Stellungnahme
Stellungnahme betreffend den Antrag 372/A der Abgeordneten Mag. Ernst Gödl, Maximilian Köllner, MA, Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Waffengesetz 1996 geändert wird
Bei den Stellungnahmen handelt es sich nicht um die Meinung der Parlamentsdirektion, sondern um jene der einbringenden Person bzw. Institution. Mehr Informationen finden Sie in den Nutzungsbedingungen.
Inhalt
Stellungnahme zum neuen Waffengesetzentwurf in Österreich
Datum: September 2025
Betrifft: Begutachtungsverfahren zur Verschärfung des Waffengesetzes (Gesetzentwurf September 2025)
Einleitung
Die vorliegende Stellungnahme richtet sich gegen die geplanten drastischen Verschärfungen des österreichischen Waffengesetzes und zeigt fundamentale Mängel sowie verfassungsrechtliche Bedenken auf. Insbesondere die unverhältnismäßige Benachteiligung gesetzestreuer Waffenbesitzer und die erheblichen finanziellen Belastungen stehen im Widerspruch zu rechtsstaatlichen Grundprinzipien.
1. Verfassungsrechtliche Bedenken und Eigentumsschutz
Quasi-Enteignung durch finanzielle Belastungen
Die vorgesehenen verpflichtenden psychologischen Gutachten für alle Waffenbesitzer stellen eine erhebliche finanzielle Belastung dar. Bei Kosten von 236 Euro (bzw. bis zu 283,20 Euro inkl. MwSt.) pro Gutachten und der Notwendigkeit regelmäßiger Wiederholungen alle fünf Jahre entstehen für langjährige, gesetzestreue Waffenbesitzer unverhältnismäßige Kosten. Hinzu kommen Kosten für den Waffenführerschein (ca. 50 Euro) und Verwaltungsgebühren. In Zeiten der Teuerung und wirtschaftlichen Unsicherheit kommt dies einer mittelbaren Enteignung gleich.
Verletzung des Vertrauensschutzes
Personen, die ihre Waffen unter den bisherigen gesetzlichen Bestimmungen rechtmäßig erworben haben, werden rückwirkend mit neuen Auflagen belastet. Dies verletzt das Prinzip des Vertrauensschutzes und die Rechtssicherheit. Die rückwirkende Anwendung ohne zeitliche Begrenzung ist besonders problematisch - unabhängig davon, ob jemand seit einem Jahr oder seit Jahrzehnten gesetzestreuer Waffenbesitzer ist, werden alle gleichermaßen von den neuen Auflagen erfasst.
Verhältnismäßigkeitsprinzip
Die pauschale Unterstellung aller Waffenbesitzer unter Generalverdacht durch verpflichtende psychologische Tests alle fünf Jahre verletzt das Verhältnismäßigkeitsprinzip. Jahrzehntelang gesetzestreue Bürger werden wie potenzielle Straftäter behandelt, ohne dass individuelle Anhaltspunkte für eine Gefährdung vorliegen.
2. Diskriminierung gesetzestreuer Waffenbesitzer
Ungerechtfertigte Pauschalverdächtigung
Der Gesetzentwurf stellt alle legalen Waffenbesitzer unter Generalverdacht, obwohl die überwiegende Mehrheit nie straffällig geworden ist. Diese Vorgehensweise widerspricht dem Grundsatz der Unschuldsvermutung und diskriminiert eine gesamte Bevölkerungsgruppe ohne sachlichen Grund.
Bringschuld der Unschuld
Die Verpflichtung, durch kostenpflichtige Gutachten die eigene psychische Eignung zu beweisen - und dies alle fünf Jahre erneut - kehrt die Beweislast um. Bürger müssen nun kontinuierlich ihre Unschuld beweisen, anstatt dass der Staat bei konkreten Verdachtsmomenten tätig wird.
3. Bevorzugung bestimmter Gruppen - Eklatante Ungleichbehandlung
Privilegierung der Jägerschaft - Eine fundamentale Ungerechtigkeit
Besonders skandalös ist die komplette Befreiung der Jäger von sämtlichen verschärften psychologischen Untersuchungen. Während gesetzestreue private Waffenbesitzer mit kostenpflichtigen Gutachten alle fünf Jahre, bürokratischen Hürden, höheren Altersgrenzen und dem Generalverdacht konfrontiert werden, sind Jäger von ALL DIESEN MASSNAHMEN vollständig ausgenommen. Diese krasse Zwei-Klassen-Gesellschaft ist sachlich völlig ungerechtfertigt, da:
Beide Gruppen verwenden identische Waffentypen und Kaliber
Beide Gruppen handhaben Waffen in vergleichbaren Situationen
Es keine empirischen Belege gibt, dass Jäger per se psychisch stabiler oder weniger gefährlich sind
Die psychische Eignung bei beiden Gruppen gleich relevant für die öffentliche Sicherheit ist
Jäger ebenfalls über Jahre ihre Waffen besitzen und verwenden
Diese willkürliche Komplettbefreiung einer privilegierten Gruppe macht die angeblichen Sicherheitsbedenken der Regierung völlig unglaubwürdig und entlarvt das Gesetz als reine Schikane für eine ungeliebte Bevölkerungsgruppe.
