Demokratieindizes verfolgen in der Regel den Zweck, nachvollziehbare Daten zur Entwicklung von Demokratien zu erheben und zur Verfügung zu stellen. Dadurch sollen Vergleiche gezogen werden können – zwischen politischen Einheiten (in den meisten Fällen Nationalstaaten) und/oder zwischen verschiedenen Zeitpunkten (um etwaige Trends zu identifizieren). Sie stellen diese Daten aber nicht nur zur Verfügung, sondern legen oft selbst großen Wert auf eine komprimierte, möglichst einprägsame Darstellung, z. B. anhand von Rankings und/oder bestimmten Punktesystemen.
Immer wieder beziehen sich Einschätzungen zur Entwicklung von Demokratie insgesamt genauso wie zu Entwicklungen in einzelnen Fällen auf die entsprechenden Zahlen. Wie Coppedge et al. (2017) in einem Vergleich unterschiedlicher Indizes nachweisen konnten, werden diese einerseits sehr häufig als Basis für weiterführende Untersuchungen und Debatten genutzt, andererseits dienen sie oft aber auch als Referenz für die Formulierung zugespitzter, öffentlichkeitswirksamer Aussagen zu Demokratie.
Der Versuch, einfach nachvollziehbare Antworten auf eine derart komplexe Fragestellung – wie entwickelt sich die Qualität von Demokratie(n)? – zu liefern, birgt aber auch Gefahren. Das beginnt damit, dass nie alle – weder die Fragenden noch die Befragten – dasselbe Verständnis von Demokratie mitbringen. Weiters verweisen Kritiker:innen nicht nur auf die Unterschiedlichkeit politischer Systeme, sondern z. B. auch auf die unterschiedlichen Datenlagen in verschiedenen Nationalstaaten. Daran anschließend stellt sich die Frage, ob Vergleiche und verallgemeinernde Aussagen, die sich darauf beziehen, aus methodisch-wissenschaftlicher Perspektive überhaupt zulässig wären (siehe dazu z. B. den Vergleich unterschiedlicher Indizes von Vaccaro 2021). Abgesehen davon sehen Sozialwissenschaftler:innen die Bewertung der Qualität von Demokratie generell kritisch: Üblicherweise beruht sie auf normativen – historisch und geografisch spezifisch (meist eurozentristisch) geprägten – Vorstellungen davon, was "gute Demokratie" ist. Darüber hinaus ist Demokratie immer ein dynamischer Prozess und daher nur sehr schwer durch Momentaufnahmen, wie sie Demokratieindizes darstellen, zu erfassen (siehe dazu die Überlegungen des Politikwissenschaftlers Fabio Wolkenstein zu einer Theorie demokratischer Regressionen).
Aber gerade in Phasen gesellschaftlicher Transformation scheint der Bedarf nach Orientierungshilfen in Form von Indizes groß zu sein. So erhielten Demokratieindizes mit dem allmählichen Ende der sogenannten Dritten Demokratisierungswelle Ende der 1990er/Anfang der 2000er zunehmend Aufmerksamkeit. Parallel dazu nahm auch die wissenschaftliche Beschäftigung damit zu. Das gegenwärtig wachsende Interesse wird darauf zurückgeführt, dass (scheinbar) etablierte demokratische Grundsätze zunehmend infrage gestellt werden und antidemokratische bis (neo-)autoritäre Entwicklungen zu beobachten sind (siehe z. B. Demirovic 2018 oder ein Interview mit dem Politikwissenschaftler Wolfram Schaffar über autoritäre Entwicklungen).
Um die Aussagekraft von Demokratieindizes einschätzen zu können, bedarf es einer kritischen Betrachtung der Organisationen bzw. Institutionen, die für deren Erstellung verantwortlich sind, sowie der angewandten Untersuchungsmethoden. Als Grundlage dafür listet der folgende Überblick existierende Demokratieindizes auf, gibt einen kurzen Einblick in die organisatorischen Hintergründe und unterschiedlichen Herangehensweisen und vergleicht die Ergebnisse anhand des Beispiels Österreich.