Stellungnahme zu Ministerialentwurf
Stellungnahme zu dem Ministerialentwurf betreffend Bundesgesetz über die Impfpflicht gegen COVID-19 (COVID-19-Impfpflichtgesetz – COVID-19-IG)
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Inhalt
Stellungnahme zum COVID-Impfpflichtgesetz
Am 9.12.2021 wurde der Gesetzentwurf zum COVID-19-Impfplichtgesetz publiziert, zu dem ich wie folgt Stellung nehme:
Voraussetzung für die Einführung einer Impfpflicht ist der wissenschaftliche Nachweis des Nutzens der Impfung sowie der Nachweis eines für die betroffene Bevölkerung günstigen Nutzen-Schaden-Verhältnisses. Beide Voraussetzungen sind für die COVID-19-Impfungen nicht erfüllt.
Verlust der Wirksamkeit nach wenigen Monaten und Impfeffektivität bei der Omikronvariante
Die Effektivität der COVID-Impfungen ist bereits nach wenigen Monaten nicht mehr ausreichend ist, um weitere COVID-Wellen, insbesondere mit mutierten Virusvarianten, zu verhindern.
So verdeutlichen die aktuellen Daten des RKI zu Omikron (Wochenbericht vom 30.12.2021) [1], dass die Ungeimpften sogar einen geringeren Anteil an Infizierten aufweisen als ihrem Bevölkerungsanteil entsprechen würde: von den 5117 Omikron-Fällen mit bekanntem Impfstatus waren nur 1097 (21,4%) ungeimpft, obwohl im betreffenden Zeitraum (21.11-27.12.) im Mittel noch immer 27,8% der deutschen Bevölkerung ungeimpft waren. 2883 Omikron-Infizierte hatten eine vollständige Erst- bzw. Doppelimpfung, aber noch keinen Booster erhalten (56,3%, Bevölkerungsanteil nur 50,1%) und 1137 Personen waren bereits mit einer Booster-Impfung versorgt worden (22,2%, Bevölkerungsanteil 22,1%) [2].
Auch eine Analyse eines Omikron-Ausbruchs bei einer betrieblichen Weihnachtsfeier in Oslo verdeutlicht die Unwirksamkeit der Corona-Impfungen hinsichtlich einer Infektion mit der Omikron-Variante: 98% der 81 infizierten Personen waren vollständig geimpft. Von den Geimpften Weihnachtsfeierteilnehmern infizierten sich 76%, von den Ungeimpften nur 50%. Die Impfung lag im Mittel nur 79 (!) Tage zurück [3].
In einem Dokument der UK Health Security Agency werden erste Zahlen zur Omikronvatiante in Großbritannien berichtet. Zwischen dem 27.11. und dem 29.12.2021 wurden von 649.834 Omikron-Fällen nur 815 hospitalisiert. Von diesen waren 206 ungeimpft (25,3%, Bevölkerungsanteil der Ungeimpften im Mittel des Beobachtungszeitraums 23,0%), 352 doppelt geimpft (43,2%, Bevölkerungsanteil 41,1%) und 189 geboostert (23,2%, Bevölkerungsanteil 28,5%, fehlende zu 100% entweder unvollständig geimpft oder Impfstatus unbekannt). Für die Bestimmung des mittleren Bevölkerungsanteils haben wir als Näherungswert den Mittelwert zwischen 13.11. und 15.12.2021 von Our World in Data herangezogen, da für die Hospitalisierungsstatistik Personen erst 14 Tage nach vollständiger Impfung bzw. Booster entsprechend kategorisiert wurden [4] [5]. Die Daten zeigen, dass Omikron zu deutlich geringeren Raten an schweren Fällen und Hospitalisierungen führt als die bisherigen SARS-CoV-2-Varianten und dass weder Impfung noch Booster einen relevanten Effekt auf die Hospitalisierungsrate aufweisen.
Zuverlässige Zahlen zu Omikron aus Österreich liegen derzeit noch nicht vor.