Willkürliche Kategorisierung
Die unterschiedliche Behandlung verschiedener Waffenbesitzergruppen ohne sachliche Rechtfertigung verstößt gegen den Gleichheitsgrundsatz des Artikel 7 Bundes-Verfassungsgesetz.
4. Ineffektivität bezüglich der Sicherheitsziele
Verfehlung des Sicherheitsziels
Die geplanten Maßnahmen werden ihr erklärtes Ziel - die Erhöhung der öffentlichen Sicherheit - verfehlen:
Schwarzmarkt-Problematik: Nicht registrierte Waffen auf dem Schwarzmarkt werden durch die Verschärfungen nicht erfasst. Kriminelle werden weiterhin illegale Waffen verwenden, die keinen psychologischen Tests unterliegen.
Kategorie C-Waffen: Die Ausweitung der Waffenbesitzkarte auf bisher frei erwerbbare Büchsen und Flinten wird paradoxerweise zu einem Anstieg nicht registrierter Waffen führen, da viele Besitzer die neuen kostenpflichtigen Auflagen umgehen werden.
Tatsächliche Gefährdung: Die überwiegende Zahl der Gewalttaten wird mit illegalen Waffen oder improvisierten Werkzeugen verübt, nicht mit legal erworbenen und registrierten Waffen von psychologisch getesteten Besitzern.
5. Praktische Mängel des Gesetzentwurfs
Unzureichende Infrastruktur
Akuter Mangel an qualifizierten Gutachtern für die Masse der Untersuchungen (alle fünf Jahre für alle Waffenbesitzer)
Überlastung der Verwaltungsbehörden durch die bürokratische Lawine
Unklare Verfahrensabläufe und Fristen bei der Umsetzung
Rechtsunsicherheit
Vage Formulierungen bezüglich der Bewertungskriterien für psychologische Tests
Fehlende Standardisierung der Gutachten zwischen verschiedenen Gutachtern
Unklare Rechtsmittelverfahren bei negativen Gutachten
6. Finanzielle Auswirkungen und soziale Gerechtigkeit
Erhebliche wiederkehrende Kostenbelastung
Die Gesamtkosten für Waffenbesitzer umfassen:
Psychologisches Gutachten alle fünf Jahre: 236-283 Euro
Waffenführerschein: ca. 50 Euro
Verwaltungsgebühren für Waffenbesitzkarten
Zeitaufwand und Verdienstausfall
Lebenslange Gesamtkosten: Mehrere tausend Euro pro Person
Soziale Selektion durch Kostenhürden
Die hohen, regelmäßig wiederkehrenden Kosten führen zu einer weiteren sozialen Selektion in der Gesellschaft, bei der sich nur noch wohlhabende Bürger den legalen Waffenbesitz leisten können. Dies widerspricht dem Grundsatz der Gleichberechtigung und schafft ein Klassensystem beim Grundrecht.
7. Alternative Lösungsansätze
Anstatt pauschaler Verschärfungen für Gesetzestreue sollten zielgerichtete Maßnahmen ergriffen werden:
Verstärkte Bekämpfung des illegalen Waffenhandels und Schwarzmarkts
Bessere Durchsetzung und Kontrolle bestehender Gesetze
Präventionsmaßnahmen in der Kriminalitätsbekämpfung
Verbesserung der psychosozialen Betreuung gefährdeter Personen
Anlassbezogene Überprüfungen statt pauschaler Massentests
8. Grundlegende Systemkritik
Das geplante Gesetz offenbart ein fundamentales Missverständnis:
Kriminelle halten sich nicht an Gesetze und nutzen illegale Waffen
Gesetzestreue werden durch immer schärfere Auflagen schikaniert
Privilegierte Gruppen (Jäger) bleiben vollständig verschont
Das eigentliche Problem - psychisch auffällige Gewalttäter in der Gesellschaft - wird nicht angegangen
Fazit und Forderungen
Der vorliegende Gesetzentwurf ist in mehrfacher Hinsicht mangelhaft und verfassungsrechtlich bedenklich. Er benachteiligt gesetzestreue Bürger unverhältnismäßig, ohne das erklärte Sicherheitsziel zu erreichen. Die Bevorzugung der Jäger entlarvt das Gesetz als willkürliche Schikane.
Wir fordern daher:
Rücknahme der rückwirkenden Bestimmungen und Schutz des erworbenen Besitzstands
Streichung der pauschalen Gutachtenpflicht für langjährige, unbescholtene Waffenbesitzer
Gleichbehandlung ALLER Waffenbesitzergruppen - keine Sonderrechte für Jäger
Konzentration auf die Bekämpfung illegaler Waffen statt Schikanen für Gesetzestreue
Anlassbezogene statt pauschale Überprüfungen bei konkreten Verdachtsmomenten
Verhältnismäßige Kostenregelung oder vollständige Kostenübernahme durch den Staat
Nachbesserung der rechtlichen Bestimmungen zur Gewährleistung von Rechtssicherheit
Der Gesetzentwurf sollte in seiner jetzigen Form zurückgezogen und grundlegend überarbeitet werden, um verfassungskonform, verhältnismäßig und tatsächlich sicherheitsfördernd zu werden.
Diese Stellungnahme wird im Rahmen des Begutachtungsverfahrens eingereicht und steht für weitere Diskussionen und Anhörungen zur Verfügung.