Budgetdienst - Budgetvollzug 04.06.2022

Vorläufiger Gebarungserfolg 2021

Analyse vom 4. Juni 2022

Überblick

Im Vorläufigen Gebarungserfolg 2021 betrug der Nettofinanzierungsbedarf 17,97 Mrd. EUR, er lag damit weiterhin beträchtlich über dem Vor­krisen­niveau, war aber um 4,5 Mrd. EUR geringer als im Jahr 2020. Im Vergleich zum BVA 2021 lag ebenfalls ein verbesserter Netto­finanzierungs­bedarf vor (+12,75 Mrd. EUR). Wesentlich dafür war die besser als angenom­mene Konjunktur­ent­wicklung, die zu höheren Ein­zahlungen führte. Bei den insgesamt etwas höheren Aus­zahlungen gab es gegen­läufige Effekte. Mehr­aus­zahlungen für Maß­nahmen zur Krisen­bewältigung standen Minder­auszahlungen bei der Investitions­prämie und den Zinsen gegenüber. Das gesamt­staatliche Maastricht-Defizit war mit 5,9 % des BIP etwas niedriger als 2020 (8,0 % des BIP), blieb aber auf sehr hohem Niveau.

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Kurzfassung

Das Bundesfinanzgesetz (BFG) 2021 wurde im November 2020 vom Nationalrat beschlossen. Wegen schlechterer Konjunkturerwartungen im Frühjahr 2021 und zusätzlicher Auszahlungen für die Maßnahmen zur Krisenbekämpfung erfolgte eine Novelle des BFG 2021, die im Mai 2021 vom Nationalrat beschlossen wurde.

Durch die BFG‑Novelle 2021 stiegen die budgetierten Aus­zahlungen um 5,5 Mrd. EUR auf 103,2 Mrd. EUR. Höher veran­schlagt wurden insbesondere die Aus­zahlungen aus dem COVID‑19-Krisen­bewältigungs­fonds (+2,3 Mrd. EUR) und die Kurz­arbeits­beihilfen (+2,2 Mrd. EUR). Die übrigen Aus­zahlungen wurden insbesondere wegen der stärker in Anspruch genommenen Investitions­prämie um insgesamt 1,0 Mrd. EUR erhöht. Die budgetierten Ein­zahlungen wurden wegen der niedriger erwarteten Netto­abgaben um 2,6 Mrd. EUR auf 72,5 Mrd. EUR reduziert. Dazu trugen neben den sinkenden Brutto­abgaben auch höhere Ab‑Über­weisungen an die Gemeinden wegen des im Jänner 2021 beschlossenen 2. Gemein­de­pakets bei. Aus den Änderungen durch die BFG‑Novelle 2021 resultierte ein budgetierter Netto­finanzierungs­bedarf iHv 30,7 Mrd. EUR (+8,1 Mrd. EUR).

Das gesamtstaatliche Maastricht‑Defizit war im Jahr 2021 mit 5,9 % des BIP zwar etwas niedriger als 2020 (8,0 % des BIP), blieb aber aufgrund der anhalten­den COVID‑19-Krise auf sehr hohem Niveau. Mit dem schrittweisen Aus­laufen der COVID‑19-Maß­nahmen erwartet das BMF für die Jahre 2022 bis 2025 eine rückläufige Defizitentwicklung. Die budgetäre Ver­besserung wird jedoch insbesondere 2022 durch die neu beschlossenen Maßnahmen (v. a. Energie-Entlastungs­pakete, Gas­reserve) gebremst. Vor allem in Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine, der Lage auf den Energie- und Roh­stoff­märkten, dem künftigen Verlauf der COVID‑19-Pandemie sowie noch nicht berücksichtigten neuen Maß­nahmen zum Ausgleich der hohen Inflations­raten bestehen beträchtliche Risiken für Ab­weichungen von der kurz- und mittel­fristigen Budget­planung.

