Parlamentskorrespondenz Nr. 71 vom 05.02.2009

Länderkammer debattiert über die soziale Lage

Bundesrat fordert u.a. Teileinspruchsrecht bei Sammelgesetzen

Wien (PK) – Einstimmig ergänzte der Bundesrat die Tagesordnung um einen von den BundesrätInnen Reisenberger, Weiss, Neuwirth, Konecny, Bieringer, Schennach, Mühlwerth und Mitterer eingebrachten Antrag auf Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes. Dem Antrag zufolge sollen Gesetzesvorschläge und Volksbegehren gleichzeitig an die Abgeordneten zum Nationalrat und an die Mitglieder des Bundesrats verteilt werden. Der zuständige Ausschuss des Bundesrats soll bis zum Abschluss der Beratungen im zuständigen Ausschuss des Nationalrats eine schriftliche Stellungnahme beschließen können. Außerdem verlangt der Bundesrat, dass allfällige Einsprüche sich auch auf einzelne Gesetze in einem zusammengefassten Gesetz beziehen können. Die Debatte über den Antrag erfolgt – ohne Vorberatung im Ausschuss – als 4. Punkt der Tagesordnung.

Nach dem Beschluss auf Ergänzung der Tagesordnung begann die Debatte über den Sozialbericht 2007/08. Als erste Rednerin ging Bundesrätin MÜHLWERTH (F/W) auf die aktuelle Armutssituation ein – z.B. 90.000 Kinder von Armut betroffen, 150.000 Menschen trotz einer 40-Stunden-Beschäftigung mit einem Einkommen unter 1.000 € - und qualifizierte diese als "Schande für Österreich". Kritisch äußerte sie sich auch zur im Sozialbericht dargestellten Vermögensverteilung und zu anderen Themen. Sie forderte vehement die Anhebung der Lohnersatzquote auf europäisches Niveau und bemängelte, dass dafür offenbar kein Geld vorhanden sei, während die Regierung in den letzten beiden Jahren für externe Beratung 32 Mio. € ausgegeben habe. Dass Zuwanderung Wohlstand sichere, bezeichnete Mühlwerth als "Märchen".

Bundesrat Mag. KLUG (S/St) lobte die "beachtlichen qualitativen Analysen" im Sozialbericht und ging besonders auf die Tatsache ein, dass durch die Sozialpolitik 43 Mrd. € bewegt würden – 16 % des BIP. Die Institutionen der Sozialpolitik seien zwischen Bund und Ländern stark vernetzt, stellte Klug fest, und lud die Opposition zu einem "konstruktiven Dialog" über die Steuerungselemente der Sozialpolitik und zu einem "Wettbewerb der besseren Ideen" ein.

Bundesrat KAMPL (B/K) sah im Zusammenhang mit der Armutssituation eine hohe Verantwortung des Sozialministers und begrüßte es, dass die Sozialpartner in der Regierung wieder stärker vertreten seien. Sorgen müssten die mehr als 300.000 Arbeitslosen bereiten. Die Zusammenarbeit zwischen dem Bund und den Ländern funktioniere gut, doch sollten zum einen die Kontrollen verbessert und zum anderen die Empfehlungen des Rechnungshofs umgesetzt werden, monierte Kampl. Österreich sei eines der reichsten Länder der Welt, die "soziale Schieflage" sei daher nicht hinnehmbar.

Bundesrat KNEIFEL (V/O) meinte, der Bericht sei ein Beweis für das dichte soziale Netz Österreichs. Fast 44 Mrd. Euro würden für die Sicherung der sozialen Sicherungssysteme aufgewendet. Man müsse jedoch die neuen Entwicklungen im Auge behalten, um das Sozialwesen auch in Zukunft auf hohem Niveau halten zu können. Dazu brauche es entsprechender flankierender Maßnahmen, Investitionen in den Bildungsbereich etwa, in die Ausbildung, in das Pflegewesen und dergleichen.

Weiters wies der Redner auf die Leistungen der Bundesländer zur Sicherung des Sozialsystems hin, die er beispielhaft ausführte, um schließlich auf die Sozialversicherungen einzugehen und sich mit der Spitalsfinanzierung auseinanderzusetzen.

