Stellungnahme
Stellungnahme betreffend den Antrag 2173/A der Abgeordneten Gabriela Schwarz, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz über die Impfpflicht gegen COVID-19 (COVID-19-Impfpflichtgesetz – COVID-19-IG)
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Inhalt
Stellungnahme zum Gesetzesentwurf über die Impfplicht gegen Covid-19 (Covid-19- Impfpflichtgesetz) sowie allen bereits eingebrachten bzw. allfälligen zukünftigen Abänderungsanträgen
von Dr. Ulrike Widnig-Holzinger und Mag. Klaus Widnig
1. DasGesetz verstoßt in seinen §§1und2 gegen das Gleichheitsgebot für EU-BürgerInnen bzw. das Sachlichkeitsgebot, weil es örtlich auf den Wohnsitz der Impfpflichtigen abstellt. Es wird dadurch geltendes EU Recht verletzt.
2. Es kann nach dem Stand der Wissenschaft nicht nachgewiesen werden, dass die im Gesetz angeführten Impfstoffe gegen die derzeit vorherrschende Covid-19 Variante „Omikron“ ausreichend schützen. Gegen die Delta Variante ist die österreichische Bevölkerung gemäß Aussage des Bundesministers für Gesundheit in einem Ö1 Interview bereit zu 91% ausreichend immunisiert. Unter diesen Aspekten ist eine Impfpflicht nicht zulässig.
Begründung
Ad Punkt 1:
Gemäß den bereits derzeit bestehenden Covid-Maßnahmengesetzen und Verordnungen ist - zumindest nach Meinung des Gesetzgebers – das Covid 19 Virus für alle BürgerInnen so gefährlich, dass Ungeimpfte in Österreich dzt. nur mit offiziell bestätigten Antigen- oder PCR-Tests zur Arbeit gehen dürfen und von sämtlichen nicht lebensnotwendigen Ereignissen (Einkaufen, Skifahren, Gastronomiebesuch etc.) ausgeschlossen werden müssen, um nicht „sich selbst“ oder Andere zu gefährden.
Diese - meiner Meinung nach - rechtswidrigen Einschränkungen gelten für alle BürgerInnen, unabhängig davon, ob sie EU-BürgerInnen oder Drittstaatsangehörige sind.
Diese Regelungen sind zwar nicht schlüssig nachvollziehbar und schon gar nicht gerecht, aber zumindest für alle ungeimpften BürgerInnen, welche sich in Österreich aufhalten, gleich.
Die Gefahr einer Ansteckung besteht lt. Cov19- Maßnahmenverordnung des Bundesministers für Gesundheit bereits dann, wenn „physische Kontakte“ theoretisch möglich sind. Auf tatsächliche Gegebenheiten wird diesbezüglich nicht abgestellt.
Diese „sinnbefreite Rechtslage“ führt dazu, dass der/die Ungeimpfte zwar mit einem Testnachweis arbeiten gehen darf und tatsächlich sogar physische Kontakte mit KollegInnen haben könnte, aber er/sie beispielsweise kein “Werkzeug“ im Baumarkt kaufen darf, weil dort die Gefahr einer Ansteckung für Andere größer sei (das „intelligente Cov19 – Virus“ kennt offenbar einen Unterschied zwischen Arbeit und Freizeit).
Wie auch immer, dass Geimpfte das Virus übertragen können und auch tatsächlich übertragen, ist evident und bedarf keines wissenschaftlichen Beweises. Aus wissenschaftlichen Studien ist bekannt, dass die Virenlast eines geimpften gleich der eines ungeimpften Infizierten ist. Möglicherweise (dazu gibt es nur Vermutungen) ist die Dauer der Übertragungsmöglichkeit unterschiedlich, dieses Argument ist aber insofern unbeachtlich, als es wohl vielmehr darauf ankommen muss, mit wie vielen Menschen jemand – beruflich oder außerberuflich - tatsächlich in engem Kontakt tritt. Daraus resultiert letztendlich die Gefahr einer Übertragung.