Der Netto­finanzierungs­bedarf im Finanzierungs­haushalt betrug im Finanz­­jahr 2021 17,97 Mrd. EUR. Er lag damit weiterhin beträchtlich über dem Vorkrisen­niveau, war aber um 4,5 Mrd. EUR geringer als im Jahr 2020. Im Vergleich zum BVA 2021 liegt ebenfalls ein verbesserter Netto­finanzierung­bedarf vor (+12,75 Mrd. EUR). Wesentlich dafür war die besser als angenommene Konjunktur­entwicklung, die zu höheren Ein­zahlungen führte. Bei den etwas höher als budgetierten Aus­zahlungen gab es gegen­läufige Effekte. Die Ursache für Mehraus­zahlungen lag in Maß­nahmen zur Krisen­bewältigung. Minder­aus­zahlungen gab es insbesondere bei der Investitions­prämie und den Zinsen.

Die um die bundesinternen Transfers aus dem COVID‑19-Krisenbewältigungsfonds bereinig­ten Ein­zahlungen beliefen sich auf rd. 86,0 Mrd. EUR und stiegen im Vergleich zu 2020 deutlich um 12,36 Mrd. EUR bzw. 16,8 %. Der BVA 2021 wurde ebenfalls um 13,47 Mrd. EUR überschritten.

Rund zwei Drittel der Einzahlungen des Bundes stammen aus den Öffent­lichen Netto­ab­gaben, die aus den Brutto­abgaben abzüglich der Ab‑Über­weisungen (v. a. Ertrags­anteile Länder und Gemeinden, EU‑Beitrag) resultieren. Im Jahr 2021 kam es bei den Öffent­lichen Abgaben (netto) gegenüber 2020 zu höheren Ein­zahlungen (rd. +10,57 Mrd. EUR; +21,9 %). Der Voran­schlags­wert wurde um 11,15 Mrd. EUR (+23,4 %) überschritten. Die Voran­schlags­über­schreitung ist auf die deutlich günstiger als ange­nommene Wirtschafts­entwicklung und hohe nicht veranschlagte Ein­zahlungen aus Abgaben­guthaben zurückzuführen. Der Zuwachs gegenüber 2020 ist im Wesentlichen eine Folge der wirtschaft­lichen Erholung nach dem Krisen­jahr 2020. Darüber hinaus trugen die Rück­führung gestundeter Abgaben sowie einige Sonder­effekte zum Abgaben­wachstum bei.

Die Einzahlungen aus abgabenähnlichen Erträgen (Arbeitslosenversicherungsbeiträge, Dienstgeberbeiträge zum FLAF) korrespondieren stark mit der Entwicklung der Lohn­summe, die sich 2021 mit einem Zuwachs von 5,5 % wieder erholte. Darüber hinaus führte die Rück­führung im Jahr 2020 gestundeter Beiträge zu Mehreinzahlungen. Insgesamt stiegen die Einzahlungen aus abgabenähnlichen Erträgen im Vorjahresvergleich um 9,8 % auf 15,0 Mrd. EUR im Jahr 2021 an. Der Voranschlagswert wurde um 0,6 Mrd. EUR bzw. 4,1 % überschritten, da das BMF bei der Budget­erstellung von einem deutlich geringeren Lohnsummen­wachstum ausging. Die Überschreitung betraf im Wesentlichen die Beiträge zur Arbeitslosen­versicherung in der UG 20‑Arbeit und die Einnahmen des FLAF in der UG 25‑Familie und Jugend. Bei den FLAF-Einnahmen lagen sowohl die Dienstgeber­beiträge als auch die Anteile an der Einkommen- und Körperschaft­steuer über dem Voranschlag.

