Stellungnahme zu 372/A (313/SN)

Stellungnahme

Stellungnahme betreffend den Antrag 372/A der Abgeordneten Mag. Ernst Gödl, Maximilian Köllner, MA, Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Waffengesetz 1996 geändert wird

Bei den Stellungnahmen handelt es sich nicht um die Meinung der Parlaments­direktion, sondern um jene der einbringenden Person bzw. Institution. Mehr Informationen finden Sie in den Nutzungsbedingungen.

Inhalt

Da diese Punkte in meiner vorherigen Stellungnahme nicht öffentlich einsehbar sind:

Zu den vorgeschlagenen Änderungen im Einzelnen:

§2(2)

Wegen der hohen Zahl an Einsteckläufen in Altbesitz, die ausschließlich in Zusammenwirken mit einer anderen Schusswaffe benutzt werden und deshalb bisher vom Waffengesetz ausgenommen waren, ist nur eine sehr geringe Rate an Nachmeldungen zu erwarten. Hier wird durch die legistische Maßnahme ein hoher Bestand and neuerdings illegalen Waffen geschaffen, so wie beim damaligen Verbot der VSRF (80.000 Stück Bestand, davon 40.000 im Inland und weniger als 2.000 Anmeldungen ergeben brutto 38.000 illegale Waffen mehr.

Die neue Rechtsmeinung des BMI, eine in Teile zerlegte aber insgesamt an denselben Kunden verkaufte Waffe wäre nunmehr jedenfalls als ganze Waffe im ZWR zu erfassen, welche auch einen "Platz" benötigt, wird insofern gar nicht beachtet, als es nunmehr Menschen gibt, die nach der alten Rechtsmeinung angeschaffte "Wechselsysteme mit Luftspalt" besitzen und nunmehr das vormals freie Griffstück nachmelden müssen. Hier fehlt eine Übergangsbestimmung, die den weiteren Besitz solcher in gutem Glauben erworbenen Waffen gestattet, indem der Berechtigungsumfang entsprechend erweitert wird.

§2(4)

Die hier wohl gemeinten "80% Lower" sind ein US-Amerikanisches Problem, welches der anderen Rechtsgrundlage entstammt, nach der das Griffstück als Legaldefinition der Schusswaffe gilt, während Läufe und Verschlüsse sogar freies Zubehör sind. Der Begriff "umbaubar" ist zu weit gefasst; damit würden Heizungsrohre und Weißware (die IRA hat dem Vernehmen nach ihre ersten Schusswaffen aus Waschmaschinenteilen hergestellt) als "umbaubar" einzustufen sein, und folglich Baumärkte und Haushaltswarenhändler eine Gewerberechtigung als Waffenhändler benötigen. Hier muss nach dem erforderlichen Aufwand beim Umbau unterschieden werden, beispielsweise die Hälfte oder weniger der Zeit, die ein kompetenter Büchsenmacher mit Haushaltswerkzeugen dazu benötigen würde. Auch das "Aussehen einer Schusswaffe" ist unzureichend definiert - muss hier das Gesamtbild einer Schusswaffe entstehen oder reicht das Erscheinungsbild eines wesentlichen Waffenteils?

§5(1) Z2

Bisher waren Teilesätze (ohne Lauf und Verschluss) von Kriegsmaterial frei erwerbbar. Die neue Hochstufung als Kriegsmaterial wird dem BMLV wohl eine hohe Zahl an Anträgen bescheren und stellt eine weitere Falle für Besitzer solcher Gegenstände dar, die diese aus historischem Interesse erworben haben.

