Staatsschutz- und Nachrichtendienstgesetz, Änderung (33/SN-350/ME)

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Stellungnahme zu Ministerialentwurf

Stellungnahme zu dem Ministerialentwurf betreffend Bundesgesetz, mit dem das Staatsschutz- und Nachrichtendienstgesetz geändert wird

Bei den Stellungnahmen handelt es sich nicht um die Meinung der Parlaments­direktion, sondern um jene der einbringenden Person bzw. Institution. Mehr Informationen finden Sie in den Nutzungsbedingungen.

Inhalt

Sehr geehrte Damen und Herren!

Ich erlaube mir, nachstehend einige Anmerkungen zu oben genanntem Entwurf zu
übermitteln:

Der Entwurf zur Novellierung des Staatsschutz- und Nachrichtendienstgesetzes zielt darauf ab, den Staatsschutz zu stärken und verfassungsgefährdende Angriffe effektiver zu bekämpfen. Allerdings ergeben sich aus technischer, verfassungsrechtlicher und auch praktischer Sicht erhebliche Bedenken, die sorgfältig abgewogen werden müssen.


1. Technische Risiken der Überwachung verschlüsselter Kommunikation

Ein besonders umstrittener Punkt ist die geplante Überwachung verschlüsselter Kommunikation durch das Einschleusen von Programmen in Computersysteme. Diese Maßnahme würde auf das bewusste Ausnutzen von Sicherheitslücken in den Geräten der Bürger setzen. Diese Vorgehensweise birgt mehrere gravierende Risiken:

- Offene Sicherheitslücken: Das absichtliche Offenhalten von Sicherheitslücken gefährdet die IT-Sicherheit der betroffenen Systeme und macht sie anfällig für kriminelle Angriffe. Dies betrifft nicht nur die Zielpersonen, sondern potenziell alle Nutzer solcher Systeme.
- Uneingeschränkter Zugriff: Die Behörden könnten durch diese Überwachungssoftware potenziell auf sämtliche Daten und Aktivitäten eines Geräts zugreifen, was einen tiefgreifenden Eingriff in die Privatsphäre darstellt. Aus technischer Sicht kann hierbei auch keine Einschränkung vorgenommen werden, da durch das notwendige Eindringen in Systeme immer technischer Vollzugriff herrscht.
- Missbrauchsgefahr: Trotz gesetzlicher Kontrollen bleibt das Risiko bestehen, dass diese umfassenden Überwachungsmöglichkeiten missbraucht werden könnten. Die Einschränkung der auszuwertenden Daten besteht schließlich rein auf rechtlicher, nicht aber auf technischer Sicht. Dies könnte das Vertrauen der Bürger in den Staat und in die Sicherheit ihrer digitalen Kommunikation erheblich beeinträchtigen.


2. Verhältnismäßigkeit und unklare Priorisierung der Maßnahmen

Im Entwurf wird zwischen zwei Überwachungsmaßnahmen nach §11 Abs. 1 Z 8 und Z 9 nicht klar unterschieden. Während Z 8 die Überwachung von Nachrichten betrifft, erlaubt Z 9 das Einbringen von Überwachungssoftware in Computersysteme. Es fehlt jedoch eine Regelung, die sicherstellt, dass die intensivere Maßnahme (Z 9) nur dann angewendet wird, wenn die weniger eingriffsintensive Maßnahme (Z 8) nicht ausreicht. Ohne diese Priorisierung wird das Prinzip der Verhältnismäßigkeit unterlaufen, da nicht garantiert ist, dass stets das mildere Mittel gewählt wird.


3. Verfassungsrechtliche Bedenken nach Vorgaben des VfGH

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat in einer früheren Entscheidung betont, dass Eingriffe in die digitale Kommunikation nur unter strengsten Voraussetzungen erfolgen dürfen. Insbesondere müssen Verhältnismäßigkeit und Notwendigkeit der Maßnahmen klar nachgewiesen werden. Der aktuelle Entwurf berücksichtigt diese Vorgaben des VfGH nur unzureichend. Die unklare Trennung zwischen den Maßnahmen nach §11 Abs. 1 Z 8 und Z 9 widerspricht den Anforderungen des VfGH und bedarf daher einer deutlichen Nachbesserung.


4. Zweifel an der praktischen Wirksamkeit und die Belastung der Bürger

Ein weiterer kritischer Punkt betrifft die praktische Wirksamkeit der geplanten Maßnahmen. Technisch versierte kriminelle Akteure und Terroristen verfügen oft über die Mittel, auf gehärtete Endgeräte und sichere Kommunikationsplattformen auszuweichen, die für staatliche Überwachungsmaßnahmen schwer zugänglich sind. Damit würden diese Maßnahmen - inklusive ihrer Nebenwirkungen - hauptsächlich den Durchschnittsbürger betreffen, während die eigentlichen Zielpersonen ungehindert ihre Kommunikation fortsetzen könnten. Dies wirft die Frage auf, ob die erheblichen Eingriffe in die Privatsphäre der Bürger durch solche Maßnahmen tatsächlich gerechtfertigt sind.


Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Entwurf des Staatsschutz- und Nachrichtendienstgesetzes zwar darauf abzielt, die Sicherheit zu erhöhen, jedoch erhebliche technische und rechtliche Bedenken aufwirft. Besonders die Maßnahmen zur Überwachung verschlüsselter Kommunikation sind aus mehreren Gründen problematisch. Angesichts der Zweifel an ihrer Wirksamkeit und den damit verbundenen Risiken für die Grundrechte der Bürger stellt sich die Frage, ob der eingeschlagene Weg der richtige ist. Es wäre daher überlegenswert, ob nicht alternative Ansätze gefunden werden können, die sowohl die Sicherheit als auch die Freiheitsrechte der Bürger besser in Einklang bringen. Eine gründliche Überarbeitung des Entwurfs und eine breite Diskussion darüber sind daher dringend erforderlich.

Stellungnahme von

Walther, Nikolaus (1130 Wien)

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