Nationalfonds

Entstehung

Der Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus wurde 1995 zum 50. Jahrestag der Unabhängigkeitserklärung und damit der Wiederherstellung der demokratischen Republik Österreich gegründet.

2001 folgte die Einrichtung des Allgemeinen Entschädigungsfonds für Opfer des Nationalsozialismus und 2010 die Einrichtung des Fonds zur Instandsetzung der jüdischen Friedhöfe in Österreich.

Zentrale Aufgaben

Im Jahr 1995 fasste der Nationalrat den Beschluss, den Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus einzurichten, um die besondere Verantwortung der Republik Österreich gegenüber den Opfern des Nationalsozialismus zum Ausdruck zu bringen.

Zentrale Aufgabe des Nationalfonds sind die Gestezahlungen in der Höhe von jeweils 5.087,10 € an NS-Opfer. Anspruch auf Leistungen haben Personen, die aus politischen Gründen, aus Gründen der Abstammung, Religion, Nationalität, sexuellen Orientierung, aufgrund einer körperlichen oder geistigen Behinderung oder aufgrund des Vorwurfes der sogenannten Asozialität verfolgt wurden oder auf andere Weise Opfer typisch nationalsozialistischen Unrechts geworden sind oder das Land verlassen haben, um einer solchen Verfolgung zu entgehen.

Berücksichtigt werden alle Opfer des Nationalsozialismus, auch jene, die in Österreich lange keine oder nur eine unzureichende Anerkennung erfahren haben. Dazu zählen etwa Roma und Sinti, Spanien­kämpfer:innen, Kärntner Slowen:innen, die Kinder vom Spiegelgrund, Homosexuelle, aber auch die von der Aussiedlung aus dem Döllersheimer Ländchen (Allentsteig, NÖ) Betroffenen, Opfer der NS-Militärjustiz sowie Wehrdienstverweigerer und Deserteure aus der Deutschen Wehrmacht.

Diese Anerkennung ist ein wichtiger Beitrag zu einer gesell­schafts­politischen Sensibilisierung im Hinblick auf die Wahrnehmung einzelner Opfergruppen und die unterschiedlichen Formen der Verfolgung. Rund 30.000 NS-Opfer hat der Nationalfonds seit seiner Gründung anerkannt und Gestezahlungen in der Höhe von insgesamt rund 180 Millionen € ausbezahlt. 

Förderung von Projekten und Programmen

Der Nationalfonds kann auch Projekte unterstützen, die Opfern des Nationalsozialismus zugutekommen, der wissenschaftlichen Erforschung des Nationalsozialismus und des Schicksals seiner Opfer dienen, an das nationalsozialistische Unrecht erinnern oder das Andenken an die Opfer wahren.

Außerdem fördert der Nationalfonds soziale, medizinische und psychotherapeutische Programme zugunsten von überlebenden Opfern und unterstützt wissenschaftliche, bildungspolitische und Gedenkprojekte.

Anträge auf Gestezahlung sowie Projektförderung sind unbefristet möglich.

Weitere Aufgaben des Nationalfonds sind ebenfalls Ausdruck der historischen Verantwortung,– etwa der Betrieb der neugestalteten österreichischen Ausstellung in Auschwitz-Birkenau, die Vergabe des Simon-Wiesenthal-Preises oder Aufgaben in Zusammenhang mit der Restitution von Raubkunst oder der Shoah Namensmauern Gedenkstätte in Wien.

2024 wurden die Aufgaben des Nationalfonds unter anderem um die Unterstützung von Gedenkdienstleistenden, internationale Austauschprogramme für Jugendliche, die Umsetzung einer NS-Gedenkstätte für Roma und Sinti, die Bereitstellung einer Plattform sowie eine jährlich stattfindende Konferenz erweitert, um den Informationsaustausch und die Zusammenarbeit mit nationalen und internationalen Organisationen und Einrichtungen im Bereich der NS-Aufarbeitung und diesbezügliche Präventionsarbeit zu vertiefen.

Weitere Aufgaben des Nationalfonds

Abgeschlossene Projekte

Gemeinsame Organe und Leitung des Nationalfonds

Nationalfonds und Friedhofsfonds sind durch die gemeinsamen Organe Kuratorium und Vorstand verbunden:

Oberstes Organ der Fonds ist das Kuratorium. Vorsitzender des Kuratoriums ist der Präsident des Nationalrates. Er kann sich vom Zweiten beziehungsweise Dritten Präsidenten des Nationalrates für bestimmte Angelegenheiten oder gesamthaft vertreten lassen. Seit Oktober 2024 ist Walter Rosenkranz Präsident des Nationalrates, er hat Peter Haubner, Zweiter Präsident des Nationalrates, gebeten, den Vorsitz im Kuratorium zu übernehmen. Dem Kuratorium gehören unter anderem die Präsidenten des Nationalrats sowie Bundeskanzler, Vizekanzler und Bundesministerinnen sowie Bundesminister an.