Bundesrat DÖNMEZ (G/O) ging eingangs auf die prekäre soziale Lage von Asylwerbern ein, um sich sodann mit dem Sozialbericht zu befassen. Er dankte den Verfassern für ihre Arbeit und würdigte all jene, die freiwillig in der Sozialarbeit dieses Landes tätig seien. Diese Menschen leisteten einen bedeutenden Beitrag zum Erhalt des heimischen Sozialwesens.

Sodann unterstrich der Redner die Bedeutung des Faktors Bildung bei der Armutsvermeidung, weshalb seitens des Staates viel mehr in Bildung und Ausbildung investiert werden müsste. Auch die Frage der Geldverteilung müsse in Österreich gestellt werden, betonte der Mandatar, der abschließend anregte, über Generationenhäuser nachzudenken, in denen alle sozialen Aspekte zentralisiert werden könnten.

Bundesminister HUNDSTORFER nannte den Bericht eine eindrucksvolle Leistungsbilanz, die aufzeige, was auf diesem Gebiet alles getan werde, die aber auch festhalte, was noch zu tun sei. Überdies gab der Minister Auskunft über die Beratungstätigkeiten, die im Zusammenhang mit seinem Ressort vorgenommen wurden. Zum jüngsten Finanzskandal im Bereich des AMS merkte der Minister an, dies sei eine Frage für die Gerichte, sein Ressort habe mit dem Fall nichts zu tun, vielmehr habe es die ganze Sache erst ins Rollen gebracht, habe man doch, sobald man von diesen Vorgängen Kenntnis erhalten hatte, umgehend eine Sachverhaltsdarstellung abgegeben.

Weiters verglich der Minister das Bundesmodell mit dem Kärntner Modell der Familienförderung und meinte, das Bundesmodelle biete für Familien mit weniger als drei Kindern Vorteile für die Betroffenen. Auch thematisierte der Ressortchef den Mindestlohn, ging auf die Lage der freien Dienstnehmer ein und verwies auf die Verbesserungen, die es für Bezieher von kleinen Einkommen jüngst gegeben habe. Damit habe man wichtige Schritte bei der Armutsbekämpfung gesetzt, betonte der Minister.

Bundesrätin VLADYKA (S/N) meinte, die Politik müsse die Rahmenbedingungen schaffen, um die Bedürfnisse der Bevölkerung zu decken, und hier belege der vorliegende Bericht, dass wesentliche Schritte zur Armutsbekämpfung gesetzt wurden, was von großer Bedeutung sei, da zwischen 2000 und 2007 die Armut in Österreich leider angestiegen sei. Eine nennenswerte Gruppe der Bevölkerung komme mit ihren Mitteln nicht mehr aus, hier müsse entsprechend reagiert werden.

Der Sozialstaat sei gefordert, er müsse dafür Sorge tragen, dass es im Sozialbereich zu einer Trendwende komme, so die Rednerin, die sodann auf einzelne Detailbereiche der Materie einging und generell für eine aktive Arbeitsmarktpolitik, für eine bedarfsorientierte Mindestsicherung sowie eine Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf plädierte.

Bundesrat MAYER (V/V) dankte für das vorliegende Nachschlagewerk, das auch eine hervorragende Analyse des Ist-Zustandes liefere. Sozialpolitik müsse rasch und nachhaltig auf ökonomische und soziale Entwicklungen reagieren, meinte der Redner, der sich sodann mit Aspekten des Konsumentenschutzes, der Behindertenförderung und der Mindestsicherung befasste.

Bundesrätin KERSCHBAUM (G/N) befasste sich mit der Behindertenpolitik und rief zu einer stärkeren Förderung von speziellen Angeboten auf, um Menschen mit Behinderung den Zugang zum Arbeitsmarkt zu erleichtern. Hinsichtlich der Quoten nach dem Behinderteneinstellungsgesetz mahnte sie die Bundesministerien, sich ihrer Vorbildwirkung bewusst zu sein. In Summe meinte Kerschbaum, die Grundversorgung der behinderten Menschen sollte eine politische Voraussetzung sein, die man nicht einfach an NGOs abschieben kann.

