Stellungnahme zu Ministerialentwurf
Stellungnahme zu dem Ministerialentwurf betreffend Bundesgesetz, mit dem die Straßenverkehrsordnung 1960, das Kraftfahrgesetz 1967 und das Führerscheingesetz geändert werden (36. StVO-Novelle)
Bei den Stellungnahmen handelt es sich nicht um die Meinung der Parlamentsdirektion, sondern um jene der einbringenden Person bzw. Institution. Mehr Informationen finden Sie in den Nutzungsbedingungen.
Inhalt
Wie im beigefügten Dokument näher erläutert, halten wir den vorliegenden Entwurf eines § 98h StGB sowohl in Gänze als auch in mehreren Details für verfassungswidrig.
Insbesondere erfüllt der gewählte Ansatz, auf gesetzlicher Ebene eine Verordnungsermächtigung zu schaffen, die weder festlegt, in welchem konkreten örtlichen Bereich eine Überwachungsmaßnahme eingeführt werden soll, noch aus welchen faktischen Notwendigkeiten sich welcher konkrete Zweck und somit die Erforderlichkeit der Maßnahme ableitet, und auch keine spezifischen Anforderungen für die technische Umsetzung enthält, nicht die verfassungsmäßig gebotene Bestimmtheit einer solchen Eingriffsnorm. Auch kann aufgrund der mangelnden Bestimmtheit nicht festgestellt werden, dass die Norm verhältnismäßig ist und die Grundsätze der Zweckbindung und der Datenminimierung sowie das Gebot des gelindesten Mittels einhält bzw. die auf sie gestützten Verordnungen diesbezüglich entsprechend determiniert.
Es sind gelindere Mittel zu prüfen und umzusetzen. Ein gelinderes Mittel steht jedenfalls überall dort zur Verfügung, wo eine Einfahrtsbeschränkung derzeit noch nicht angeordnet ist, indem man diese zunächst anordnet, um zu erheben, ob diese tatsächlich ohne Überwachung durch bildverarbeitende technische Einrichtungen in unvertretbarer Weise nicht eingehalten wird. Gelindere Mittel sind gemäß der Verfassungsbestimmung des § 1 Abs 2 DSG jedenfalls auszuschöpfen, bevor die Überwachung durch bildverarbeitende technische Einrichtungen angeordnet wird.
Wir empfehlen daher von diesem Vorhabens abstand zu nehmen. Darüber hinaus, sind folgende Einzelaspekte des Entwurfs als besonders problematisch einzustufen:
1. Es ist nicht vorgesehen, dass die bildverarbeitenden technischen Einrichtungen während Großereignissen, insbesondere Demonstrationen (bei denen die betroffenen Verkehrsflächen üblicherweise für Fahrzeuge gesperrt sind und von Teilnehmenden betreten werden) mit einer geeigneten und gut sichtbaren Abdeckung zu versehen sind.
2. Der Zugriff durch die Sicherheitsbehörden (§ 53 Abs 5 SPG) ist nicht ausgeschlossen.
3. Die Erfassung von Fahrzeuglenker*innen ist überschießend.
4. Die durchgeführte Datenschutz-Folgenabschätzung entspricht nicht den rechtlichen Anforderungen, insbesondere da sie keine Bewertung der Risiken für die Rechte und Freiheiten der betroffenen Personen gemäß Art 35 Abs 7 lit c DSGVO enthält.