Stellungnahme zu Ministerialentwurf
Stellungnahme zu dem Ministerialentwurf betreffend Bundesgesetz, mit dem das Staatsschutz- und Nachrichtendienstgesetz geändert wird
Bei den Stellungnahmen handelt es sich nicht um die Meinung der Parlamentsdirektion, sondern um jene der einbringenden Person bzw. Institution. Mehr Informationen finden Sie in den Nutzungsbedingungen.
Inhalt
Den vorgelegten Gesetzesentwurf lehne ich ab.
Die vorgeschlagenen Maßnahmen hinsichtlich staatlich finanzierter Malware ("Bundestrojaner") würden Kriminalität nicht bekämpfen, sondern fördern: Steuergeld würde dafür ausgegeben, für Zugang zu noch nicht öffentlich bekannten Sicherheitslücken zu bezahlen. Damit wird eine Branche gefördert, die das Innenministerium und das Verteidigungsministerium eigentlich zu bekämpfen haben (Stichworte IT-Sicherheit, Spionageabwehr, Schutz Kritischer Infrastruktur).
Auch staatlich sanktionierte Malware bleibt Malware. Und die wird, einmal im Umlauf, dann auch von Kriminellen ausgenutzt, wie man am Beispiel von Malware des US-Geheimdienstes NSA sieht, die inzwischen von russischer organisierter Kriminalität dazu genutzt wird, Milliarden zu erpressen (beispielsweise WannaCry, NotPetya, BadRabbit).
Nicht umsonst hat der Sicherheitsrat den Einsatz von Bundestrojanern gerade erst abgelehnt.
Gleichzeitig verkennt der Gesetzesentwurf die eminente Bedeutung von Mobiltelefonen und ähnlichen Geräten. Malware in diese einzuschleusen ist ein noch größerer Eingriff in die Privatsphäre, als würde man ein Staatsorgan heimlich in den Kleiderschrank einschleusen, um alle Vorgänge im Schlafzimmer einer Bürgerin zu beobachten.
In Mobiltelefonen und ähnlichen Geräten speichern wir heute viel mehr private Dinge, als man in unseren Wohnungen beobachten und belauschen könnte. Außerdem nutzen wir die Geräte für Transaktionen und Identifikationsvorgänge aller Art, was mit Wohnungen nicht möglich ist.
Die Bürgerrechte des Staatsgrundgesetzes sind schwer und teuer erkämpft. §9 Staatsgrundgesetz schützt das Hausrecht, die beiden folgenden Paragraphen das Briefgeheimnis und (seit 1975) das Fernmeldegeheimnis.
Die im vorliegenden Gesetzesentwurf vorgesehenen Maßnahmen wären ein noch tieferer Eingriff in Grundrechte als die Verletzung der §§9, 10 und 10a Staatsgrundgesetz zusammengenommen.
Die Sicherheit von WLAN und Mobilfunknetzen gilt es zu stärken, nicht durch mehr und mehr falsche Sender zu unterminieren.
Das fehlen strikter Beweisverbote geheimdienstlicher Erkenntnisse für Strafverfolgung sind schockierend und der Republik Österreich unwürdig.
Auch die für den DSN vorgesehene Erweiterung der Befugnisse zur Einholung von Auskünften von Dritten, sowie die Erzwingung deren Mitarbeit, jeweils ohne richterlichen Beschluss, kennen wir aus der Volksrepublik China. Auf dieses Niveau darf sich die Republik Österreich nicht begeben!
Daher lehne ich den Gesetzesentwurf ab und ersuche um dessen Zurückziehung.
Mag. Daniel Sokolov