Zwölf Mitglieder werden vom Hauptausschuss des Nationalrats gewählt. Diese sind dem Kreis der Mitglieder des Nationalrats und des Bundesrats einschließlich früherer Mitglieder des Nationalrats und des Bundesrats, sonstiger anerkannter Persönlichkeiten des öffentlichen, kulturellen und wissenschaftlichen Lebens Österreichs sowie Vertretern der betroffenen Opfer zu entnehmen.

Der vom Präsidenten oder von der Präsidentin des Nationalrats nach Beratung in der Präsidialkonferenz des Nationalrats bestellte Vorstand dient der Unterstützung des bzw. der Vorsitzenden des Kuratoriums bei der Verwaltung des Nationalfonds, bereitet unter anderem die Beschlüsse und Entscheidungen des Kuratoriums vor und hat die Aufgabe, die Verbindung zwischen Österreich und den im Ausland lebenden Opfern des Nationalsozialismus zu pflegen. Der Vorstand des Nationalfonds und Friedhofsfonds besteht aus Mag.a Judith Pfeffer, MA und Prof.in Mag.a Hannah Lessing.

Rechtsgrundlagen

Den Wortlaut des Bundesgesetzes über den Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus, den des Bundesgesetzes über die Einrichtung eines Allgemeinen Entschädigungsfonds für Opfer des Nationalsozialismus und über Restitutionsmaßnahmen sowie den des Bundesgesetzes über die Einrichtung des Fonds zur Instandsetzung der jüdischen Friedhöfe in Österreich finden Sie im Rechtsinformationssystem des Bundes:

Nationalfondsgesetz in der geltenden Fassung
Entschädigungsfondsgesetz in der geltenden Fassung
Friedhofsfondsgesetz in der geltenden Fassung

Fonds zur Instandsetzung der jüdischen Friedhöfe in Österreich

2010 wurde beim Nationalrat der Fonds zur Instandsetzung der jüdischen Friedhöfe in Österreich eingerichtet, um die im Washingtoner Abkommen 2001 vereinbarte völkerrechtliche Verpflichtung Österreichs zur Restaurierung und Erhaltung bekannter und unbekannter jüdischer Friedhöfe in Österreich umzusetzen.

Zur Förderung von Instandsetzungsprojekten wendet der Bund dem Fonds jährlich 1,2 Million € wertgesichert zu. Zusätzlich müssen die Eigentümer:innen der Friedhöfe, die die Förderanträge beim Fonds einbringen, einen Finanzierungsanteil von einem Viertel der Zuwendungen des Bundes aufbringen. Der Fonds ist zudem offen für Drittmittel. Nach der abgeschlossenen Instandsetzung muss die jeweilige Erhaltung und Pflege für 20 Jahre von der jeweiligen Standortgemeinde übernommen werden.

Österreichische Ausstellung in der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau

Am 4. Oktober 2021 wurde die neugestaltete Länderausstellung mit dem Titel "Entfernung. Österreich und Auschwitz" im Block 17 des Staatlichen Museums Auschwitz-Birkenau eröffnet. Sie befindet sich im ehemaligen Konzentrations- und Vernichtungslager und nunmehrigen Staatlichen Museum Auschwitz-Birkenau in Polen.

Die österreichische Ausstellung gibt es seit 1978. Damals präsentierte sich Österreich noch als erstes Opfer des Nationalsozialismus. Die Ausstellung wurde nun im Auftrag des österreichischen Parlaments vom Nationalfonds historisch überarbeitet.

Die Ausstellung erzählt vom Schicksal der österreichischen Opfer in Auschwitz und dem Widerstand von österreichischen Häftlingen im Konzentrationslager. Sie zeigt auch, wie Österreicherinnen und Österreicher als Täterinnen sowie Täter und Helferinnen sowie Helfer an den dort begangenen Verbrechen beteiligt waren.

Website der österreichischen Länderausstellung in Auschwitz

Simon-Wiesenthal-Preis

Der mit insgesamt 30.000 € dotierte Simon-Wiesenthal-Preis wird jährlich vom Nationalfonds der Republik Österreich für die Opfer des Nationalsozialismus vergeben. Ausgezeichnet wird besonderes zivilgesellschaftliches Engagement gegen Antisemitismus und für die Aufklärung über den Holocaust. Der Simon-Wiesenthal-Preis kann an bis zu drei Personen oder Personengruppen vergeben werden, welche durch eine Jury vorgeschlagen und durch das Kuratorium des Nationalfonds ausgewählt werden. Zeitzeuginnen und Zeitzeugen des nationalsozialistischen Terrorregimes können in besonderer Form gewürdigt werden. Bei der Preisverleihung, die im Parlament stattfindet, werden jedes Jahr auch Zeitzeugen und Zeitzeuginnen für ihr Engagement geehrt.

Simon Wiesenthal (1908–2005) hat wie kaum ein anderer die Aufarbeitung der Verbrechen des Nationalsozialismus weltweit geprägt. Vom Tag seiner Befreiung aus dem Konzentrationslager Mauthausen an, machte er es sich zur Lebensaufgabe, an die Opfer des Naziterrors zu erinnern, NS-Gewaltverbrechen aufzuklären und die Verantwortlichen strafrechtlich verfolgen zu lassen. Der Preis ehrt das Andenken an den Architekten, Publizisten und Schriftsteller Simon Wiesenthal.