Stellungnahme zu Ministerialentwurf
Stellungnahme zu dem Ministerialentwurf betreffend Bundesgesetz zur Stärkung der Selbstbestimmung von unmündigen Mädchen an Schulen mittels Einführung eines Kopftuchverbots
Bei den Stellungnahmen handelt es sich nicht um die Meinung der Parlamentsdirektion, sondern um jene der einbringenden Person bzw. Institution. Mehr Informationen finden Sie in den Nutzungsbedingungen.
Inhalt
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich nehme hiermit Stellung zum Gesetzesentwurf betreffend ein Verbot des Tragens von Kopftüchern für Schülerinnen unter 14 Jahren.
Ich bin Mutter einer 11-jährigen Tochter, die sich aus freiem Willen und ohne äußeren Druck dazu entschieden hat, ein Kopftuch zu tragen. Sie hat diese Entscheidung vor wenigen Wochen getroffen, weil sie ihre religiöse Identität ausdrücken möchte. Als sie von diesem geplanten Gesetz erfahren hat, war sie tief betroffen und hat lange darüber geweint. Schon jetzt spüre ich, dass sie die Aussicht auf ein Verbot psychisch stark belastet.
Ein Kopftuchverbot würde für meine Tochter bedeuten, dass sie gezwungen wäre, gegen ihr Gewissen und ihre religiöse Überzeugung zu handeln. Das verletzt zentrale Grundrechte, die sowohl in der österreichischen Bundesverfassung als auch in der Europäischen Menschenrechtskonvention verankert sind:
Religionsfreiheit (Art. 14 StGG, Art. 9 EMRK): Meine Tochter möchte selbstbestimmt ihren Glauben leben.
Gleichheit vor dem Gesetz (Art. 7 B-VG): Das Gesetz richtet sich faktisch gegen eine bestimmte Religionsgemeinschaft und diskriminiert damit Mädchen muslimischen Glaubens.
Elternrecht & Kindeswohl (Art. 8 EMRK, Art. 2 1. ZP EMRK): Eltern haben das Recht, ihre Kinder in religiösen Fragen zu erziehen, und Kinder haben das Recht auf Schutz ihrer Persönlichkeit und Identität.
Darüber hinaus erscheint mir die Verhältnismäßigkeit fraglich: Ein pauschales Verbot führt nicht zu mehr Integration, sondern verstärkt Stigmatisierung, Ausgrenzung und psychische Belastung. Gerade Kinder, die freiwillig religiöse Symbole tragen, erleben ein solches Verbot als tiefe Ungerechtigkeit.
Ich appelliere daher an den Gesetzgeber, den Entwurf in dieser Form nicht zu beschließen. Statt eines Verbotes sollten pädagogische und dialogorientierte Maßnahmen gesetzt werden, die Selbstbestimmung, Gleichberechtigung und Integration fördern – ohne einzelne Kinder für ihre religiöse Ausdrucksweise zu bestrafen.
Mein konkreter Vorschlag:
Keine generelle Verbotsregelung, sondern individuelle Lösungen, die sicherstellen, dass Mädchen nicht unter Druck gesetzt werden.
Schutz für Kinder, die sich freiwillig für das Kopftuch entscheiden.
Fokus auf Aufklärung, Bildung und Gespräch statt auf Zwang und Sanktion.
Ich danke Ihnen, dass ich meine Sicht einbringen darf, und hoffe, dass bei der weiteren Gesetzgebung das Wohl der Kinder – und damit auch das Wohl meiner Tochter – im Mittelpunkt steht.
Mit freundlichen Grüßen
Melisa Bademcioglu