Budgetdienst - Budgetberichte 14.02.2023

Finanzschulden und Währungstauschverträge 2022

Analyse des Budgetdienstes

Überblick

Die bereinigten Finanzschulden des Bundes stiegen im Jahr 2022 um 17,3 Mrd. EUR bzw. 6,8 % auf 270,9 Mrd. EUR. Der Bund nahm im Jahr 2022 Finanz­schulden iHv 66,1 Mrd. EUR neu auf, von denen fast drei Viertel zur Tilgung auslaufender Finanz­schulden benötigt wurden. Die durchschnittliche Laufzeit der Neu­aufnahmen war mit 8,6 Jahren um rd. 1,5 Jahre niedriger als 2021. Bei den Zinsen auf österreichische Staats­anleihen erfolgte im Laufe des Jahres 2022 ein kräftiger Anstieg um rd. 2,7 % Punkte. Nach einer im Gesamt­durchschnitt negativen Effektiv­verzinsung der Neuauf­nahmen in den Jahren 2019 bis 2021 war diese im Jahr 2022 mit 1,0 % wieder deutlich positiv.

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Kurzfassung

Die bereinigten Finanzschulden des Bundes stiegen im Jahr 2022 um 17,3 Mrd. EUR bzw. 6,8 % auf 270,9 Mrd. EUR. Dabei wurde der Effekt des mit ‑20,8 Mrd. EUR stark negativen Netto­finanzierungs­saldos durch eine im Vorjahres­vergleich um 3,4 Mrd. EUR geringere Liquiditäts­haltung am Ende des Jahres 2022 gedämpft. Die durchschnittliche Restlaufzeit der Finanz­schulden des Bundes stieg gegenüber 2021 um rd. 0,3 Jahre an und lag Ende 2022 bei 10,9 Jahren. Gleichzeitig blieb die durchschnittliche Effektiv­verzinsung der Finanz­schulden mit 1,20 % weitgehend stabil (2021: 1,17 %). In den voran­gegangenen Jahren hatte das sehr niedrige Zinsniveau eine schrittweise Reduktion der durchschnittlichen Effektiv­verzinsung trotz steigender durchschnittlicher Restlauf­zeiten ermöglicht.

Der gesamtstaatliche Schuldenstand zum Jahresende 2022 wird erst am 31. März 2023 von der Statistik Austria veröffentlicht. Im Zuge der COVID‑19-Krise stieg er bis Ende 2021 um 53,6 Mrd. EUR auf 334,2 Mrd. EUR an. Für die gesamtstaatliche Schulden­quote bedeutete dies einen Anstieg um 11,6 %-Punkte auf 82,3 % des BIP. Insbesondere wegen des krisen­bedingten Einbruchs des nominellen BIP (BIP‑Nenner-Effekt) und der teils hohen Liquiditäts­haltung lag die gesamtstaatliche Schulden­quote zwischenzeitlich im 1. Quartal 2021 sogar bei 86,6 % des BIP. Der Schulden­stand des Bundes­sektors wuchs bis Ende 2021 gegenüber 2019 um 47,0 Mrd. EUR auf 288,8 Mrd. EUR (+10,3 %-Punkte auf 71,7 % des BIP) an. Für 2022 erwartete das BMF bei der Budgeterstellung im Oktober 2022 wegen des auch inflations­bedingt stark wachsenden nominellen BIP einen Rückgang der gesamt­staatlichen Schulden­quote gegenüber 2021 um 4,0 %-Punkte auf 78,3 % des BIP.

Vor dem Hintergrund der schrittweisen Anhebung der Leitzinsen durch die Europäische Zentralbank (EZB) erfolgte bei den Zinsen auf österreichische Staats­anleihen im Laufe des Jahres 2022 ein kräftiger Anstieg um rd. 2,7 %-Punkte. Angesichts der hohen Volatilität der Anleihen­märkte und der Risiken aus der Abhängigkeit der österreichischen Energie­versorgung von Russland verdoppelte sich 2022 auch der Zins­abstand zu Deutschland von etwa 0,3 %-Punkten auf über 0,6 % Punkte.

