFA enthalten ist eine Darstellung der absoluten Entwicklung der EU‑Beiträge Österreichs, um die Entwicklung im Zeitverlauf und den Anstieg ab 2021 transparent abzubilden.
Mit dem Eigenmittelbeschluss 2021 soll die EK ermächtigt werden, im Namen der EU an den Kapitalmärkten vorübergehend Mittel iHv bis zu 750 Mrd. EUR (in Preisen von 2018) für die Finanzierung des Aufbauinstruments "Next Generation EU" (NGEU) aufzunehmen, dessen größter Bestandteil die im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität (RRF) vergebenen Zuschüsse und Darlehen ist. Diese in den Jahren 2021 bis 2026 im Namen der EU getätigten Schuldaufnahmen sind im Anschluss bis spätestens 2058 zu tilgen, wobei die Tilgung der für Zuschüsse aufgenommenen Schulden über den EU‑Haushalt finanziert werden soll. Aufgrund dieses langen Zeithorizonts ist die Frage, wer letztendlich in welchem Ausmaß die im Rahmen der NGEU‑Initiative vergebenen Zuschüsse finanziert, stark von der künftigen Verteilung der EU‑Beiträge abhängig. Da die aufgenommenen Schulden als Schulden der EU gewertet werden, erhöhen sie die Schulden der einzelnen Mitgliedstaaten nicht. Eine Belastung der öffentlichen Haushalte entsteht erst zum Zeitpunkt der Rückzahlung der RRF‑Schulden in Form höherer EU‑Beiträge. Bei den an die Mitgliedstaaten weitergegebenen RRF‑Darlehen handelt es sich hingegen um Schulden der Mitgliedstaaten gegenüber der EU.
Um die Verbindlichkeiten aus der geplanten Mittelaufnahme zu besichern, sieht der Eigenmittelbeschluss eine außerordentliche Erhöhung der Eigenmittelobergrenze um 0,6 % des EU‑BNE vor. Diese läuft ebenfalls spätestens Ende 2058 aus. Kann die EK Zahlungen für die Verpflichtungen aus den für den RRF getätigten Schuldaufnahmen nicht aus dem EU‑Haushalt finanzieren, so kann sie als letztes Mittel zusätzliche Finanzmittel von den Mitgliedstaaten anfordern, wodurch für diese ein zusätzliches Risiko entsteht.