Bundesrat BOCK (S/T) stellte in Erinnerung an seine zahlreichen Auslandsaufenthalte fest, in Österreich gehe es den Menschen im Vergleich zum Rest der Welt besonders gut. Dies bedeute aber nicht, dass es an unserem Sozialsystem nichts zu verbessern gebe. Im Sinne der Verteilungsgerechtigkeit sollte das System mehr aus dem Vermögenstöpfen als aus den Lohntöpfen gespeist werden, gab Bock zu bedenken. Mit Nachdruck begrüßte er die geplante flächendeckende Grundsicherung als Rechtsanspruch für alle und nicht als Almosen.

Kritischen Äußerungen zum Thema Ausländer hielt er Einträge aus der Heimatchronik seiner Gemeinde entgegen, aus denen hervorgeht, dass im 19. Jahrhundert zahlreiche Tiroler Familien ins Ausland ziehen mussten, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen.

Bundesrätin GREIDERER (V/T) entnahm dem Sozialbericht, dass die relative Entlohnung des Faktors Arbeit sinkt und dass rund 1 Million Menschen in Österreich armutsgefährdet ist. Sie wies in ihrer Wortmeldung weiters auf den Zusammenhang zwischen Ausbildung, Berufschancen und Armutsgefährdung hin und rief dazu auf, Kindern mit Lese- und Rechendefiziten in den Schulen stärkeres Augenmerk zu schenken.

Bundesrat KALTENBACHER (S/St) zeigte sich alarmiert über den drastischen Anstieg der Arbeitslosenrate vor allem in der Steiermark und begrüßte sämtliche Maßnahmen der Regierung, die Antwort auf die Krise geben, wie etwa die Kurzarbeit, die Erhöhung der Mittel für die aktive Arbeitsmarktpolitik, aber auch die geplante Steuerreform oder die Schaffung einer bedarfsorientierten Mindestsicherung.

Bundesrat WOLFINGER (V/O) strich aus der Sicht der Senioren insbesondere die verschärften Regeln für die Werbefahrten sowie die Qualitätssicherung beim Pflegegeld als positiv heraus, kritisierte allerdings die lange Verfahrensdauer bei der Entscheidung über Anträge auf Pflegegeld.

Bundesrat Dr. GUMPLMAIER (S/O) stellte fest, in der Sozialpolitik seien neue Zeiten angebrochen, und zeigte sich erfreut, dass nunmehr Arbeit und Soziales wieder in ein Ministerium zusammengeführt wurden. Auch gelte es nicht mehr als zeitgeistig, die Kosten des Sozialstaates als Objekt von Sparprogrammen zu betrachten und darin einen Meilenstein für eine dynamischen Wirtschaftsentwicklung zu sehen. Vielmehr sei es heute unbestritten, dass der Sozialstaat allein schon durch sein Bestehen einen Teil der Lösung der Wirtschaftskrise darstellt, betonte Gumplmaier.

Bundesrat SCHENNACH (G/W) schloss sich den Äußerungen seines Vorredners an und untermauerte die Bedeutung der Vorsorge durch eine Mindestsicherung ebenso wie den Stellenwert von Maßnahmen zur Armutsbekämpfung.

In weiterer Folge stellte Bundesrat Schennach Fragen zur Verteilungsgerechtigkeit und sozialen Treffsicherheit im Steuersystem, im Hinblick auf die Steuerprivilegien von Stiftungen, aber auch angesichts der Tatsache, dass nicht einmal der Mittelstand von der letzten Steuerreform profitiert habe. Wenn man wisse, dass zwei Kinder insbesondere für alleinerziehende Mütter ein Armutsrisiko darstellten, habe bei Alimentationsvorschüssen nicht die Frage im Vordergrund zu stehe, ob der Staat sein Geld zurückbekomme, meinte Schennach.

