Stellungnahme zu Ministerialentwurf
Stellungnahme zu dem Ministerialentwurf betreffend Bundesgesetz, mit dem das Staatsschutz- und Nachrichtendienstgesetz geändert wird
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Inhalt
Ich halte es für sehr bedenklich, Überwachungs- und Kontrolltechniken derart auszuweiten. Digitale Kommunikation ist kein Hort des Verbrechens, sondern mittlerweile mit die privateste und persönlichste Kommunikation, über die wir verfügen. Wir müssen die Erzählung umkehren, dass wir digitale Kommunikation offenlegen, entschlüsseln und bis ins letzte durchdringen müssen. Der Großteil digitaler Kommunikation ist im Gegenteil so transparent und liegt so offen, dass Schutz dieser privaten Kommunikation die weit vordringlichere Aufgabe wäre. Auch die Hinweise auf die jüngsten Anschläge stammten dem aktuellen Stand der Information nach aus öffentlich einsehbaren digitalen Quellen. Abgesehen davon, dass offenbar auch genug andere Anlässe Verdachtsmomente lieferten, denen schlicht nicht nachgegangen wurde: Der Allerheiligenattentäter kaufte Munition für ein Sturmgewehr, der verhinderte Swift-Attentäter fuhr probehalber mit dem Auto durch eine feiernde Menschenmenge.
Die in der Diskussion vorgetragenen Argumente erklären auch nicht, wie die neu gewünschten Ermittlungsbefugnisse helfen sollen, Tatpläne zu entdecken. Dazu wäre viel Vorarbeit in der Auswertung öffentlich verfügbarer Daten notwendig - das sind Schritte, die jetzt schon gesetzt werden könnten, aber offenbar aus Personalmangel, fehlender Sachkompetenz oder anderen Gründen unterbleiben. Hier gibt es eine Fülle an Möglichkeiten; stattdessen pauschal und prophylaktisch tiefgreifende Kontrollmöglichkeiten einzuführen, die selbst nicht kontrolliert werden, trägt autoritäre Züge.
Das mag man als politische Argumente abtun.
Ein ganz konkreter Punkt im aktuellen Entwurf ist allerdings sehr bedenklich. In 15a(5) heißt es, dass Staatstrojaner „nach dem Stand der Technik“ vor Missbrauch zu schützen und dass ermittelte Inhalte „nach dem Stand der Technik“ gegen Veränderung oder unbefugte Kenntnisnahme zu schützen seien.
Den AutorInnen des Gesetzesentwurfes ist also völlig klar, dass ein solcher Schutz nicht möglich ist. Es wird sich immer eine Lücke auftun; Probleme des Einsatzes staatlicher Spionagesoftware sind hinreichend dokumentiert. Der Einsatz von Staatstrojanern fördert eine großteils zwielichtige Industrie und erzeugt neue Abhängigkeiten für Staaten von privaten Akteuren.
Wie die Formulierungen im Text zeigen, ist ihnen das hinreichend bekannt. Allein das ist Grund genug, warum solche Möglichkeiten in Österreich nicht geschaffen werden sollen.