§8(2) Z2

Der Begriff "an einer psychischen Störung leidet" ist zu weit gefasst. Das im ICD-11 systematisierte Verzeichnis von psychischen Störungen enthält Prognosen mit unterschiedlicher Gefährlichkeit, sowohl sich selbst als auch anderen gegenüber. Insbesondere bei Amoktätern ist überwiegend eine Suizidalität zu bemerken - der Täter bringt sich anschließend an die Erreichung seines Ziels entweder selbst um oder handelt so, dass eintreffende Sicherheitskräfte zum Waffeneinsatz gezwungen werden. Zudem ist unter F64 "Störung der Geschlechtsidentität" katalogisiert; einen Bewerber deshalb zu disqualifizieren wird wohl gegen das Antidiskriminierungsgesetz verstoßen. Obwohl, wie erst kürzlich bei Vorfällen in USA gesehen, auch Transfrauen als Täterin bei Amokläufen an Schulen und in Kirchen aufgetreten sind.

§13(5)

Diese Bestimmung ist nur schwer mit der Verfassung in Einklang zu bringen, verweigert sie doch den von einem solchen vorläufigen Waffenverbot Betroffenen das rechtliche Gehör. Ein Missbrauch durch missgünstige Nachbarn ist geradezu vorprogrammiert. Historisch gesehen ist die Bespitzelung der Bevölkerung durch den Blockwart oder den "Informellen Mitarbeiter" in totalitären Systemen angesiedelt und sollte vermieden werden.

§13(6)

Diese Bestimmung ist für den Missbrauch in strittigen Scheidungsverfahren prädestiniert, insbesondere nach §382d EO ist eine Gefährdung durch Gewaltanwendung nicht a priori gegeben.

§17(2)

Die Streichung von "neuartig" wurde zuletzt als "redaktionelles Versehen" bezeichnet. Dass hier dem BMI auf dem Verordnungsweg das Verbot beliebiger (auch lange bestehender) Waffen und Munition erlaubt werden soll, verstößt gröblich gegen die Gewaltenteilung. Die Einteilung von Waffen und Munition muss dem Gesetzgeber vorbehalten bleiben, das mit dem Vollzug betraute BMI darf darüber nicht willkürlich entscheiden dürfen.

§17(3) und andere

Die Anhebung der Altersgrenzen bringt keinen Sicherheitsgewinn. Es ist nicht nur ein Anschlag auf den Schießsport als Ganzes, sondern steht auch dem öffentlichen Interesse einer wehrfähigen Bevölkerung zur Aufrechterhaltung des Milizsystems entgegen. Die bisherigen Altersgrenzen Großjährigkeit (18) beziehungsweise Volljährigkeit (21) sollen bestehen bleiben. Es ist nicht einzusehen, warum derselbe 17-Jährige, der an der Grenze mit einer vollautomatischen Kriegswaffe im Assistenzeinsatz steht, im Privatleben noch 8 Jahre lang zu unreif ist, mit einer halbautomatischen Waffe umzugehen.

§18(3b), §28(1) und andere

Die Verkürzung der Meldefristen von 6 Wochen auf "unverzüglich" ist nicht praktikabel. Insbesondere bei Waffenverkäufen durch Gewerbetreibende wäre die bisherige Praxis, Eintragungen außerhalb der Geschäftszeiten nachzuholen (Abends/am Wochenende oder sogar zum Monatsende) durchzuführen, weiterhin zu gestatten. Insbesondere bei Betrieben mit Angestellten müsste ansonsten stets ein zur Eintragung ins ZWR Befugter physisch anwesend sein.

Sämtliche Meldepflichten müssen bei nach §32 ermächtigten Gewerbetreibenden bereits durch die vorgenommene Eintragung im ZWR erfüllt und Waffenverbote rechtsverbindlich einsehbar sein (dies war bisher den Behörden vorbehalten).

Die Einbindung von Gewerbetreibenden in Privatverkäufe in Verbindung mit der geplanten Wartefrist von 4 Wochen hat zur Folge, dass über die Lagekapazität bzw. eventuelle im Verfahren vor der Gewerbebehörde vorgeschriebene Stückzahlgrenzen hinaus Waffen gelagert werden müssen. Im konkreten Fall auch militärische Waffen und Munition bei einem nur zum Handel mit nichtmilitärischen Waffen und Munition Berechtigten. So dies gewünscht ist, müsste gesetzlich festgeschrieben werden, dass nach §41 verwahrte Waffen egal welcher Kategorie nicht eingerechnet werden.