Abschließend würdigte Schennach auch die Leistung der Non-Profit-Organisationen für die soziale Sicherheit und die Beschäftigung und lobte die freiwillige Sozialarbeit der 40- bis 60-jährigen Frauen in der Pflege. Beim Kampf gegen die Arbeitslosigkeit plädierte Schennach für eine Aufwertung der Lehrberufe und riet dazu, ein "Erasmusjahr" für Lehrlinge im Ausland einzuführen, zur Verbesserung der Sprachkompetenz und des Ansehens der Lehrlinge und der Lehrberufe.       

Bundesminister HUNDSTORFER versprach den Bundesräten in einer weiteren Wortmeldung, Qualitätsfragen in der Pflege auch in Zukunft Augenmerk zu schenken, und stellte zum Behindertenbericht fest, dieser werde demnächst im Sozialausschuss des Nationalrates und in wenigen Wochen auch im Bundesrat behandelt werden.

Angesichts der weiter steigenden Arbeitslosigkeit sprach der Sozialminister die Hoffnung auf die Wirkung der diesbezüglichen EU-Programme aus. Die besondere Problematik Österreichs machte der Minister am Beispiel großer Autozulieferer deutlich, die zu 100 % für den Export produzierten. Aktuelle Probleme der Kartonindustrie resultierten aus dem Umstand, dass bei der Herstellung eines einzigen Automobils rund 400 kg Karton - zur Verpackung der gelieferten Teile - verbraucht werden. Der Staat unternehme, was er könne, um der Wirtschaft und den Arbeitnehmern zu helfen, er habe aber keinen Einfluss auf die internationale Nachfrage nach Produkten. Abschließend versprach der Sozialminister, alles zu tun, damit alle Jugendlichen, die im Herbst dieses Jahres eine Ausbildung beginnen wollen, einen Ausbildungsplatz bekommen.

Bei der Abstimmung wurde der Bericht mit Mehrheit zur Kenntnis genommen.

Änderung des Privatfernsehgesetzes und des Privatradiogesetzes

Bundesrat MITTERER (B/K) wandte sich gegen die Gesetzesänderung, mit der der Nationalrat in vorauseilendem Gehorsam einer EU-Vorgabe folge, obwohl noch Zeit wäre, bessere Regelungen auszuarbeiten. Die erweiterte Finanzierungsmöglichkeit für private Rundfunksender garantiere keine besseren Programme, klagte Mitterer. Die Entschließung des Nationalrates zur Stärkung der Kinderrechte sei positiv zu bewerten, sie bleibe aber zahnlos, weil sie nur auf einen freiwilligen Verzicht auf Werbung während Kindersendungen hinauslaufe.

Bundesrat SODL (S/B) hielt eine Liberalisierung im privaten Fernseh- und Radiobereich für notwendig, um Medienvielfalt in Österreich aufrecht zu erhalten; andernfalls drohe die Abwanderung privater Sender in das Ausland. Die neuen Regelungen bringen im Wesentlichen keine Veränderungen gegenüber der gegenwärtigen Praxis, erläuterte der Redner und begrüßte nachdrücklich den freiwilligen Verzicht auf Unterbrecherwerbung in Kindersendungen. Für problematisch hielt Sodl aber das Teleshopping. Wer bequem vom Sofa aus einkaufe, werde oft mit Zusatzkosten durch Mehrwerttelefonnummern, Transportkosten und Preisdifferenzen konfrontiert.

Bundesrat Dr. SCHNIDER (V/St) räumte ein, dass Geld oft die Musik und Werbung die Medien machen, und stimmte den vorliegenden Änderungen zu. Der Bundesrat warnte aber davor, sich in der Mediengesetzgebung nur auf die Verstärkung von Geldflüssen zu beschränken. Kinderfilme dürften künftig immerhin alle 30 Minuten statt bisher alle 45 Minuten unterbrochen werden, klagte der Bundesrat und warnte davor, dass sich der ORF dieser Regelung nun rasch anschließe. Schnider verlangte die Behandlung medienethischer Fragen und ausreichende Überlegungen im ORF. Denn es gehe nicht an, dem ORF alle Möglichkeiten der Privaten zu öffnen und ihm gleichzeitig die Möglichkeit zu geben, Gebühren einzuheben.

