Die vorliegende Kurzanalyse zu einer Anfrage des Abgeordneten Gerald Loacker untersucht die während der COVID‑19-Krise und der aktuellen Teuerungskrise beschlossenen Einmalzahlungen des Bundes an Arbeitnehmer:innen, Arbeitslose, Mindestsicherungsbezieher:innen und Ausgleichszulagenbezieher:innen.
Der Bund hat seit Ausbruch der COVID‑19‑Krise eine Reihe an Einmalzahlungen zur Dämpfung von krisenbedingten Einkommensverlusten beschlossen, die mit beträchtlichen (temporären) budgetären Kosten verbunden sind. Während der COVID‑19‑Krise wurden die Einkommen neben den bestehenden automatischen Stabilisatoren und der Kurzarbeit insbesondere durch Einmalzahlungen an Familien und an bestimmte vulnerable Gruppen stabilisiert. In der aktuellen Teuerungskrise wurde der Bezieher:innenkreis bei einigen Einmalzahlungen deutlich ausgeweitet, sodass die entsprechenden Leistungen an (fast) alle Personen erfolgten. Dadurch waren die budgetären Kosten der während der Teuerungskrise gewährten Einmalzahlungen mit 5,4 Mrd. EUR auch deutlich höher als jene während der COVID‑19-Krise gewährten Einmalzahlungen mit 1,4 Mrd. EUR.
An Arbeitslose wurden bisher fünf Einmalzahlungen von insgesamt bis zu 1.500 EUR geleistet, wobei für den Maximalbetrag ein entsprechend langer bzw. wiederholter Zeitraum der Arbeitslosigkeit vorliegen musste. Mindestsicherungsbezieher:innen erhielten bei durchgängigem Bezug bisher zwei Einmalzahlungen und einen Energiekostenzuschuss von insgesamt zumindest 700 EUR und darüber hinausgehende Zuwendungen für Kinder von bis zu 400 EUR pro Kind. Ausgleichszulagenbezieher:innen erhielten drei Einmalzahlungen von in Summe bis zu 600 EUR und eine von der Höhe der Eigenpension abhängige Einmalzahlung an Pensionist:innen von bis zu 500 EUR pro Person. Einmalzahlungen an Arbeitnehmer:innen wurden insbesondere in Form des Teuerungsabsetzbetrags von bis zu 500 EUR geleistet. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Personen gleichzeitig mehr als einer Gruppe angehören können und dass Personen im Zeitablauf auch zwischen diesen Empfängergruppen wechseln können. Dies gilt beispielsweise für Arbeitnehmer:innen und Arbeitslose, deren Einkommen mittels Mindestsicherung aufgestockt wird.
Weitere Einmalzahlungen erfolgten an einen breiten Bevölkerungskreis, bei dem nicht zwischen Erwerbstätigen und Bezieher:innen einer Transferleistung differenziert wird. Dies betrifft den Klima‑ und Anti‑Teuerungsbonus iHv 500 EUR, die beiden Einmalzahlungen an Familienbeihilfenbezieher:innen im September 2020 iHv 360 EUR pro Kind bzw. im August 2022 iHv 180 EUR pro Kind und den Energiekostenausgleich iHv 150 EUR pro Haushalt.
Bei den meisten von der Analyse umfassten Einmalzahlungen kommt es zu Sprungstellen, die dazu führen, dass die Leistungshöhe zwischen Personen mit weitgehend gleichen Merkmalen bezüglich Einkommenshöhe und Arbeitsmarktstatus stark variieren kann. Dies ist im Hinblick auf das Prinzip der horizontalen Gerechtigkeit (gleiche Behandlung in gleichen wirtschaftlichen Bedingungen) und auf mögliche verzerrende Anreizwirkungen problematisch. Beispielsweise kann durch eine Sprungstelle die Aufnahme einer Beschäftigung oder die Ausweitung des Beschäftigungsausmaßes weniger attraktiv werden. Allerdings sind Sprungstellen aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung häufig nicht gänzlich vermeidbar, weil deren Beseitigung mit einem hohen Aufwand für die Verwaltung und die:den Leistungsempfänger:in verbunden sein kann.
Zu Sprungstellen kam es bei den Einmalzahlungen an Arbeitslose aufgrund der erforderlichen Dauer und des Zeitpunktes des Transferbezugs. Wenn die erforderliche Anzahl an Tagen mit Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung knapp verfehlt wurde oder diese nicht im umfassten Zeitraum erfolgten, entfiel die Einmalzahlung und es kam zu einem Einkommensverlust von bis zu 450 EUR je Einmalzahlung. Bei den Einmalzahlungen an Mindestsicherungs- und Ausgleichszulagenbezieher:innen führten der festgelegte Zeitpunkt des Transferbezugs und die für den Transferbezug maßgeblichen Einkommensgrenzen zu Sprungstellen. Haushalte bzw. Personen, deren Einkommen knapp über der von der Haushaltsgröße abhängigen Grenze lag und die daher keinen Transferanspruch hatten, erhielten keine Einmalzahlung. Im Fall einer Ab- bzw. Zuerkennung der Transferleistung knapp vor bzw. nach dem maßgeblichen Zeitpunkt entfiel die Einmalzahlung ebenfalls zur Gänze.
Auch bei den Einmalzahlungen an breite Bevölkerungskreise gibt es eine Reihe von Sprungstellen. Beispielsweise war bei den beiden zusätzlichen Familienbeihilfen ein bestimmter Zeitpunkt des Familienbeihilfebezugs relevant, bei Geburt eines Kindes knapp nach diesem Zeitpunkt bestand kein Anspruch auf die Einmalzahlung. Für den Klimabonus und den Anti-Teuerungsbonus muss an mindestens 183 Tagen im Kalenderjahr eine Hauptwohnsitzmeldung vorliegen, sodass für alle in der zweiten Jahreshälfte geborenen Kinder kein Klima- bzw. Anti‑Teuerungsbonus ausbezahlt wird. Beim Energiekostenzuschuss entfällt der Anspruch ab einer bestimmten Einkommenshöhe, der Anti‑Teuerungsbonus ist ab einem Jahreseinkommen von 90.000 EUR zu versteuern.
Beim Teuerungsabsetzbetrag und bei der Einmalzahlung an Pensionist:innen konnten Sprungstellen durch entsprechende Einschleifregelungen verhindert werden.