Die Impfpflicht wird seitens des Ministerialentwurfs und den Abänderungsanträgen mit dem Schutz der öffentlichen Gesundheit begründet und soll für Personen, die in Österreich einen Wohnsitz haben, eingeführt werden.
Wenn nach Ansicht der Regierung, der Schutz der öffentlichen Gesundheit nur durch eine Impfpflicht gewährleistet werden kann, stellt sich die Frage, warum sich nur Personen, die in Österreich einen Wohnsitz haben, impfen lassen müssen.
Die Gefährdung der in Österreich wohnhaften BürgerInnen liegt nach Meinung der Regierung – wie bereits ausgeführt - bereits bei möglichen physischen Kontakten vor, weshalb aus epidemiologischer Sicht nicht nachvollziehbar ist, warum nur Personen mit Wohnsitz in Österreich einer Impfpflicht unterliegen sollten.
Welchen Sinn hat eine Impflicht, wenn Millionen von Menschen nach Österreich kommen, um hier Urlaub zu machen oder sich aus anderen Gründen im Bundesgebiet aufhalten oder durchreisen (aber beispielsweise eine Autobahntoilette aufsuchen oder auf der Autobahnraststätte etwas zu sich nehmen) und dadurch Kontakt mit der Bevölkerung haben, diese Personen aber nicht geimpft sind und das Virus wieder auf die in Österreich lebende Bevölkerung übertragen könnten?
Folgt man dem von der Bundesregierung regelmäßig kommunizierten Narrativ, dass die Ungeimpften Schuld an der Pandemie seien, müsste konsequenterweise jeder EU-Ausländer, oder Drittstaatsangehöriger, welcher österreichischen Boden betritt, sei es als Tourist, entsendeter Arbeitnehmer, Unternehmer, Student, (Saison-)Arbeitskraft bzw. Tätigkeit in multinationalen Unternehmen, Politiker,Sportler, Au-Pair- Kraft etc. zum Schutz des in Österreich lebenden Volkes vor Ansteckung und zur Abwehr von (neuen) Covid-19 – Virusvarianten (zB. Omikron), mit einem in Österreich zugelassenen Impfstoff, nachweislich geimpft sein.
Ähnlich der behördlichen Vorgehensweise vom 26.12.2021 (auf der Homepage: www.tirol.orf.at nachlesbar):
Einreiseverweigerung von 110 Briten am Flughafen, weil sie die nötigen Einreisenachweise, nämlich eine Booster-Impfung und einen aktuellen PCR- Test nicht erbringen konnten.
Ungeimpften wäre somit die Einreise zu verbieten und bei nichtrechtskonformer Einreise in das Bundesgebiet, die normierten verwaltungsstrafrechtlichen Sanktionen auch für diese Personen zu verhängen.
Unabhängig von dieser epidemiologischen Betrachtungsweise gibt es auch eine rechtliche Komponente:
Die in Österreich wohnhaften Personen müssen sich laut Gesetzesentwurf mit einem (nur bedingt) zugelassenen Impfstoff impfen lassen, während sich EU – BürgerInnen in Österreich zumindest bis zu drei Monaten ohne Impfnachweis aufhalten könnten. Diese Ungleichbehandlung entspricht nicht dem Gleichbehandlungsgebot für EU-BürgerInnen nach EU-Recht.
Wenn EU-Bürger während eines zeitweiligen Aufenthaltes in Österreich – egal, ob im Urlaub, auf einer Geschäftsreise oder beim Studium unerwartet erkranken - haben sie Anspruch auf medizinische Versorgung, wenn diese nicht bis zu ihrer Rückkehr warten kann. Sie haben dieselben Rechte auf Gesundheitsversorgung wie Personen, die in Österreich versichert sind. Die Behandlung darf keinesfalls verweigert werden. Das ist geltendes EU-Recht.
Wenn aber EU BürgerInnen in Bezug auf die Gesundheitsversorgung dieselben Rechte, wie Österreicher haben, müssen sie in Bezug auf die Gesundheitsvorsorge auch die gleichen Pflichten wie österreichische BürgerInnen haben.
