Budgetdienst - Budgetberichte 14.02.2023

Übernahme von Bundeshaftungen im Jahr 2022

Analyse vom 14. Februar 2023

Überblick

Die Gesamthaftungen des Bundes (brutto, nicht konsolidiert) für Kapital betrugen Ende Dezember 2022 insgesamt rd. 96,2 Mrd. EUR und verringerten sich im Vergleich zum Vorjahr um 4,2 Mrd. EUR (‑4,2 %). Die Neu­über­nahmen von Haftungen sind 2022 gegenüber dem Vorjahr stark um 13,4 Mrd. EUR auf 36,4 Mrd. EUR angestiegen, der Anstieg war über­wiegend auf die Ausfuhr­förderungen (+13,3 Mrd. EUR) zurückzuführen. Für die Ausnutzung der Haftungs­ober­grenze liegen endgültige Werte bisher erst für 2021 vor. Bei einer Ober­grenze von 95,4 Mrd. EUR für die anrechenbaren Haftungen betrug die Ausnutzung 54,5 %.

Die vollständige Analyse zum Download:

BD - Übernahme von Bundeshaftungen im Jahr 2022 / PDF, 988 KB

BD - Übernahme von Bundeshaftungen im Jahr 2022 (barrierefreie Version) / PDF, 1185 KB

Kurzfassung

Die Gesamthaftungen des Bundes (brutto, nicht konsolidiert) für Kapital betrugen Ende Dezember 2022 insgesamt rd. 96,2 Mrd. EUR und verringerten sich im Vergleich zum Vorjahr um 4,2 Mrd. EUR (‑4,2 %). Der Rückgang des Haftungsstandes 2022 um 4,2 Mrd. EUR ist vor allem auf die Bundeshaftungen für den Infrastrukturbereich (ÖBB-Infrastruktur AG, EUROFIMA und ASFINAG), Haftungen gemäß Finanzmarkt­stabilitätsgesetz sowie Leihgaben an Bundesmuseen zurückzuführen. Ein Anstieg erfolgte hingegen vor allem bei den Ausfuhrförderungen gemäß Ausfuhrförderungs­gesetz (AusfFG), wobei jene nach dem Ausfuhrfinanzierungsförderungsgesetz (AFFG) rückläufig waren. Die COVID‑19-Haftungen fielen gegenüber dem Vorjahr um 0,3 Mrd. EUR bzw. 5,5 %.

Die Neuübernahmen von Haftungen sind 2022 gegenüber dem Vorjahr stark um ins­gesamt 13,4 Mrd. EUR auf 36,4 Mrd. EUR angestiegen. Nachdem die Neuübernahmen von 2017 mit 30,0 Mrd. EUR zunächst bis 2019 kontinuierlich auf 27,8 Mrd. EUR ge­sunken sind, stiegen sie 2020 wieder auf 30,5 Mrd. EUR an. 2021 sind die Neu­über­nahmen wieder deutlich unter das Vorkrisenniveau auf 23,0 Mrd. EUR gesunken. Der nunmehr verzeichnete starke Anstieg 2022 ist zum überwiegenden Teil auf die Aus­fuhrförderungen (+13,3 Mrd. EUR) zurückzuführen.

Das Ausmaß der Staatshaftungen gemäß Sixpack-Meldung betrug Ende 2021 (der Wert für 2022 liegt noch nicht vor) rd. 69,2 Mrd. EUR oder 17,0 % des BIP. Von diesen Haftungen entfielen rd. 52,0 Mrd. EUR (rd. 75,1 %) auf den Bund, rd. 9,8 Mrd. EUR (rd. 14,2 %) auf die Länder (ohne Wien) und rd. 7,4 Mrd. EUR (rd. 10,7 %) auf die Gemeinden (inklusive Wien). Im Vergleich zum Jahr 2020 sind die Staatshaftungen 2021 um 4,2 % gesunken. Der Rückgang der Haftungen geht vor allem auf den Bund (‑2,4 Mrd. EUR) zurück, dessen Anteil am Gesamtvolumen weiterhin bei rd. 75 % liegt. Die Haftungen der Länder ohne Wien sind gegenüber 2020 leicht um 0,1 Mrd. EUR gestiegen (+0,8 %), jene der Stadt Wien gingen um 0,7 Mrd. EUR (‑2,2 %) zurück. Die Haftungen der Gemeinden waren 2021 mit 2,8 Mrd. EUR nur geringfügig niedriger als 2020 (‑78 Mio. EUR).

