Die Gesamthaftungen des Bundes (brutto, nicht konsolidiert) für Kapital betrugen Ende Dezember 2023 insgesamt rd. 92,7 Mrd. EUR und verringerten sich im Vergleich zum Vorjahr um 3,6 Mrd. EUR (‑3,7 %). Die Haftungen des Bundes schwankten in den Jahren 2019 bis 2023 zwischen 92,7 Mrd. EUR und 101,3 Mrd. EUR (Höchststand im Jahr 2020). In diesem Zeitraum kam es zu deutlichen Verschiebungen zwischen den einzelnen Wirtschafts- und Aufgabenbereichen, für die vom Bund Haftungen übernommen wurden. Seit 2019 gingen insbesondere die Haftungen für den Infrastrukturbereich (‑28,9 %) und in geringerem Ausmaß für den Finanzmarkt (‑18,2 %) deutlich zurück. Gestiegen waren die Haftungsvolumina des Bundes hingegen für die Wirtschaftsförderung (+44,8 %). Im Jahr 2020 kamen die COVID‑19-Haftungen hinzu und betrugen 2023 5,4 % des Gesamthaftungsvolumens.
Nachdem 2022 die Neuübernahmen von Haftungen stark um 13,5 Mrd. EUR auf 36,4 Mrd. EUR anstiegen, kam es 2023 erneut zu einem Rückgang auf 30,0 Mrd. EUR. Der überwiegende Teil des Rückgangs war auf die Ausfuhrförderungen (‑3,4 Mrd. EUR) zurückzuführen. Neuübernahmen von COVID‑19-Haftungen wurden 2023 nicht mehr vorgenommen.
Das Ausmaß der Staatshaftungen gemäß Sixpack-Meldung betrug Ende 2022 rd. 67,9 Mrd. EUR oder 15,2 % des BIP. Von diesen Haftungen entfielen 52,0 Mrd. EUR (76,7 %) auf den Bund, 9,4 Mrd. EUR (13,8 %) auf die Länder (ohne Wien) und 6,4 Mrd. EUR (9,5 %) auf die Gemeinden (inklusive Wien). Im Vergleich zum Jahr 2021 sanken die Staatshaftungen 2022 auf 67,9 Mrd. EUR (‑2,0 %). Der Rückgang der Haftungen ging vor allem auf Wien (‑0,8 Mrd. EUR) und die Länder ohne Wien (‑0,4 Mrd. EUR) zurück. Die Haftungen des Bundes blieben mit 52,0 Mrd. EUR weitgehend gleich. Die Haftungen der Gemeinden (ohne Wien) fielen 2021 mit 2,7 Mrd. EUR nur um 0,1 Mrd. EUR geringer aus als 2021.
Der deutlich niedrigere Wert der Bundeshaftungen in der Sixpack-Meldung gegenüber dem Haftungsbericht ist darauf zurückzuführen, dass die Haftungen dabei in einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise konsolidiert und um Mehrfachhaftungen für gleiche Risiken (insbesondere bei den Ausfuhrförderungen) und Haftungen für Verbindlichkeiten, die bereits in den Schulden des Sektors Staat enthalten waren (z. B. die Haftungen gegenüber der ÖBB), bereinigt wurden.
Die maximale Höhe für Haftungsübernahmen des Bundes und der außerbudgetären Einheiten des Bundes ist im Bundeshaftungsobergrenzengesetz (BHOG) geregelt. Durch eine am 27. Februar 2020 beschlossene Novelle wurde die Haftungsobergrenzen-Vereinbarung (HOG-Vereinbarung) mit den Ländern umgesetzt. Nach der bereits für 2019 anwendbaren Neuregelung erfolgt die Berechnung der Haftungsobergrenze (HOG) des Bundes nunmehr nach der Sixpack-Methodik. Dieser werden die in der UG 16‑Öffentliche Abgaben budgetierten öffentlichen Nettoabgaben (=Bundesanteil an den Abgaben) des Vorvorjahres zugrunde gelegt. Die vorgesehene Obergrenze entspricht 175 % dieser öffentlichen Nettoabgaben. Für 2022 betrug die Haftungsobergrenze daher 96,95 Mrd. EUR.
Für die Ausnutzung der Haftungsobergrenzen liegen endgültige Werte bisher erst für das Jahr 2022 vor. Die auf die Haftungsobergrenze anrechenbaren Haftungen des Bundes betrugen zum 31. Dezember 2022 laut Bundesrechnungsabschluss (BRA) 52,03 Mrd. EUR, davon 0,85 Mrd. EUR für außerbudgetäre Einheiten des Bundes. Bei einer Obergrenze von 96,95 Mrd. EUR entsprach dies einer Ausnutzung von 53,7 %. Der Ausnutzungsgrad sank gegenüber 2021 mit 54,5 % leicht. Basierend auf den Werten des BVA 2021 beträgt die nach den Regeln der BHOG-Novelle berechnete Haftungsobergrenze des Bundes für das Jahr 2023 83,5 Mrd. EUR, da 2021 pandemiebedingt niedrigere Einzahlungen veranschlagt wurden.
Gemäß dem Jahresbericht des Fiskalrats nutzten die Länder (einschließlich Wien) 2022 mit einem Haftungsstand von 13,2 Mrd. EUR die Haftungsobergrenze zu 41,6 % und die Gemeinden (ohne Wien) mit Haftungen von 2,7 Mrd. EUR zu 33,8 % aus. Sowohl die Haftungen der Länder als auch der Gemeinden waren rückläufig, was sich durch eine Abnahme des Ausnutzungsstands bei Ländern iHv 3,6 %-Punkten und Gemeinden iHv 1,7 %-Punkten ausdrückte.
Das Format der Berichterstattung über die Haftungsübernahmen des Bundes wurde gegenüber dem Vorjahr weitgehend beibehalten. Generell wird der Nationalrat durch unterschiedliche Berichte, die in verschiedenen Ausschüssen behandelt werden, über die Bundeshaftungen informiert. Neben dem gegenständlichen Haftungsbericht, der dem Budgetausschuss zugewiesen ist, erfolgen gesonderte, detailliertere Berichte über einzelne Teilbereiche an den Hauptausschuss bzw. den Budgetausschuss des Nationalrats (z. B. Bericht gemäß § 6 Ausfuhrförderungsgesetz (AusfFG), § 6 Finanzmarktstabilitätsgesetz (FinStaG) und § 4a Zahlungsbilanzstabilisierungsgesetz (ZaBiStaG)). Weiters enthält der BRA wesentliche Informationen insbesondere zur Ausnutzung der Haftungsobergrenze des Bundes.
Trotz des vielfältigen Berichtswesens ist aus der Berichterstattung eine Einschätzung der mit den Haftungen des Bundes verbundenen finanziellen Risiken nur bedingt möglich. Das Berichtswesen zu den Haftungen könnte weiterentwickelt und beispielsweise in einer Risikoberichterstattung gebündelt werden. Darin könnten in regelmäßigen Abständen risikobezogene Berichtsinhalte (z. B. Bewertung der Risiken der einzelnen Haftungskategorien, Auswirkungen von Zahlungen aus Haftungsinanspruchnahmen sowie vereinnahmter Haftungsentgelte auf das Budget) dargestellt und Verbindungen zwischen den Haftungsrisiken des Bundes und anderen Risiken analysiert werden (z. B. makroökonomische Risiken, Risiken im Bankensektor).