Auf Basis der RKI-Zahlen und der Daten aus Oslo sowie Großbritannien zeichnet sich also ab, dass Ungeimpfte sogar eher ein geringeres Risiko für eine Omikron-Infektion haben als Geimpfte. Selbstverständlich sind diese Daten mit den Unsicherheiten der zufälligen Auswahl und der Vorläufigkeit behaftet. Sie bestätigen aber doch die Hypothesen aus vorangegangenen Studien, die gezeigt haben, dass weder die initiale (Doppel-) Impfung noch der Booster geeignet sind, um die Pandemie zu beenden oder weitere Wellen mit neuen Virusvarianten zu verhindern.
Unzureichende und wahrscheinlich ebenfalls zeitlich begrenzte Wirksamkeit der Booster-Impfungen
Als Beleg für die Effektivität der Booster-Impfungen werden in erster Linie zwei Studien angeführt.
Die Studie von Barda et al [6] soll angeblich belegen, dass die Boosterimpfung „Personen vor schweren COVID-19-bedingten Folgen“ schütze. In dieser Studie wurden 738.321 Personen mit Booster-Impfung mit der gleichen Anzahl doppelt geimpfter Personen ohne Booster verglichen. Bei den Geboosterten startete die Beobachtungszeit erst sieben Tage nach der Boosterimpfung. Die mittlere (Median) Beobachtungszeit betrug 13 (!) Tage. Als Outcome wurden nur „COVID-bedingte“ Hospitalisierung, „COVID-bedingte“ schwere Erkrankung und „COVID-assoziierter“ Tod ab dem 8. Tag nach der Impfung gewertet. Die Gesamtzahl der Hospitalisierungen, schwerer anderer Erkrankungen und Todesfälle wird nicht berichtet, vor allem nicht in den ersten sieben Tagen nach der Impfung. Personen aus Pflegeeinrichtungen und im Gesundheitsbereich tätige Personen wurden ausgeschlossen. In der nur zweifach geimpften Gruppe kam es zu 231 Hospitalisierungen (0,03%), 157 schweren COVID-Erkrankungen (0,02%) und 44 COVID-assoziierten Todesfällen (0,006%). Die absoluten Risikoreduktionen lagen bei nur 0,027%, 0,019% und 0,005%, waren also unbedeutend.
Für die Altersgruppe unter 40 Jahren konnte wegen fehlender Ereignisse überhaupt keine Aussage getroffen werden und die Population mit dem höchsten Risiko für schwere COVID-Verläufe (Pflegeheimbewohner) war schon von Haus aus ausgeschlossen worden.
Die absoluten Effekte sind also marginal und betreffen, wenn überhaupt, nur ältere Personen. Eine Impfpflicht für die gesamte Bevölkerung lässt sich mit dieser Studie keinesfalls begründen. Hinzu kommt, dass die Studie methodisch erhebliche Schwächen aufweist, welche die Studienautoren auch unumwunden diskutieren. Hier sei vor allem auf die generelle Problematik retrospektiver Beobachtungsstudien hingewiesen (unentdecktes Confounding, Simpson’s Paradoxon, Selektions-Bias u.s.w). Auch kann natürlich aus einer Beobachtungszeit von im Median 13 Tagen keine Aussage über eine dauerhafte Effektivität der Booster-Impfung abgeleitet werden. Durch die Unterschlagung von Gesamtmortalität und Gesamthospitalisierungsrate und den Beginn der Beobachtungszeit erst sieben Tage nach der Booster-Impfung (also Ausklammerung der Zeit des höchsten Risikos für Nebenwirkungen!) besteht zumindest der Verdacht, dass die Studienergebnisse zugunsten der Impfung gefärbt wurden. Wen wundert es also, dass die Mehrheit der Studienautoren Geldzahlungen von Pfizer erhalten haben – selbstverständlich nicht in direktem Zusammenhang mit der vorliegenden Arbeit.