Der deutlich niedrigere Wert der Bundeshaftungen in der Sixpack-Meldung gegen­über dem Haftungsbericht ist darauf zurückzuführen, dass die Haftungen dabei in einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise konsolidiert und um Mehrfach­haftungen für gleiche Risiken (insbesondere bei den Ausfuhrförderungen) und Haftungen für Ver­bindlichkeiten, die bereits in den Schulden des Sektors Staat enthalten sind (z. B. die Haftungen gegenüber der ÖBB), bereinigt wurden.

Die maximale Höhe für Haftungsübernahmen des Bundes und der außerbudgetären Einheiten des Bundes ist im Bundeshaftungsobergrenzengesetz (BHOG) geregelt. Durch eine am 27. Februar 2020 beschlossene Novelle wurde die Haftungsober­grenzen-Vereinbarung mit den Ländern umgesetzt. Nach der bereits für 2019 an­wendbaren Neuregelung erfolgt die Berechnung der Haftungsobergrenze des Bundes nunmehr nach der Sixpack-Methodik. Dieser werden die in der UG 16‑Öffentliche Abgaben budgetierten öffentlichen Nettoabgaben (=Bundesanteil an den Abgaben) des Vorvorjahres zugrunde gelegt. Die vorgesehene Obergrenze entspricht 175 % dieser öffentlichen Nettoabgaben. Für 2022 beträgt die Haftungsobergrenze daher 97,0 Mrd. EUR.

Für die Ausnutzung der Haftungsobergrenzen liegen endgültige Werte bisher erst für das Jahr 2021 vor. Die auf die Haftungsobergrenze anrechenbaren Haftungen des Bundes betrugen zum 31. Dezember 2021 laut Bundes­rechnungs­abschluss (BRA) 52,03 Mrd. EUR, davon entfielen 1,06 Mrd. EUR auf außerbudgetäre Einheiten des Bundes. Bei einer Obergrenze von 95,4 Mrd. EUR für 2021 entspricht dies einer Ausnutzung von 54,5 %. Der Aus­nut­zungsgrad ist gegenüber 2020 vor allem aufgrund der Ausfuhrhaftungen um 4,0 %-Punkte gesunken. Gemäß dem Jahresbericht des Fiskalrats haben die Länder (ein­schließlich Wien) 2021 mit einem Haftungsstand von 14,4 Mrd. EUR die Haftungs­­obergrenze zu 41,6 % und die Gemeinden (ohne Wien) mit Haftungen von 2,8 Mrd. EUR zu 33,8 % ausgenutzt. Die Ausnutzungsstände variieren zwischen den Bundes­ländern deutlich. Die größten Ausnutzungs­grade (über 80 %) auf Länderebene weisen Burgenland und Niederösterreich auf. Die Gemeinden zeigen eine geringere Schwan­kungsbreite, dennoch bestehen auch bei diesen große Unterschiede bei der Ausnut­zung.

Das Format der Berichterstattung über die Haftungsübernahmen des Bundes wurde gegenüber dem Vorjahr beibehalten und beinhaltet auch ein Kapitel über die COVID‑19-Haftungen. Generell wird der Nationalrat durch unterschiedliche Berichte, die in verschiedenen Ausschüssen behandelt werden, über die Bundeshaftungen in­formiert. Neben dem gegenständlichen Haftungsbericht, der dem Budgetausschuss zugewiesen ist, erfolgen gesonderte detailliertere Berichte über einzelne Teilbereiche an den Hauptausschuss bzw. den Budgetausschuss des Nationalrates (z. B. Bericht ge­mäß § 6 Ausfuhr­förderungs­gesetz (AusfFG), § 6 Finanz­markt­stabilitäts­gesetz (FinStaG) und § 4a Zahlungs­bilanz­stabilisierungs­gesetz (ZaBiStaG)). Weiters enthält der BRA wesentliche Informationen insbesondere zur Ausnutzung der Haftungsobergrenze des Bundes.

Trotz des vielfältigen Berichtswesens ist aus der Berichterstattung eine Einschätzung der mit den Haftungen des Bundes verbundenen finanziellen Risiken nur bedingt möglich. Die Relevanz des Haftungsberichts für die Abgeordneten könnte zudem durch ergänzende risikobezogene Berichtsinhalte wesentlich erhöht werden (z. B. Überleitung zwischen den nominellen Gesamthaftungen und den konsolidierten Haf­tungen entsprechend der EU-Sixpack-Richtlinie, Bewertung der Risiken der einzelnen Haftungskategorien, Auswirkungen von Zahlungen aus Haftungsinanspruchnahmen sowie vereinnahmter Haftungsentgelte auf das Budget). Mittelfristig könnte der Haftungsbericht zu einem gesamthaften Risikobericht weiterentwickelt werden.