Die um die verrechnungstechnischen Buchungen des COVID‑19-Krisenbewältigungsfonds bereinigten Auszahlungen beliefen sich 2021 auf rd. 103,97 Mrd. EUR und waren damit um 717,4 Mio. EUR höher als im BVA 2021 geplant. Diese Erhöhung setzt sich aus gegen­läufigen Effekten zusammen. Die COVID‑19-bedingten Aus­zahlungen waren um 5,36 Mrd. EUR höher als budgetiert, wovon 5,14 Mrd. EUR im Krisen­bewältigungs­fonds für die COFAG-Maßnahmen (+2,30 Mrd. EUR) und höhere Auszahlungen im Bereich Gesundheit für das Zweckzu­schuss­gesetz, das Epidemiegesetz und die Kosten­ersätze der KV‑Träger angefallen sind (+1,89 Mrd. EUR). Weitere höhere Auszahlungen zur Krisen­bewälti­gung betrafen mit 32,5 Mio. EUR die Kurzarbeit und mit 181,9 Mio. EUR den höheren FLAF-Anteil am Familien­­härte­ausgleich, eine Um­schichtung beim Härtefall­fonds und Einmalzahlungen. Die Aus­zah­lungen ohne COVID‑19-Krisen­bezug waren insgesamt um 4,64 Mrd. EUR niedriger als veranschlagt. Die Minder­auszahlungen betrafen vor allem geringere Zinsen sowie geringere Aus­zahlungen für die Investitionsprämie und die Pensionen.

Das Nettoergebnis im Ergebnis­haushalt beträgt vorläufig rd.  21,6 Mrd. EUR und ist damit um 3,6 Mrd. EUR ungünstiger als der Netto­finanzierungs­saldo. Die Auf­wendungen waren netto um 1,6 Mrd. EUR höher als die Aus­zahlungen. Dies war insbesondere auf die Annuitäten­zuschüsse an die ÖBB und den Abbau einer Voraus­zahlung an die SCHIG in der UG 41‑Mobilität (+1.702,6 Mio. EUR), Perioden­abgrenzungen für Gesundheits­ausgaben zur Pandemie­bekämpfung in der UG 24‑Gesundheit (+587,2 Mio. EUR), Abschrei­bungen von Abgaben und Zollforderungen in der UG 16‑Öffentliche Abgaben (+289,4 Mio. EUR) und den Zins­aufwand in der UG 58‑Finanzierungen, Währungs­tauschverträge (+210,7 Mio. EUR) zurückzuführen. Einen gegenläufigen Effekt hatten nicht ergebnis­wirksame Voraus­zahlungen an die COFAG in der UG 45‑Bundes­vermögen (‑1.053,1 Mio. EUR). Die Einzahlungen waren insgesamt um 2,0 Mrd. EUR höher als die im Ergebnishaushalt erfassten Erträge. Dazu trugen insbesondere der Aufbau von Netto­guthaben von Steuer­pflichtigen in der UG 16 (‑1.026,9 Mio. EUR) und der Vorschuss für die Aufbau- und Resilienz­fazilität (RRF) in der UG 51‑Kassenverwaltung (‑492,4 Mio. EUR) bei.

Der Stand der Rücklagen zum 31. Dezember 2022 betrug 19,9 Mrd. EUR und entsprach damit 19,1 % der bereinigten Auszahlungen. Der Anstieg des Rücklagenstandes im Jahr 2021 ergibt sich aus der Differenz zwischen den Rücklagen­entnahmen und -auflösungen iHv insgesamt 1.293,8 Mio. EUR (davon 875,5 Mio. EUR an bereits budgetierten Rück­lagen­­entnahmen, 363,7 Mio. EUR an im Rahmen des Budgetvollzugs entnommenen Rücklagen sowie 54,6 Mio. EUR an Rück­lagenauflösungen) und den Rück­lagenzuführungen iHv 4.380,5 Mio. EUR. Insgesamt entfielen 12,8 Mrd. EUR oder 64,4 % der Rücklagen 2021 auf Unter­gliederungen, die vom BMF verwaltet werden.

Im Jahr 2021 erfolgten Stundungen, Ratenbewilligungen, Aussetzungen und Einstellungen der Einziehung bei Forderungen des Bundes iHv insgesamt 42,7 Mio. EUR (das entspricht 0,1 % des Forderungsbestandes 2020). Damit sind die dies­be­züg­lichen Ver­fügungen gegenüber dem Finanzjahr 2020 deutlich um 48,2 % bzw. rd. 46,0 Mio. EUR (2020: 88,7 Mio. EUR) gesunken. Die betrags­mäßig höchste Ver­fügung entfiel mit 11,1 Mio. EUR in der UG 20‑Arbeit auf zu Unrecht bezogene und daher rückzu­fordernde Leistungen aus der Arbeitslosen­ver­sicherung und aus Individual­beihilfen.