Stellungnahme zu 372/A (183/SN)

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Stellungnahme

Stellungnahme betreffend den Antrag 372/A der Abgeordneten Mag. Ernst Gödl, Maximilian Köllner, MA, Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Waffengesetz 1996 geändert wird

Bei den Stellungnahmen handelt es sich nicht um die Meinung der Parlaments­direktion, sondern um jene der einbringenden Person bzw. Institution. Mehr Informationen finden Sie in den Nutzungsbedingungen.

Inhalt

Als Waffenhändler und Mandatar der WK NÖ beziehe ich wie folgt Stellung:

Ad 1) Diese Änderung wird als unverhältnismäßig abgelehnt

Ad 2) Diese Änderung wird befürwortet

Begründung:

Vorbemerkung

Das Waffenrecht ist ein Ordnungsrecht, Normadressat ist der gesetzestreue Bürger. Straftaten können damit nur sehr bedingt verhindert werden. Die nach dem Verhältnismäßigkeitsprinzip erforderliche Tauglichkeit ist somit grundsätzlich in Frage zu stellen und bei den einzelnen Maßnahmen restriktiv zu prüfen.

Ein sogenannter "Amoklauf" ist immer eine Vorsatztat, die nicht aufgrund einer momentanen extremen Gefühlslage (aka Affekt) begangen wird, sondern der eine über Monate bis Jahre dauernde Vorbereitungsphase vorausgeht. Ein Affekttäter wird nicht erst zum Waffengeschäft laufen, sondern sich des gerade verfügbaren Tatmittels* bedienen, notfalls roher Körpergewalt. Ein Plantäter rechnet die Beschaffung des gewünschten Tatmittels ein und legt erst los, wenn seine Vorbereitungen abgeschlossen sind. Gerade bei "Amokläufen" hat der Täter idR bereits das eigene Ableben eingerechnet, nicht wenige Fälle enden mit dem Selbstmord des Täters - hier wäre also nicht einmal die Todesstrafe eine Abschreckung.

Aus den zum Anlassfall bekannt gewordenen Tatsachen ist zu entnehmen, dass der Täter die als Tatmittel verwendete Schrotflinte bereits mehrere Wochen zuvor besorgt hat. Weiters ist bekannt, dass er eigentlich selbstgebaute Rohrbomben zum Einsatz bringen wollte, aufgrund seiner eigenen technischen Inkompetenz jedoch keinen zuverlässigen Zündmechanismus herstellen konnte. Da jedoch ein Sprengen von ferienbedingt leeren Klassenräumen wohl nicht seinem Ziel entsprochen hätte, musste er auf das berets vorbereitete Ersatzmittel der Schusswaffen zurückgreifen. Dabei hat er mehrere Bestimmungen des Waffengesetzes übertreten:

- Er hat durch Absägen des Hinterschaftes der Flinte eine verbotene Waffe (§17 (1) Z3 WaffG) hergestellt und besessen (gerichtlich strafbar gem. §50 (1) Z2 WaffG).
- Er hat seine Waffen geführt (§7 WaffG) um an den Tatort zu gelangen (Verwaltungsübertretung gem. §51 (1) Z1 WaffG)

Zu 1)

Die "Abkühlphase" konnte den durch die Benennung suggerierten Zweck schon bei der erstmaligen Einführung nicht erfüllen; sie hat nur dazu gedient, dass der Waffenhändler bei der Behörde nachfragen konnte, ob gegen einen ohne waffenrechtliches Dokument auftretenden Käufer ein Waffenverbot besteht oder nicht. Mit der Umstellung auf das ZWR ist diese Nachfrage binnen Minuten durchführbar und wird in der Praxis sogar zweimal durchgeführt - vor dem Verkauf, damit man sich den administrativen Aufwand einer Rechnungslegung mit anschließendem Storno erspart, und einmal unmittelbar vor der Ausfolgung, um sich dem Vorwurf zu entziehen, man hätte ein inzwischen eingetragenes Waffenverbot nicht beachtet.

Viele Waffenhändler betreiben inzwischen auch einen Webshop, in dem Waffen zwecks späterer Abholung bestellt werden können. Gemäß FAGG steh dem Konsumenten hier ein 14tägiges Rücktrittsrecht ab Übergabe der Ware zu. Bei Vorliegen eines Waffenverbotes ist zudem das zugrundeliegende Geschäft nichtig. Beim Finanzamt ist bis zum 15. des auf den Meldungszeitraum (Monat oder Quartal, je nach Umsatz) folgenden Monats eine Umsatzsteuervoranmeldung abzugeben und auch zu begleichen. Eine Verlängerung der "Abkühlphase" auf 4 Wochen würde daher bewirken, dass für Rücktritte bzw. aufgrund eines nachträglich eingetragenen Waffenverbotes nichtige Geschäfte die Umsatzsteuer bereits abgeführt und zurückgefordert werden müsste. Außerdem ist davon auszugehen, dass der lange Zeitraum zu einem Umsatzrückgang bei unbedenklichen Käufern führen würde.

Die Abkühlphase ist demnach inzwischen nicht mehr erforderlich. Sie ist auch untauglich, da sie sogar im Anlassfall bereits verstrichen wäre. Und sie stellt einen Eingriff in die Rechte der Unternehmer und der Kunden dar. Eine Verlängerung auf 4 Wochen widerspricht somit dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit.

Zu 2)

Gemäß Durchführungsverordnung zum Waffengesetz ist für Bewerber um eine WBK oder eine WP im Zuge der waffenrechtlichen Verlässlichkeitsprüfung ein psychologisches Gutachten erforderlich, welches nicht älter als 6 Monate sein darf. Ein negatives Gutachten ist zu melden (§8 (7) WaffG) und bewirkt eine Sperrfrist von 6 Monaten; bei drei negativen Gutachten verlängert sich die Sperrfrist auf 10 Jahre.

Im Zuge der Stellung durchgeführte psychologische Untersuchungen erfolgen unter anderer Motivlage als die o.g. Untersuchung. Eine bei der Stellung erhobene psychische Untauglichkeit in Kombination mit einem positiven waffenpsychologischen Gutachten stellt daher durchaus ein taugliches Mittel zur Aufdeckung von gewollten Manipulationen durch en Probanden dar.

Dass nur die Waffenbehörde auf negative Gutachten bzw. Ergebnisse der Stellungsuntersuchung Zugriff haben erscheint in Abwägung mit dem Datenschutz und er (sowieso schon durchbrochenen) Verschwiegenheitspflicht des Psychologen angemessen. Ein Zugriff durch den testenden Psychologen wäre zwar möglicherweise hilfreich, aber zweifellos überschießend.


* In Österreich ist das Küchenmesser mit etwa 30% der Bluttaten das am häufigsten gewählte Tatmittel; Hieb- und Stichwaffen insgesamt decken 60% der Fälle ab. Illegale Schusswaffen - die bereits unter Missachtung des Waffengesetzes besessen werden - sind mit 6% immer noch doppelt so häufig wie legale Schusswaffen mit 3% der Fälle.



Stellungnahme von

Hick, Gunter (2344 Maria Enzersdorf)

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