Der Bund nahm im Jahr 2022 Finanzschulden iHv 66,1 Mrd. EUR neu auf, von denen fast drei Viertel zur Tilgung auslaufender Finanz­schulden benötigt wurden. Die durchschnittliche Laufzeit der Neuaufnahmen war mit 8,6 Jahren um rd. 1,5 Jahre niedriger als 2021. Während die Neuaufnahmen in den Jahren 2019 bis 2021 zu einer im Gesamt­durchschnitt negativen Effektiv­verzinsung getätigt werden konnten, war diese im Jahr 2022 mit 1,0 % wieder deutlich positiv (+1,3 %-Punkte gegenüber 2021).

Die Nettoauszahlungen im Finanzierungshaushalt der UG 58‑Finanzierungen, Währungs­tausch­verträge lagen im Jahr 2022 mit 6,0 Mrd. EUR um 2,8 Mrd. EUR über dem Wert von 2021. Während die Nettoauszahlungen im Jahr 2021 dank des sehr niedrigen Zinsniveaus noch durch Einzahlungen aus Emissions­agien gesenkt wurden, entstanden 2022 beträchtliche Emissions­disagien, weil der Zinskupon bei zahlreichen aufgestockten Anleihen unter dem stark angestiegenen Markt­zinssatz lag. Die höher als erwarteten Emissions­disagien waren auch der wesentliche Grund dafür, dass die Nettoauszahlungen der UG 58 im Jahr 2022 um 1,7 Mrd. EUR höher ausfielen als budgetiert. Im Ergebnis­haushalt erfolgt eine periodengerechte Zuweisung der Zins­zahlungen und eine Aufteilung der Agien und Disagien auf die Gesamt­laufzeit des jeweiligen Wertpapieres. Dadurch ist der Ergebnis­haushalt insgesamt wesentlich aussage­kräftiger für die tatsächlichen Finanzierungs­kosten des Bundes. Die Aufwendungen im Ergebnishaushalt der UG 58 betrugen im Jahr 2022 3,2 Mrd. EUR. Gegenüber dem Vorjahr bedeutet dies einen Rückgang um 0,2 Mrd. EUR bzw. 7,0 %. Der für 2022 im Ergebnishaushalt veranschlagte Wert wurde um 0,1 Mrd. EUR bzw. 3,5 % überschritten.

Im BVA 2023 ist im Ergebnis­haushalt gegenüber dem Erfolg 2022 aufgrund des deutlich höheren Zinsniveaus ein Anstieg um 1,3 Mrd. EUR auf 4,5 Mrd. EUR veranschlagt. Im Finanzierungs­haushalt erwartet das BMF einen weiteren Anstieg der Netto­auszahlungen um rd. 2,7 Mrd. EUR auf 8,7 Mrd. EUR. Der deutliche Unterschied zwischen der Veranschlagung im Ergebnis- und Finanzierungs­haushalt ist auf die hohen budgetierten Disagien zurückzuführen, die im Ergebnis­haushalt periodengerecht auf die Laufzeit verteilt werden.

Die Österreichische Bundesfinanzierungs­agentur GmbH (OeBFA) nahm im Jahr 2022 Kredit­operationen für Länder, sonstige Rechtsträger und Sonder­konten des Bundes iHv 5,7 Mrd. EUR vor. Rd. 59 % der Neu­aufnahmen entfielen auf die ÖBB-Infrastruktur AG. Die verbleibenden Finanzierungen wurden größtenteils für die Bundesländer durchgeführt, wobei der größte Anteil mit rd. 1,6 Mrd. EUR auf Wien entfiel. Der dem Land Wien bereitgestellte Kredit­rahmen zur Abdeckung etwaiger Liquiditäts­erfordernisse der Wien Energie GmbH iHv 2 Mrd. EUR wurde 2022 nicht in Anspruch genommen.