Als zweite Studie zum Nachweis der Effektivität der Booster-Impfung wird die Studie von Bar-On et al. angeführt [7]. Auch hier finden sich wieder große relative Risikoreduktionen, die sich aber absolut nur marginal niederschlagen. Auch in dieser Studie ist der Beobachtungszeitraum auf wenige Wochen begrenzt. In der Studie werden nur Menschen über 60 Jahren untersucht. Jüngere Personen waren von der Studienteilnahme ausgeschlossen. Auch aus dieser Studie lässt sich also kein dauerhafter Nutzen der Boosterimpfungen ableiten, und schon gar nicht für die gesamte Bevölkerung. Auch treffen die gleichen Bias-Risiken retrospektiver Beobachtungsstudien zu, die bereits weiter oben für die Studie von Barda et al. beschrieben wurden (fehlende Berichterstattung über Gesamtmortalität und Gesamthospitalisierungsrate, Ausklammerung der ersten zwei Wochen nach der Impfung etc.).
Infektiosität der Geimpften
Ein Argument für eine Impfpflicht könnte sein, dass durch die Impfung der gesamten Bevölkerung diejenigen geschützt werden können, die selbst aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden dürfen. Dies setzt aber voraus, dass die Impfung eine sterile Immunität herbeiführt oder zumindest das Infektionsrisiko deutlich reduziert. Dies ist aber nicht der Fall. In einer Lancet-Studie [8] wird klar gezeigt, dass die Impfung weder vor einer Infektion noch vor der Weitergabe der Infektion an andere Geimpfte oder Ungeimpfte schützt. Dort heißt es: „Nonetheless, fully vaccinated individuals with breakthrough infections have peak viral load similar to unvaccinated cases and can efficiently transmit infection in household settings, including to fully vaccinated contacts“ (Vollständig geimpfte Personen weisen eine ähnlich hohe Spitzenviruslast auf wie Ungeimpfte und können im häuslichen Setting die Infektion effektiv weitergeben, auch an vollständig geimpfte Kontaktpersonen).
Sehen wir uns die Studie genauer an: In Tabelle 1 der Publikation wird die Anzahl der „Secondary Attack Rates“ der exponierten Personen in Abhängigkeit vom Impfstatus angegeben. Von den 126 Geimpften, haben sich 31 infiziert (24,6%), bei den 40 Ungeimpften gab es 15 Infektionen (37,5%). Das relative Risiko (in der Studie nicht angegeben, aber aus den Zahlen berechenbar) beträgt 0,66 (95% KI 0,40-1,09). Der Unterschied zwischen Geimpften und Ungeimpften ist also zwar numerisch günstiger für die Geimpften, aber statistisch nicht signifikant. Der nicht signifikante P-Wert von 0,17 ist in der Tabelle ausgewiesen. Im Text steht entsprechend vollkommen korrekt (S. 5/6): „SAR (Secondary Attack Rate) was not significantly higher in unvaccinated than fully vaccinated household contacts“ (Die Infektionsrate war bei ungeimpften Kontaktpersonen innerhalb eines Haushalts nicht signifikant höher als bei geimpften).
In einem zweiten Schritt wird sodann zwischen geimpften und ungeimpften Indexpatienten unterschieden. Die SAR (Secondary Attack Rate) betrug bei den 69 Kontaktpersonen von infektiösen Geimpften 24,6%, bei den 100 Kontaktpersonen von infektiösen Ungeimpften 23,0%. Das Risiko für Ansteckung war also numerisch hier sogar für Geimpfte höher als für Ungeimpfte, aber natürlich ebenfalls nicht signifikant (RR 1,07, 95% KI 0,62-1,85).
Eine allgemeine Impfpflicht würde also keinen Beitrag dazu leisten, ungeimpfte Personen und solche, die nicht geimpft werden dürfen, vor der Infektion zu schützen. Die Studie wurde zudem zu einem Zeitpunkt durchgeführt, als die Mehrzahl der Infektionen durch die Deltavariante verursacht wurde. Für die Omikron- und andere zukünftige Varianten ist ein irgendwie gearteter Herdenschutz durch eine Pflichtimpfung mit Sicherheit auszuschließen.
Auch der fehlende Zusammenhang zwischen Impfquote und Inzidenz, der in Fortsetzung siehe pdf....