Staatsschutz- und Nachrichtendienstgesetz, Änderung (80/SN-350/ME)

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Stellungnahme zu Ministerialentwurf

Stellungnahme zu dem Ministerialentwurf betreffend Bundesgesetz, mit dem das Staatsschutz- und Nachrichtendienstgesetz geändert wird

Bei den Stellungnahmen handelt es sich nicht um die Meinung der Parlaments­direktion, sondern um jene der einbringenden Person bzw. Institution. Mehr Informationen finden Sie in den Nutzungsbedingungen.

Inhalt

Die Forderung nach einer Kontrollmöglichkeit verschlüsselter Messenger-Kommunikation ist ein längjähriges internationales Phänomen, angestoßen von diversen westlichen Geheimdiensten, welches die ÖVP in Österreich zum wiederholten Male aufnimmt und verwirklichen möchte. Die Argumentationslinie ähnelt sich dabei. War der vorgegebene, gar so triftige Hauptzweck dieser "Chat-Kontrolle" vor einigen Jahren noch die Bekämpfung von Kindesmissbrauch bzw. -pornografie, so versucht man nun seitens der ÖVP, einen vermeintlich vereitelten, zum Status Quo keinesfalls als bewiesen anzusehenden Terroranschlagsplan zu nutzen, um dieses Ziel erneut zu erreichen.
Dass beides als reine Vorwände anzusehen sind, wird durch die einhellige Meinung von zahlreichen IT-, Menschenrechts- und Datenschutzexperten entlarvt, die das geplante Gesetzesvorhaben für unwirksam und völlig unverhältnismäßig halten, um die genannten kriminellen Machenschaften effektiv bekämpfen zu können. Und obwohl darüber hinaus auch der österreichische Verfassungsgerichtshof bereits vor Jahren die Implementierung des sogenannten „Staatstrojaners“ für verfassungswidrig und grundrechtsverletzend befunden hat, wird ungeachtet dessen abermals versucht, die „Messenger-Überwachung“ auf den Weg zu bringen und dabei das Recht aller Bürgerinnen und Bürger auf digitale Privatsphäre zu beseitigen.
Das eigentliche Ziel ist klar: Es handelt sich ganz offensichtlich nicht um eine evidenzbasierte, wissenschaftsgeleitete und sicherheitspolitisch absolut notwendige Maßnahme. Vielmehr würde mit der tatsächlichen Umsetzung dieses Vorhabens (gezielt) ein irreversibler „Dammbruch“ verursacht werden, hin zu einem panoptischen digitalen Überwachungsraum, in dem sich kein Staatsbürger mehr sicher sein kann und soll, ob er im zwischenmenschlichen digitalen Austausch von persönlichen Informationen und Meinungen nicht möglicherweise ins Visier von staatlichen Exekutivorganen gerät. Damit wäre gleichzeitig auch der politischen Willkür Tür und Tor geöffnet. Einhergehend mit einer zu befürchtenden Ausweitung von als verfassungsgefährdend und demokratiefeindlich definierten Delikten könnte somit die Meinungs- und Handlungsfreiheit der Bevölkerung – sowohl direkt als auch indirekt - bedeutend eingeschränkt werden. Jeder Bürger hätte bei abweichenden, oppositionellen Meinungen potentiell zu befürchten, die staatliche Überwachung auf sich zu ziehen und entsprechend sanktioniert zu werden. Eine erhöhte Selbstdisziplinierung sowie Verhaltens- und Meinungskonformität wäre die (machtdienliche) Folge davon. Außerdem bestünde die Gefahr, wie internationale Bespiele zeigen, dass künftige Regierungen unter Vorspiegelung von angeblich digital belegten Tatsachen die Zahl an politisch motivierten Strafverfolgungen bedeutend ausweiten.
Mit Verweis auf diverse fundierte Stellungnahmen von Amnesty International, epicenter.works usw. lehne ich diesen Gesetzesentwurf entschieden ab und fordere alle politischen Parteien dazu auf, den Schutz unserer digitalen Privatsphäre und Korrespondenzfreiheit höchste Priorität einzuräumen. Alle Versuche, diesem Menschenrecht Schaden zuzufügen, muss vehement entgegengetreten werden.

Stellungnahme von

Tanzer, Christoph (3373 Kemmelbach)

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