In Anbetracht der von der Regierung ständig ins Treffen geführten Problematik der zu hohen Intensivbettenbelegungen bzw. Hospitalisierungen aufgrund von Covid-19 Erkrankungen, ist nicht nachvollziehbar, dass sich nach dem vorliegenden Gesetzesentwurf ungeimpfte EU-BürgerInnen in Österreich aufhalten bzw. Urlaub machen dürften und im Falle einer schweren Covid 19- Erkrankung ungestraft das österreichische Gesundheitssystem belasten und damit zur Erhöhung dieser Intensivbettenauslastung beitragen könnten.
Das Triagieren und Verschieben von Operationen ist laut Propaganda der Bundesregierung und Ärztekammer derzeit schon ein akutes Problem, weshalb nicht nachvollziehbar ist, dass das Impfpflichtgesetz diese Problematik – im Sinne der angeführten Ausführungen - nicht berücksichtigt.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass eine auf die Covid-19 Impfplicht abgestellte Gesundheitspolitik unter anderem nur unter der Bedingung durchführbar ist, dass alle Menschen, die das Bundesgebiet betreten, mit einem in Österreich anerkannten Impfstoff geimpft sein müssen. Das Abstellen der Impfplicht auf den Wohnsitz ist aus rechtlichen und epidemiologischen Gründen nicht zulässig bzw. begründbar.
Ständige, wenn auch nur stichprobenmäßige Kontrollen an allen Grenzübertrittstellen, wären zur Glaubhaftmachung der Ernsthaftigkeit der Vollziehung dieses Gesetzes für die inländische Bevölkerung unbedingt erforderlich.
Ad Punkt 2:
Gesundheitsminister Dr. Mückstein teilt in einem Ö1 Interview ausgestrahlt am 23.12.2021 bei Servus TV - Nachrichten Folgendes mit:
„Interessant ist, dass wir, was Delta betrifft, eine Gesamtimmunität in der Bevölkerung von 91% haben, das heißt, hätten wir nur noch Delta, würde es eigentlich recht gut ausschauen“.
Es stellt sich somit die Frage, warum wir bei 91% Gesamtimmunität noch eine Impfpflicht benötigen?
Hat es etwas möglicherweise mit Omikron zu tun?
Nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft am 29.12.2021, sind auch die zweifach geimpften Personen gegen die Omikron Variante nicht ausreichend geschützt, weil die Wirkungen der Impfstoffe sehr rasch nachgelassen haben. Deshalb wird das Boostern (3. 4. 5 oder jeder weiterer „Stich“ laut Gesetzesentwurf bereits ab 4 Monaten nach der Vorimpfung möglich) mit den gleichen Impfstoffen empfohlen, die schon zuvor nicht ausreichend gegen diese Variante schützten.
Aus diesem Grund hat die Firma Biontech angekündigt, eventuell adaptierte Impfstoffe gegen diese Variante zu entwickeln, welche aber nicht vor dem März 2022 zur Verfügung stehen werden. Wenn man noch in Betracht zieht, dass auch diese neuen Impfstoffe erst genehmigt sein müssen und deren positive Wirkung wieder in den Feldversuchen nachgewiesen werden müssen, kann schon deshalb eine Impfpflicht nicht am 1.2.2022 in Kraft treten.
Es wird abzuwarten sein, wie sich das Virus entwickelt – ob von neuen Covid-19 Varianten für die Menschheit überhaupt eine größere Gefahr ausgeht und, ob die dann am Markt befindlichen Impfungen gegen die neuen Varianten wirksam und verträglich sind.
Zudem zeichnet sich jetzt schon ab, dass bis dahin auch Medikamente zur Verfügung stehen werden, sodass eine Impfpflicht ohnehin obsolet sein könnte.
Dr. Ulrike Widnig-Holzinger
Mag. Klaus Widnig Klagenfurt, am 29.12.2021