Bundesrat SCHENNACH (G/W) bekannte sich dazu, Rundfunk und Fernsehen durch EU-Richtlinien zu regeln, weil diese Branche stark international organisiert sei. Wenn man Medienpluralismus wolle, müsse man sich zu einem neuen System durchringen und ein Fördersystem entwickeln, das auch die Privatsender und die freien Medien umfasse. Beispiele dafür beständen in der Schweiz und in manchen deutschen Bundesländern. Falsch wäre es, die Medien gänzlich dem Markt zu überlassen, zeigte sich Schennach überzeugt. Bei der vorliegenden Gesetzesänderung erleichtere es sein "grünes Herz", dass die Erweiterung der Werbemöglichkeiten, die sich auf Kindersendungen kaum auswirken können, weil solche in der Regel nur 24 bis 26 Minuten dauern, mit einem Code of Contact verknüpft sei, die Junk-Food Werbung ausschließe und den Zugang gehörloser Kinder zu den Medien verbessere. Angesichts der Probleme, die beim Teleshopping für Konsumenten entstehen können, sah Bundesrat Schennach den Konsumentenschutzminister, aber auch den Medien-Staatssekretär gefordert.

Staatssekretär Dr. OSTERMAYER stimmte seinen Vorrednern in vielen Punkten zu und unterstrich die Notwendigkeit, das duale Mediensystem in einem kleinen Land wie Österreich abzusichern. Nach der Mediendienste-Richtlinie für die Privatsender soll die Umsetzung für den ORF noch in diesem Jahr erfolgen. Offene Fragen seien die ORF-Onlinedienste, der öffentliche Auftrag und die Frage, ob künftig ein eigener Senat als Aufsichtsorgan für den ORF eingerichtet werden soll. Die Frage der Unterstützung privater Sender werde Teil der bevorstehenden Budgetverhandlungen sein, sagte Staatssekretär Ostermayer.

Bundesrat SCHIMBÖCK (S/O) sah das Teleshopping als eine Baustelle des Konsumentenschutzes an und hielt es für notwendig, die Regelungen nachzujustieren. Es gehe darum, die Konsumenten zu schützen, aber auch den stationären Handel und die Nahversorgung abzusichern. Besonderes Augenmerk möchte der Bundesrat in der Medienpolitik auf den öffentlichen Bildungs- und Informationsauftrag des ORF legen, die Menschen haben ein Recht auf Bildungsinhalte und Informationen im öffentlichen Rundfunk, betonte Schimböck.

Bundesrat ERTL (F/N) machte auf Gewinnspiele im Nachmittagsfernsehen aufmerksam, die für viele Eltern finanzielle Probleme nach sich ziehen, weil viele Kinder nicht wissen, dass jeder Anruf 70 Cent koste. Der Ausweitung der Werbung als Finanzierungsquelle für Privatsender stimmte der Bundesrat zu, weil dies die Voraussetzung für die Qualität der Sendungen sei. Zu bedauern sei aber, dass Österreich darauf verzichtet habe, einen verstärkten Schutz für Kinder unter 12 Jahren vorzusehen, wie er in anderen europäischen Ländern bestehe.  

Es wurde mehrheitlich kein Einspruch erhoben.

Bundesrat KONECNY (S/W) meinte, es gehe bei dem Gesetzesbeschluss betreffend Änderung des Mediengesetzes um nicht mehr und nicht weniger als um "die Sicherstellung des elektronischen Gedächtnisses", zumal es dafür bisher keine Vorsorge gegeben habe. Die digitalen Medien hätten eminente Bedeutung im täglichen Leben gewonnen. Künftige Generationen könnten damit auf Informationen, die heute zur Verfügung stünden, zugreifen. Konecny lobte die unaufwändige, unbürokratische Methode der Informationssammlung als gutes Beispiel für öffentliche Verwaltung. Künftige Generationen würden dafür dankbar sein.

