Fachinfos - Parlamentsforschung 06.12.2023

Einblicke in das erste „Forschungsjahr im Parlament“

Aktuelle Forschung zum Wissenschaftsbegriff in der Debattenkultur des Parlaments 2020 bis 2022. (6.12.2023)

Im Juni 2023 wurde am Tag der Parlamentsforschung 2023 verkündet, welches Forschungsprojekt für das erste "Forschungsjahr im Parlament" ausgewählt wurde. Einen Einblick in die Forschungsidee und eine kurze Vorstellung der Wissenschaftlerin Bianca Winkler finden Sie unter: "Forschungsjahr im Parlament" 2023 | Parlament Österreich

Seit Anfang September wurden die ersten Schritte gemacht und die ersten Erkenntnisse über die Bedeutung des Wissenschaftsbegriffes in parlamentarischen Debatten gewonnen.

Erste Schritte

Das Projekt beschäftigt sich mit der Rezeption von Wissenschaftsdiskursen in parlamentarischen Debatten. Dafür betrachtet die sozialanthropologisch arbeitende Historikerin Bianca Winkler unter anderem Häufigkeit wie auch Kopplung von Wissenschaft und wissenschaftlichen Begriffen in Argumentationen im Rahmen von Plenardebatten des Nationalrats. Konkret bedeutet das, dass die Frage gestellt wird, ob es Themen gibt, bei denen wissenschaftliche Expertise überdurchschnittlich oft herangezogen wird, bzw. inwiefern die Vielfalt von Zugängen und Methoden wissenschaftlicher Praxis, die im deutschen Sprachraum nicht nur auf Naturwissenschaft verengt ist, sondern Geistes-, Kultur- und Sozialwissenschaft miteinschließt, repräsentiert ist. Im direkten Austausch mit Expert:innen der Parlamentsdirektion (hier v. a. der Abteilung Stenographische Protokolle) Anfang September ergab sich vorläufig das Bild, der Wissenschaftsbegriff sei besonders in den Auseinandersetzungen um Maßnahmen rund um die COVID-19-Pandemie zu finden. Für die Forscherin stellte sich anschließend die Frage, ob wissenschaftliche Erkenntnisse aus verschiedenen Disziplinen hier gleichermaßen in politischen Entscheidungsprozessen berücksichtigt werden oder ob naturwissenschaftliche Expertisen und deren Definition von Wissenschaft im Betrachtungszeitraum überrepräsentiert sind.

Erste Erkenntnisse

Entgegen diesen Erwartungen deuten die ersten Auswertungen der Forschungsergebnisse darauf hin, dass Parlamentarier:innen nicht nur in Fragen der Gesundheit, sondern insbesondere in solchen zur Bildungspolitik um "evidenzbasierte" und damit wissenschaftlich fundierte politische Entscheidungen ringen. Die Forderungen nach Studien sind in diesem Bereich zwar auch größtenteils quantitativer, statistischer Natur, sie richten sich aber an Sozial- und Kulturwissenschaften.

Nächste Schritte

Im Laufe der nächsten Monate sollen diese ersten Ergebnisse noch genauer untersucht werden. Diesbezüglich steht Bianca Winkler in regelmäßigem Austausch mit Expert:innen der Abteilungen 3.2 Parlamentswissenschaftliche Grundsatzarbeit sowie 8.3 Operative IKT. Die Forscherin beschreibt ihre ersten zwei Monate im Parlament als "fruchtbare Begegnung in einem einladenden und wertschätzenden Umfeld". Ihre ersten Untersuchungsergebnisse bilanziert sie als "durchaus positives Bild von Wissenschaft in der politischen Debatte, von der man sich nicht weniger erwartet als die Lösung zukünftiger Probleme und die Möglichkeit nach faktenbasierter Politik."