§31ff

Die WBK-Pflicht für Schusswaffen der Kategorie C ist überschießend.

§41(1), §44c

Die Regelung einer auf 5 Jahre befristeten WBK vor der Ausstellung einer unbefristeten WBK ist im Zusammenhang mit der bevorstehenden Verteuerung der waffenpsychologischen Untersuchung überschießend. Auch beim Führerschein (das Lenken von Fahrzeugen ist ebenso eine verantwortungsvolle Tätigkeit und das KFZ ist schon ohne Tötungsabsicht statistisch gesehen etwa 30 Mal so gefährlich wie der legale Besitz einer Schusswaffe) wird nach der Probezeit keine neue verkehrspsychologische Untersuchung gefordert.

Der Täter von Graz hat seine Tat sofort nach Erhalt der WBK und Anschaffung der Pistole begangen. Hier ist kein Sicherheitsgewinn zu erwarten.

§41(2)

Insbesondere im Hinblick auf die Übergangsbestimmungen darf es durch den Rechtsanspruch auf Ausstellung einer WBK einer bisher nicht gehaltenen Kategorie nicht zu einer Verpflichtung zur (neuerlichen) waffenpsychologischen Untersuchung kommen. Ein Waffenbesitzer wird nicht durch den Besitz einer höheren Anzahl oder einer höheren Kategorie von Waffen gefährlicher.

§41f

Die Wartefrist von 3 Tage auf 4 Wochen zu verlängern ist überschießend. Die im Konsumentenschutzgesetz vorgesehenen Rücktrittsmöglichkeiten bei Fernabsatzverträgen beginnen erst mit Übergabe der Ware. Bei einem im Fernabsatzweg geschlossenen Vertrag beginnt die Rücktrittsfrist erst mit Übergabe der Ware zu laufen. In den dazwischen liegenden 4 Wochen kann es sich der Konsument leicht anders überlegen und der Gewerbetreibende bleibt auf der Ware sitzen.

§56a(5)

Gemäß §14(2) GtelG ist eine Verarbeitung von personenbezogenen Daten (ELGA) ausschließlich für Behandlungszwecke zum Wohle des Patienten zulässig. Eine Aufweichung des Schutzes zum Zweck der waffenpsychologischen Untersuchung (die keine "Behandlung" ist und den berechtigten Schutzinteressen des Patienten entgegensteht) ist schon aus Sicht der DSGVO abzulehnen.

Es wurden in den vergangenen Jahren große Bemühungen unternommen, die Stigmatisierung der psychologischen Behandlung zu verringern. Muss nun ein aktueller oder auch zukünftiger Waffenbesitzer befürchten, aufgrund einer Psychotherapie (beim Antrag auf Kostenersatz ist der entsprechende Code dem Kostenträger bekannt zu machen) vom Waffenbesitz ausgeschlossen zu werden, dann wird der Betroffene vermutlich keine Behandlung anstreben oder sogar aus der ELGA ausscheiden. Dadurch ist zu erwarten, dass sich eine bislang ohne Selbst- oder Fremdgefährdung bestehende Störung nicht therapiert wird, sich verfestigt und zu einer Depression auswächst.

Somit wird die mögliche Erkennung eines Problems in Einzelfällen durch eine Verschlechterung in der allgemeinen Situation erkauft.

§58(23) bis (36)

Die Übergangsbestimmungen haben durchwegs so zu lauten, dass ein Rechtsanspruch auf Ausstellung der nunmehr erforderlichen Genehmigung besteht. Bedingungen, durch die ein rechtmäßiger Besitzer rückwirkend zur Aufgabe seines Eigentums gezwungen wird, verletzen das verfassungsmäßige Recht auf Privateigentum und sind abzulehnen. Auch der Zwang, nachträglich eine waffenpsychologische Untersuchung beizubringen, kommt einer ungerechtfertigten Enteignung gleich.

Stellungnahme von

Hick, Gunter (2344 Maria Enzersdorf)

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