Bundesrat Dr. KÜHNEL (V/W) sah in der Vorlage ein "Sammellücken-Schließungsgesetz", das für die Forschung von großer Bedeutung sei. Damit würde der hohe Standard, der in Österreich herrsche, erhalten. Kühnel richtete einige Fragen an Staatssekretär Ostermayer, etwa hinsichtlich des Verschwindens von Daten auf elektronischen Datenträgern durch elektronische Impulse.

Für Bundesrat SCHENNACH (G/W) wird mit der Novelle "die Verantwortung vor der Geschichte" ernst genommen. Archivierung und Dokumentation für kommende Generationen seien wichtig, doch müssten auch für die heutige Generation die Archive – etwa des ORF – zugänglich sein. Schennach nannte als Beispiel die BBC.

Staatssekretär Dr. OSTERMAYER bezifferte den zusätzlichen Aufwand für die Nationalbibliothek mit 3,4 Mill. €, verteilt auf fünf Jahre. Die Sicherung elektronisch gespeicherter Daten gegenüber elektronischen Impulsen sei in Diskussion. Auch bezüglich der Öffnung des ORF-Archivs werde er Gespräche führen, sagte der Staatssekretär.

Die Vorlage blieb mit Stimmeneinhelligkeit unbeeinsprucht.

Antrag (174/A-BR/2009) betreffend Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes

Bundesrat KONECNY (S/W) erinnerte an die Antrittsrede von Präsident Reisenberger. Die im Antrag enthaltenen Punkte entsprächen dem Willen aller Mitglieder des Bundesrats; es gehöre zur Neupositionierung der Länderkammer, dass er frühzeitig auf den Gesetzgebungsprozess Einfluss nehmen könne. Zum zweiten Punkt, der Einspruchsmöglichkeit gegen einzelne Gesetze eines Sammelgesetzes, meinte der Redner, damit würde die Reaktionsmöglichkeit erhöht.

"Alle Jahre wieder" sei ihm eingefallen, sagte Bundesrat BIERINGER (V/S), als Präsident Weiss die Materie in der Präsidiale vorgebracht habe. Es sei alles andere als zufriedenstellend, wenn man einen Antrag an die andere Kammer des Parlaments wiederholt stellen müsse. Es wäre auch für den Nationalrat von Vorteil, griffe er die Initiative des Bundesrats betreffend ein Stellungnahmerecht auf, denn so könnte die Erste Kammer die Überlegungen der Zweiten bereits in ihre Debatten einbeziehen. Grundsätzlich kritisch wandte sich Bieringer gegen die Praxis von Sammelgesetzen. Es wäre hoch an der Zeit, dass die Erste Kammer die Initiative der Zweiten annehme.

Bundesrat SCHENNACH (G/W) erinnerte daran, dass der Verfassungsausschuss die beiden Initiativen des Bundesrats vor drei Jahren in Verhandlung genommen habe. Die ÖVP habe sich damals aber skeptisch gezeigt – es würde also auch jetzt an der ÖVP liegen, der Initiative einen Erfolg zu bescheren.

Bundesrat MITTERER (B/K) bezog sich in seiner Wortmeldung auf die einhellige Meinung des Bundesrats zu dem Antrag, plädierte darüber hinaus aber für einen jährlichen Vorsitzwechsel im Bundesrat. Es gebe allerdings gewisse verfassungsrechtliche Bedenken bezüglich der angestrebten Möglichkeit eines Teileinspruchs, die Verfassungsrechtler würden sich damit zu beschäftigen haben. Der Bundesrat werde in der Öffentlichkeit eher wahrgenommen, wenn er mehr Möglichkeiten habe.

Bundesrätin MÜHLWERTH (F/W) beteuerte, innerhalb der FPÖ Meinungen in Richtung Abschaffung des Bundesrats stets entgegen zu treten. Die Mitglieder des Bundesrats sollten – wenigstens mit beratender Stimme – an den Sitzungen der Ausschüsse des Nationalrats teilnehmen können, betonte Mühlwerth.

Der Antrag wurde einstimmig angenommen. (Schluss)


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