Der Budgetdienst feierte im Jahr 2022 sein 10‑jähriges Bestandsjubiläum. Seine Tätigkeit in diesem Jahr war wesentlich durch die bekannten großen budgetären Unsicherheiten und Herausforderungen geprägt. Während 2022 die Belastungen durch die COVID‑19-Krise noch immer erheblich waren, führte der russische Angriff auf die Ukraine zu einer krisenhaften Entwicklung auf den Energiemärkten und in weiterer Folge zu einem starken allgemeinen Preisanstieg. Die kurzfristig notwendige Sicherung der Energieversorgung und die breit angelegten Unterstützungsmaßnahmen für Haushalte und Unternehmen bewirkten hohe Belastungen der öffentlichen Haushalte. Zudem führten die höhere Staatsverschuldung und die zur Inflationsbekämpfung gesetzten Zinsschritte der Europäischen Zentralbank zu steigenden Zinsausgaben des Bundes, die auch künftige Budgets belasten werden.
Die in der ersten Jahreshälfte 2022 beschlossenen drei Maßnahmenpakete zum Teuerungsausgleich (Teuerungs-Entlastungspakete) machten Änderungen des Bundesfinanzgesetzes (BFG) 2022 notwendig. Mit einem Nettofinanzierungssaldo von ‑20,76 Mrd. EUR verzeichnete der Finanzierungshaushalt 2022 im dritten Jahr in Folge ein erhebliches Defizit. Mehrauszahlungen gegenüber dem Vorjahr ergaben sich insbesondere aus den Auszahlungen für den Klimabonus und den Anti-Teuerungsbonus sowie der Beschaffung der strategischen Gasreserve. Zudem führte das gestiegene Zinsniveau zu Mehrauszahlungen. Die besonders in der ersten Jahreshälfte 2022 starke wirtschaftliche Dynamik bewirkte jedoch auch ein kräftiges Wachstum bei den Einzahlungen. Mit 3,2 % des BIP war das gesamtstaatliche Maastricht-Defizit 2022 niedriger als im Vorjahr und die Schuldenquote sank auf 78,4 % des BIP, wobei dieser Rückgang eine Folge des auch inflationsbedingt stark gestiegenen nominellen BIP (BIP Nenner-Effekt) war.
Im Vordergrund der Arbeit des Budgetdienstes standen neben der Analyse der budgetären Änderungen und der Entwicklungen im Gebarungsvollzug vor allem die Wirkungen und Kosten der Maßnahmenpakete. In Anfragebeantwortungen und Gesetzesanalysen befasste sich der Budgetdienst insbesondere mit den Verteilungswirkungen der zur Abfederung der Teuerungs- und Energiekrise beschlossenen Maßnahmen. Diese Analysen stießen auf parlamentarischer Ebenen wie auch in der Öffentlichkeit auf reges Interesse und werden im fachlichen Diskurs nach wie vor regelmäßig aufgegriffen.
Dass die staatlichen Maßnahmen rasch beschlossen werden mussten und Unterlagen dazu oft nur sehr kurzfristig und mit wenigen Details verfügbar waren, stellte den Budgetdienst vor große Herausforderungen. Die immer noch unveränderte Ressourcenausstattung führte insbesondere in der Periode der parlamentarischen Budgetberatungen zu extremen zeitlichen Belastungen. Binnen weniger Wochen mussten Vorbereitungsunterlagen zum Budget erarbeitet, die interaktive Budgetvisualisierung um die Zahlen zum Jahr 2023 erweitert, Informationsveranstaltungen für die Klubs abgehalten und Analysen zum Gesamtbudget und den 35 Budgetuntergliederungen verfasst werden.
Der vorliegende Tätigkeitsbericht bietet eine Rückschau auf die vielfältigen Aktivitäten des Budgetdienstes im Jahr 2022, bezieht aber auch Entwicklungen der ersten Jahreshälfte 2023 mit ein. Wie bereits im Vorjahr fasst er die zentralen Aussagen zu wesentlichen Themenbereichen aus den Analysen des Budgetdienstes zusammen. Auch seine Beiträge zur Transparenz der öffentlichen Finanzen werden dargestellt. Ein weiterer Aspekt beleuchtet das rege Interesse an der Tätigkeit des Budgetdienstes auch auf internationaler Ebene, das nach dem Ende der Pandemie zu einer Reihe von Gastbesuchen ausländischer Delegationen führte.