Der Umgang mit den Motivationslagen von (möglichen) Freiwilligen ist Teil jener Herausforderungen, mit denen sich das Ehrenamt konfrontiert sieht. Dazu zählen Individualisierung, infolge derer sich Freiwillige nicht an spezifische Organisationen binden, und Digitalisierung, die es ihnen ermöglicht, sich abseits dieser Organisationen im Sinne einer bestimmten Sache zu verpflichten. Um darauf zu reagieren, müssen Organisationen lernen, über die Grenzen der eigenen Strukturen hinauszudenken, sowie die Chance nutzen, neue Zielgruppen anzusprechen und für sich zu gewinnen. Eine andere im Zuge der COVID-19-Pandemie vielfach diskutierte Thematik ist die Frage der Wertschätzung ehrenamtlicher Tätigkeiten, die sich auf die Motivation möglicher Freiwilliger auswirken kann. Weniger offensichtlich sind dahingegen politische und rechtliche Rahmenbedingungen, die sich ebenso auf Dynamiken innerhalb des Bereichs der Freiwilligentätigkeit auswirken können. In einer Studie des Kompetenzzentrums für Non-Profit-Organisationen und Social Entrepreneurship der Wirtschaftsuniversität Wien verweisen More-Hollerweger und Pennerstorfer (2016) auf die Professionalisierung ehrenamtlichen Engagements, welche durch die Bereitstellung finanzieller Mittel, die Festlegung rechtlicher Rahmenbedingungen (inklusive rechtlicher Absicherung für Freiwillige) und die Definition von Qualitätskriterien angeregt wird. Ein ungewollter Nebeneffekt davon kann sein, dass die damit verbundene Bürokratisierung und Formalisierung Organisationen sowie Individuen davon abschreckt, ehrenamtlich tätig zu werden.
In den vergangenen Jahren war das Ehrenamt einerseits Thema, wenn Freiwillige für die Bewältigung einer Krise (z. B. Hochwasser, COVID-19-Pandemie) unverzichtbar waren. Andererseits stand es im Zentrum, wenn es um die Verpflichtung von Menschen in Bereichen ging, die zu einem wesentlichen Teil von Freiwilligenorganisationen abgedeckt werden. So wurde im Rahmen der Volksbefragung über die Wehrpflicht (2013) der Erhalt des Zivildienstes als wesentliches Argument für die Beibehaltung der Wehrpflicht ins Treffen geführt. Gegenwärtig betrifft diese Thematik etwa die vom Österreichischen Integrationsfonds abgehaltenen Werte- und Orientierungskurse, die für Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte ab dem vollendeten 15. Lebensjahr sowie für Drittstaatsangehörige und Asyl- und subsidiär Schutzberechtige, die Sozialhilfe beziehen, verpflichtend sind. Seit 2022 ist darin ein eigenes Kursmodul zum Thema Ehrenamt enthalten, in dessen Rahmen eine ehrenamtliche Organisation besucht und näher kennengelernt werden kann. Im November 2021 war das Ehrenamt auch Thema im vom österreichischen Parlament online abgehaltenen Jugendparlament – Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka erklärte darauf folgend, dass die dort erarbeiteten Ideen zum Ehrenamt aufgegriffen werden sollen.